Das Biopic «Oasis – Supersonic» handelt vom Aufstieg der grössten Britpop-Band aller Zeiten, aber vor allem vom komplizierten Verhältnis zweier Brüder.
Das Album «What’s the Story, Morning Glory… » von Oasis hatte mich in die Welt des Britpop eingeführt. Es war die erste richtige CD, die ich mir anhörte. Vorbei waren die Bravo-Hits-Jahre, ich konnte mich seriöserer Musik zuwenden — ich war ja schliesslich schon 13 Jahre alt. Die Musik faszinierte mich, schnell und laut war sie, und ich konnte einfach nicht stillsitzen dazu. Zudem war ich von England gerade sehr begeistert und freute mich über alles Neue von der grossen Insel. Kaum eine Band habe ich so oft gehört wie Oasis; dass ichs nie an ein Konzert geschafft habe, ist ein blöder Zufall. Umso mehr freute ich mich auf den Oasis-Film «Supersonic» und versprach mir Antworten auf ungeklärte Fragen. Zum Beispiel, was da wirklich passiert ist im August 2009, als Noel die Band anscheinend endgültig verliess. Und natürlich auch, ob es eines Tages ein Comeback geben wird. Ich hoffte, der Film würde mir Hinweise dazu liefern.
Antworten gab es aber eher wenige. Der Film lebt von Archiv-Aufnahmen: von Auftritten, Bandproben und alten TV-Interviews. Spannend sind aber die Off-Kommentare sämtlicher Bandmitglieder sowie von Freunden der Band und Peggy Gallagher, der Mutter der beiden Frontmänner Noel und Liam. Sie erzählen, wie sie alle wussten, dass es eines Tages klappen würde mit dem Durchbruch. Oder vom einzigartigen Gefühl am Anfang des Konzerts, wenn sie vor über 100000 gespannten Fans auf die Bühne traten.
Der schnelle Schnitt lässt einen in die Atmosphäre der 90er eintauchen, atemberaubend die Live Auftritte, denen man beiwohnt. Kern des Films ist die spezielle Beziehung der Gallagher-Brüder: Liam, der für Chaos und Trouble steht, daneben der ältere, ruhigere Noel, für den nur die Musik zählt. Was als geschwisterliches Gezanke anfängt, verhärtet sich mit der Zeit, doch wird ebenfalls klar, dass die beiden nicht ohne den jeweils anderen können. Musikalisch sind sie aufeinander angewiesen, nur gemeinsam kommen sie weiter.
Höhepunkt des Films ist das Jahr 1996, wo Oasis in Knebworth, England, vor über 250000 Zuschauern spielen.
Was danach mit der Band passiert, bleibt offen und lässt nur die Vermutung im Raum, dass die zwei Fronten der Brüder einmal so verhärtet sein werden, dass es schliesslich zum endgültigen Bruch kommt.
Auch wenn neue Inhalte fehlen, ist der Film sehenswert für alle Fans: Er funktioniert als Zeitmaschine in die 90er, ich vergesse das Hier und Jetzt und erlebe 90 Minuten meiner Jungend nochmals. Total angesteckt von den Wahnsinns-Songs lasse ich mich zu einer Recherche hinreissen und finde vereinzelt aktuellere Interviews mit Noel oder Liam, in denen das Thema Versöhnung auftaucht. Ob es eine blosse Spekulation der Journalisten ist oder die beiden Brüder sich tatsächlich eine Reunion vorstellen können, bleibt offen. Vielleicht verschafft aber der baldige Start von «Supersonic» den nötigen Kick, und 2017 wird das Oasis-Comeback-Jahr.
— Ab 27. Oktober: «Oasis – Supersonic» von Mat Whitecross. Mit Liam und Noel Gallagher, Paul Arthus
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Noel Gallagher und Mat Whitecross bei einer Besprechung des Films
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Liam Gallagher bei der Aufnahme seiner Statements zum Film
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Noel Gallagher vertont im Studio seine Filmkommentare