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Knabenschiessen und Schützenverein: Echte Waffen sind kein Spielzeug

Zeitgeist

Knabenschiessen und Schützenverein: Echte Waffen sind kein Spielzeug

Sportschützenverein, Knabenschiessen, traditionelles Feiern von Waffen – unsere Autorin Sarah Lau findet Schiessen zum Spass bedenklich.

Als Mutter eines Primarschülers flatterte mir pünktlich vor den Ferien ein Flyer des Dachverbands Winterthurer Sport ins Haus. Von Cheerleading über Hornussen bis hin zu Zumba lädt eine reichhaltige Auswahl an Sportkursen Kids dazu ein, in Bewegung zu kommen. Ab acht Jahren kann auch ein dreitägiger Kurs im Luftpistolenschiessen belegt werden.

Das 2023 angepriesene Angebot, sich zudem im Kleinkaliber-Gewehrschiessen zu versuchen, fehlte dieses Jahr. Zum Glück, wie ich finde – das für mich erst dann vollkommen sein wird, wenn alles, was mit Waffen in Kinderhänden zu tun hat, komplett von der Liste gestrichen wird.

Nun habe ich mein Erziehungsideal vom plastik- wie pistolenfreien Spielzeugsack meines Sohns längst zähneknirschend verabschiedet. Und gelernt, dass aus einem «Pew Pew» schreienden «Nerf»-Narr (danke, Götti …) nicht automatisch ein Serienkiller erwächst.

Bedachter Umgang mit Waffen

Echte Schiesseisen würde ich dem Kind deswegen noch lange nicht freiwillig in die Hand geben wollen. Angesichts einer Welt, in der Kindersoldaten existieren, habe ich da nun mal moralische Bedenken.

Als Deutsche liebe ich die Schweiz und ihre Einwohner:innen für so vieles: die Höflichkeit, das Wertschätzen von Natur und Tradition, das liberale Zugeständnis, sich auszuleben, solange man niemand anderen beeinträchtigt. Und ich bin mir bewusst, dass sich meine Wahlheimat auch in puncto Waffenkultur durch einen bedachten Umgang auszeichnet: Obwohl die Schweiz zu den am stärksten bewaffneten Ländern der Welt gehört, sind Schiessereien selten und die kantonal streng geregelten Waffengesetze sorgen für Sicherheit.

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«Ein traditionell bedingtes Feiern von Waffen ist mir fremd»

Auch bestreite ich nicht, dass Schiessen in gewissen Formen eine Sportart ist – eine der ältesten olympischen Disziplinen gar – und natürlich hat auch deren Ausübung unbestritten ihre positiven Seiten: Das Fokussieren auf eine Zielscheibe gilt als konzentrationsfördernd und stärkt die Körperbeherrschung. Das aber schreibt man auch jeder Ballsportart zu und so frage ich mich, warum wir Kinder an den Abzug bitten und sie mit potenziell todbringender Munition ausrüsten.

Allein der Hype um das Zürcher Knabenschiessen im September offenbart ein traditionell bedingtes Feiern von Waffen, das mir fremd ist. Zwischen Zuckerwatteständen und Autoscooterzelten stehen hier 13- bis 17-Jährige am Schiessstand.

Über Shooterspiele diskutieren aber realen Schiesssport zulassen?

Dass seit 1991, dem 700. Geburtstag der Eidgenossenschaft, neben Knaben auch Mädchen teilnehmen dürfen, begrüsse ich zwar gleichstellungstechnisch, als Fortführung einer ursprünglich militärischen Ausbildung aber halte ich das Ganze für überdenkenswert.

Und überhaupt: Wir diskutieren wie wild, ob, ab wann und wie lange Kids an Shooterspiele wie «Fortnite» gelassen werden dürfen und ob die ansteigenden Amokläufe an Schulen – nicht nur im fernen Amerika – mit der Popularität solcher Videospiele zusammenhängen, haben aber keine Hemmungen, den realen Schiesssport als Kinderspiel zuzulassen. Seit 2016 übrigens neu auch mit Sturmgewehren und echter Munition – das Zulassungsalter für entsprechende Kurse wurde von 17 auf 15 Jahre gesenkt.

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W.Bode

Als ehemaliger Jugendwart eines Schützenvereines kann ich dazu nur sagen das wir den Kindern und Jugendlichen den veranwortungsvollen Umgang mit Waffen beibringen. Während des schiessen herrscht eine strenge Disziplin. Jede/r der/die eine Waffe in der Hand hält weiß um die Gefahr die von dem Sportgerät ausgeht. Desweiteren ist das sportliche Schiessen nicht mit irgendwelchen Ballerspielen vergleichbar, unsere Kinder und jugendlichen lernen das man nie die Waffe in Richtung eine Menschen oder anderen Lebewesen halten darf, in Ballerspeilen wird auf “Feinde (Menschen oder ander Lebewesen) geschossen.
Ich denke das Schützen sehr viel mehr Respekt vor Waffen haben als Nichtschützen! Wir kennen die Gefahren und setzen Waffen nur zu sportlichen Zwecken ein.
Zum Thema Amokläufer: Wenn Sie sich eine Statistik über Amokläufer ansehen werden Sie feststellen das es so gut wie keine Amokläufer aus Schützenvereinen gibt.

J. Wagner

Wie das Schiessen für Kinder in der Schweiz gehandhabt wird weiss ich nicht aber in Deutschland dürfen Kinder nicht mit Feuerwaffen Trainieren!!!. Shooterspiele haben nichts mit dem Schiesssport zu tun. Ich empfehle jedem der seine Konzentration verbessern möchte das Bogen oder Armbrustschiessen. Ja Schiessen ist eine Sportart und wer es einmal praktiziert hat weiss wovon ich rede. Also einfach mal ausprobieren.