Zeit zum Aufwachen!
- Text: Sven Broder
annabelle-Reportagenleiter Sven Broder hat bereits drei Kinder. Zum Thema Vaterschaftsurlaub hat er sich daher bestimmt nicht zum ersten Mal seine Gedanken gemacht.
Das Thema Vaterschaftsurlaub hat den Sexappeal einer E-Zigarette. Ist ja auch nervtötend, dieses Gequengel. Seit Jahren heulen ihm die Schäfchen in den Schoss: «Alli händ, d Schwede, die Dütsche, ja, sogar d Grieche, nur mir dörfed eifach nöd!» – doch Väterchen Staat bleibt hart. Was interessieren ihn die anderen? Mia san mia (oder waren das die Bayern?). Und sowieso: Schaut hinüber zu den anderen, da sieht man doch, wohin das führt: Schulden. Arbeitslosigkeit. Hausmänner. Alice Schwarzer.
Und so laufen sie alle auf, egal wie vermeintlich heilig die Nationalräte und ihre Motionen daherkommen, ob Hodgers, Teuscher oder Barthassat; seit Roger Nordmann 2006 den ersten Vorstoss wagte und die Einführung von «einigen Wochen Vaterschaftsurlaub» forderte, sind alle Anläufe versandet. Und die Sozialkommissionen von National- und Ständerat sind gerade dabei, Vorstoss Nummer 27 in den Sand zu setzen – wenn ich richtig mitgezählt habe. Sie empfehlen, die parlamentarische Initiative Candinas für einen zehntägigen Vaterschaftsurlaub abzuschreiben. 200 Millionen Franken würde der Spass kosten, finanziert via Erwerbsersatzordnung (EO). Um 0.06 Prozentpunkte müsste der EO-Beitragssatz erhöht werden. Bei einem Lohn von 6000 Franken wären das pro Monat 3.60 Franken, die sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen. Gähn! Und nun stehen bereits die nächsten Zwängeli Nuggi bei Fuss: Eine Allianz unter Führung von Travail Suisse beginnt demnächst Unterschriften für eine Volksinitiative zu sammeln, die sogar das Doppelte fordert: 400 Millionen Franken für zwanzig Tage Vaterschaftsurlaub, Tage, die im ersten Jahr auch einzeln bezogen werden könnten. Ich frage Sie: Was sollen wir Männer damit?
Lassen wir uns nicht bereits nötigen, bei der Geburt dabei zu sein? Auch kein Schleck! Und dafür reicht der eine gesetzlich zugestandene freie Tag doch vollends. Danach gehts zurück ins Büro, gibt schliesslich Dringenderes, als auf Verdauungsgörpsli zu warten. Zumal Neugeborene nicht mal erkennen, ob Papi ins Bettchen grinst oder Hassen, der Pfleger. Und danach, was wollen wir zuhause? Stillen können wir nicht. Und Quark für die entzündeten Nippel können wir zur Not auch auf dem Heimweg besorgen. Überhaupt: Hat uns Frau nicht gelehrt, dass uns Männer die Brüste nach der Geburt erst mal nichts mehr angehen? Eben. Nein, der Mann macht besser einen Bogen um die Querelen daheim. Depression, Schlafstörungen, Panikattacken, Burnout, Gemütsschwankungen – 3, 2, 1, hässig! Mann sieht ja, wohin das führt, wenn Frau zu viel Zeit unter Babygeschrei steht. Klar, wir sind das stärkere Geschlecht. Doch wir mögen Wind und Sturm trotzen, aber föhnts aus der Windel, ist Schicht im Schacht. Ausserdem wärs ja doof, ausgerechnet den Ernährer der Familie auch noch der Doppelbelastung von Job und Familie auszusetzen. Denn wirft es Mami auf den Rücken, na, wer hilft ihr dann wieder auf die Beine? Genau: die Therapeuten. Und wer bezahlt die? Papi, ist ja klar! Ausserdem: Bubi bleibt Bubi – auch zwanzig Tage väterliche Strenge machen aus einem Warmduscher keinen Kranzschwinger. Das schafft nur das Militär. Gähnen Sie beim Thema Vaterschaftsurlaub also ruhig weiter. Ich stimme dann mal Ja.