Unternehmerin Isabelle Siegrist verrät, wie man richtig entlässt und wieso man keine Mitarbeitenden einstellen sollte, die ähnlich ticken.
«Die erste Person, die ich als Teamleiterin einstellte, war vom Typ her sehr ähnlich wie ich. Es war das Schlechteste, was ich tun konnte. Ich erzähle das, weil – wenn wir über faires Entlassen sprechen – wir erst mal klären müssen, worauf man beim Einstellen achten muss. Damit es eben möglichst nicht zu einer Kündigung kommt.
Als Geschäftsführerin von Sandborn, einem Unternehmen, das Start-ups im Aufbau begleitet und in diese investiert, begegne ich verschiedenen Gründer:innen. Bei dieser Arbeit wird mir immer wieder klar, dass das Team in einem Start-up das Wichtigste ist; wichtiger als die Idee selbst, denn es sind die Menschen, die aus Ideen Wirklichkeit werden lassen. Deshalb bin ich überzeugt, dass es sich lohnt, sich viel Zeit für die Akquise zu nehmen.
Beim Einstellungsprozess tendieren wir intuitiv dazu, Menschen zu bevorzugen, die uns ähnlich sind. Deshalb erhalten reine Frauenteams, das ist ja hinreichend belegt, bei den männlich geprägten Investitionsrunden fast immer weniger Geld als reine Männergruppen. Denselben Effekt stelle ich beim Anstellungsprozess fest: Man wählt – wie ich damals – Menschen, die einem ähnlich sind.
«Im ganzen Prozess ist wertschätzende Kommunikation zentral.»
Dabei sind oft andere Qualitäten vonnöten als jene, die man schon selbst mitbringt. Am Anfang sollte man also ein genaues Stellenprofil definieren. Und sich ebenso überlegen: Welche Fähigkeiten sind neben den fachlichen nötig? Bei Start-ups gibt es insbesondere zwei Gründe, die dazu führen, dass Angestellte wieder entlassen werden. Weil die Firma nicht abhebt, also die Idee am Ende nicht funktioniert. Oder weil man eine Person angestellt hat, die nicht zum Profil passt.
In beiden Fällen gilt: schon früh zusammensitzen und das Problem benennen. Und vielleicht spricht man da bereits an: Wie sähe für dich ein Plan B aus? Grosse Unternehmen können nach einer Kündigung Abfindungen zahlen, haben Sozialpläne oder verlängern die Kündigungsfrist, damit die Leute mehr Zeit haben, einen neuen Job zu finden. Start-ups oder kleinere Firmen können sich das nicht leisten.
Was du aber tun kannst: die gekündigten Mitarbeitenden auffangen und sie bei der nachfolgenden Stellensuche begleiten. Im ganzen Prozess ist wertschätzende Kommunikation zentral. Ich sage nie so was wie: ‹Du konntest es nicht, es ist deine Schuld.› Sondern: ‹Ich sehe deine Stärken hier und hier. Wir haben Fehler gemacht, und zwar diese …› Die Aufgabe als Chef:in ist es, die Menschen trotz Kündigung zu bestärken und sie zu stützen – und dabei insbesondere auch aus den eigenen Fehlern zu lernen.»
Isabelle Siegrist (32) ist Gründerinder Firma Sandborn und Autorin des Buches: Leg los! So wirst du zur Macherin, Beobachter-Edition, 2022, 224 Seiten, ca. 49 Fr.