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«Wir machen wirklich nichts Revolutionäres»

Leben

«Wir machen wirklich nichts Revolutionäres»

  • Text: Lara Marty; Fotos: Keystone

Sollen Schweizer Väter nach einer Geburt Anspruch auf Urlaub haben? Darüber führt der Nationalrat seit heute Morgen eine ausgedehnte, emotionale Debatte. Die wichtigsten Quotes des Tages finden Sie in unserer Bildergalerie. 

Wieviel Vaterschaftsurlaub darf es sein? Vier Wochen fordert die Initiative «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub», zwei Wochen lautete der Gegenvorschlag, der zunächst von der kleinen Kammer und heute nun auch vom Nationalrat angenommen wurde. Diese zwei Wochen Betreuungszeit sind werdenden Vätern nun gesichert. Definitiv umgesetzt wird die Lösung, sollte das Volk die Initiative für vier Wochen ablehnen oder wenn die Initianten ihr Begehren zurückziehen. Der vierwöchige Urlaub hatte wie bereits im Ständerat auch im Nationalrat keine Chance. 1 bis 2 freie Tage, darauf dürfen frischgebackene Väter in der Schweiz heute Anspruch erheben.

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1.

Dieses Verlangen hatte Andreas Glarner (SVP/AG) offenbar nicht, als er Vater wurde: «Ich habe nach der Geburt meiner zwei Kinder nicht das Bedürfnis verspürt, vier Wochen lang Tag und Nacht mit ihnen zusammenzusein.» Er habe aber auch eine tüchtige Frau zu Hause gehabt. Dafür bedankte er sich bei seiner Ex.

2.

Isabelle Chevalley (GLP/VD) machte auf den «Schlussliechtli»-Kandidaten Schweiz aufmerksam und hielt fest: «Wir machen heute wirklich nichts Revolutionäres. Wir sind das einzige Land in Europa, das weder einen Vaterschaftsurlaub noch eine Elternzeit kennt. Doch die Männer und Frauen in diesem Land wollen Gleichstellung!»

3.

Irène Kälin (Grüne/AG) forderte eine gemeinsame Elternzeit, denn: «Das Schlusslicht würden wir auch mit den vier Wochen Vaterschaftsurlaub der Initiative und natürlich mit den zwei Wochen des Gegenentwurfes bleiben. Wir sind familienpolitisch ein Entwicklungsland.»

4.

In der grossen Kammer kam heute auch der Vorschlag einer 52-wöchigen Elternzeit wieder aufs Tapet. Dies brachte Hans-Peter Portmann (FDP/ZH) auf Ideen …: «Wenn so etwas durchkäme, würde ich mein Berufsengagement ändern und Samenspender werden. Bis zu meinem AHV-Alter würde ich alle zwei Wochen Vater werden. Das wäre eine tolle Kombination mit meiner Arbeit als Politiker. Wie gesagt, das ist eine unseriöse Antwort auf einen unseriösen Vorschlag.»

5.

Verena Herzog (SVP/TG) lehnte einen gesetzlichen Vaterschaftsurlaub ebenso wie eine Elternzeit ab. Sie glaubte zu wissen: «Diejenigen, die mit Vehemenz für einen Vaterschaftsurlaub kämpfen, geben das Kind danach so schnell wie möglich in eine Fremdbetreuung.»

6.

Cédric Wermuth (SP/AG): «Wurde in der Diskussion in der Kommission die Frage auch aufgenommen, dass wir heute faktisch die Situation haben, dass die Unternehmen und der Staat von den Familien subventioniert werden, weil sie sich völlig selber um die Kosten der Kinderbetreuung kümmern? Niemand anderes muss dafür aufkommen, obwohl wir als Gesellschaft auf Kinder angewiesen sind.»

7.

Und wenn gerade vom Geld die Rede ist … «Die Lohnungleichheit, die Untervertretung der Frauen in Kaderpositionen trotz der guten Ausbildungen, das alles ist eine Folge der Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt, einer Benachteiligung, die passiert, wenn Frauen Mütter werden», sagte Kathrin Bertschy (GL/BE).

8.

Die Idee eines staatlich finanzierten Vaterschaftsurlaubs fand Pieren Nadja (SVP/BE) auf den ersten Blick zwar ganz nett. Doch: Zwei Wochen bezahlter Urlaub bringe zu grosse Herausforderungen mit sich. Ausserdem: «Ein guter Vater ist man nicht dann, wenn man lediglich in der ersten Zeit des Lebens eines Kindes die gemeinsame Zeit geniesst. Nein, ein guter Vater ist man, wenn man ein Leben lang oder mindestens achtzehn Lebensjahre für sein Kind da ist, ihm Zeit schenkt, ihm zuhört, seine Sorgen teilt und ihm den Rücken stärkt.»