Yanwen Shen (59), Rentnerin, liebt Shanghai. Sie tanzt für ihr Leben gern. Und vermisst rein gar nichts von früher.
Wir treffen Yanwen Shen im Haus ihrer Tochter, in einer Siedlung am Rand der Stadt. Sie trägt rosarote Plüschpantoffeln und sieht aus, als käme sie direkt vom Coiffeur. Sie ist seit neun Jahren pensioniert – das Pensionsalter für Frauen in China ist 50 Jahre. Die meiste Zeit verbringt sie im Gemeindezentrum. Dort tanzt sie und singt Karaoke. «Wir alten Chinesen sind sehr aktiv», sagt sie und zeigt uns ein Album mit den Auftritten ihrer Tanzgruppe.
Für Shanghai hat Yanwen Shen nur Lob übrig. «Früher gab es wenig Supermärkte, schlechte Verkehrsverbindungen, keine Entwicklung. Die Stadt war arm.» Heute dagegen sei das Lebensniveau viel höher. Smog, soziale Ungerechtigkeiten, Staus – solche Themen scheinen sie nicht zu beschäftigen. Sie vermisse, sagt Yanwen Shen, rein gar nichts von früher. «Den alten Zeiten nachtrauern – das macht man vielleicht in Europa. Aber sicher nicht in China.»