Werbung
Wie ist es eigentlich, wenn die eigene Firma Isis heisst?

Leben

Wie ist es eigentlich, wenn die eigene Firma Isis heisst?

  • Aufgezeichnet von Stephanie Hess

Adid Karim*, (63), erzählt:

Ich hätte nie gedacht, dass mir der Name meines Reisebüros einmal Probleme bereiten würde. Wieso auch? Seit ich ein kleines Kind war, ist Isis für mich der Name der Göttin der Weisheit, des Lebens. In der griechischen Mythologie wird erzählt, wie sie ihren ermordeten und zerstückelten Mann Osiris aufspürte, wieder zusammenfügte und zum Leben erweckte. Sie ist eine Erlöserin, eine Heilerin.

Darum dachte ich mir erst nicht viel dabei, als erste Berichte über den sogenannten Islamic State of Iraq and al-Sham, also Isis, auftauchten. Doch dann begannen immer mehr Leute zu fragen, ob es etwa Gemeinsamkeiten gebe zwischen den Extremisten und meinem Reisebüro Isis Travel, mit dem ich Trips in den Nahen Osten anbiete. Erst da realisierte ich, dass diese Namensverwandtschaft zu Schwierigkeiten führen könnte.

Seither muss ich jeden Geldtransfer meines Reisebüros rechtfertigen. Wenn ich eine Überweisung machen will, rufen mich die Banken an und fragen, wohin das Geld genau fliesse, was das Wort «Isis» im Namen bedeute. Sie fragen mich quasi, ob ich ein Extremist sei. Das ist unheimlich mühsam. Und es schmerzt, dass nach so vielen Jahren der Zusammenarbeit überhaupt kein Vertrauen mehr da zu sein scheint.

Mir als Muslim machen diese Extremisten auch Angst. Und ich bin überzeugt davon, dass sich ihre Gefolgschaft über die ganze Welt erstreckt. Darum möchte ich hier auch meinen richtigen Namen nicht nennen.

Ich lebe jetzt schon seit 35 Jahren in der Schweiz. Ursprünglich stamme ich aus Ägypten, nach Zürich bin ich für mein Studium gekommen. Erst arbeitete ich hier als Ingenieur. Vor 15 Jahren stieg ich dann über einen Freund, der in Ägypten ein Hotel aufgebaut hatte, in die Reisebranche ein. Seither vermittle ich Nilrundfahrten, Trekkings und Badeferien in Ägypten, Dubai, Oman, Jordanien, Marokko, Tunesien oder der Türkei.

Ich überlegte mir lange, wie ich mein Geschäft nennen sollte. Wichtig war mir, dass der Name eine Brücke schlägt zwischen Ägypten und der Schweiz. Das Wort «Isis» zu verwenden, lag für mich nahe. Die Göttin wurde gerade im alten Ägypten sehr verehrt. Sie stand unter anderem sinnbildlich für die damals fortschrittliche Gleichberechtigung von Mann und Frau. In Ägypten waren Frauen im Eherecht besser gestellt als in den umliegenden Ländern. Sie konnten Grundbesitz und Eigentum erwerben, besitzen und verkaufen. Eigentlich ist es ja blanke Ironie, dass sich genau die Gruppe Isis nennt, die Frauen aus dem öffentlichen Leben verbannen will.

Einige Freunde machen natürlich auch Witze über meine unglückliche Wahl des Firmennamens. Darüber lachen kann ich nicht so richtig. Ich bin überzeugt davon, dass der Name mögliche Neukunden abschreckt. Gott sei Dank haben wir keine teuren Merchandising-Produkte wie T-Shirts oder Hüte mit unserem Firmennamen bedruckt. Die müsste man wegwerfen.

Wie hoch der finanzielle Schaden ist, der diese Namensverwandtschaft mit den Extremisten anrichtet, kann ich nicht genau sagen. Meine Umsätze sind seit längerer Zeit rückläufig und die roten Zahlen haben sich schon in den letzten Bilanzen gehäuft. Vor allem seit dem Arabischen Frühling vor fünf Jahren ist es für mich immer schwieriger geworden – es bucht ja niemand Reisen in krisengeschüttelte Gebiete. Zuvor hatte ich mehrere Angestellte, heute führe ich mein Unternehmen als Einmannfirma von zuhause aus. Die Büroräumlichkeiten habe ich gekündigt.

Lange werde ich so nicht überleben können. Darum überlege ich mir, andere Destinationen in mein Angebot aufzunehmen – solche, die politisch unproblematisch sind. Und ich werde wohl auch den Namen der Firma wechseln. Wie er lauten soll, weiss ich noch nicht. Aber es soll ein Name sein, der jeden Menschen anspricht. Und der bei allen gute Gefühle weckt.

* Name geändert