Wie ist es eigentlich, wenn der Ehemann eine andere schwängert?
- Aufgezeichnet von Simone RauFoto: SXC
Lisa Picard* (35), aus Zürich, erzählt wie es ist, wenn der Ehemann eine andere schwängert.
Unser Sohn Dominic* starb zehn Tage nach der Geburt. Zwei Jahre später wurde ich wieder schwanger, doch ich verlor das Baby. Danach klappte es nicht mehr mit dem Schwangerwerden, egal was wir probierten. Das war schlimm. Wir stellten uns das Leben mit einem Kind so schön vor. Und wir wussten doch, dass es geht. Eigentlich. Irgendwie. Vielleicht. Nochmals.
Dann kam der Freitag im August. Andreas* sass am Küchentisch, als ich nachhause kam. Er weinte und sagte: Ich habe dich betrogen. Sie ist schwanger. Ich wollte wissen, wer die andere ist. Melanie. Ich kannte sie, sie mich auch, ebenso unsere ganze Geschichte. Andreas und sie waren gut befreundet. Er hatte ihr von unserer Kinderlosigkeit erzählt, so wie ich meinen besten Freundinnen. Mit irgendwem muss man doch darüber reden. Dass sich aus dieser Freundschaft mehr ergeben würde, Melanie sich mit einem verheirateten Mann einlässt, sich in ihn verliebt und um ihn wirbt, Andreas darauf einsteigt, hätte ich nie gedacht. Ich vertraute ihm. Wir hatten schon so viel durchgestanden in unserer Ehe. Liebten uns. Waren uns nahe. Gehörten zusammen. Egal ob mit oder ohne Kinder. Dachte ich, damals.
Kein Leben ohne Kinder
Er hingegen konnte sich ein Leben ohne Kinder nicht vorstellen. Aber das eröffnete er mir erst ein paar Wochen nach jenem Freitag. Da hatte er sich schon entschieden, mich für Melanie und das Kind zu verlassen.
An diesem Freitagabend im August aber und auch in den Tagen danach beteuerte er noch etwas völlig anderes: dass er mich liebe, nicht sie, mit mir zusammen sein wolle, nicht mit ihr. Wenn ich denn auch wolle. Ich wollte, unbedingt – trotz der Affäre, trotz der Schwangerschaft, trotz des Vertrauensbruchs. Es ging mir nur um ihn und unser gemeinsames Leben. Vielleicht würde das Kind ja von selbst weggehen. Oder es könnte, wie er mir vorschlug, so was wie unser Kind sein. Es tue ihm leid. Es tue ihm leid. Es tue ihm leid.
Wohl deshalb beschlossen wir, mit der künstlichen Befruchtung weiterzufahren. Bereits kurz vor der Affäre hatten wir es damit erstmals versucht. Aber damals mussten wir die Sache nach der Hormonbehandlung abbrechen: Ich reagierte schlecht darauf, das Einsetzen der Eier kam nicht mehr infrage. Im August entschieden wir uns also, es nochmals zu probieren. Doch es klappte wieder nicht. Man setzte mir zwar zwei Eier ein, aber ich wurde nicht schwanger.
An meinem Geburtstag reisten wir nach Florenz. Ein paar gemeinsame Tage, alles vergessen. Dachte ich, damals. Zurück zuhause, zog Andreas für eine Weile aus, um seine Gedanken zu sammeln, wie er sagte. Dann verliess er mich. Das war schlimmer als die Affäre, schlimmer als die Schwangerschaft, ja sogar schlimmer als der Tod von Dominic. Wieso ich so dachte, nachdem er mir all das angetan hatte, weiss ich bis heute nicht. Man nennt es wohl Liebe. Oder Gewohnheit. Oder Abhängigkeit.
Mein Leben aufs Spiel gesetzt
Auch weiss ich bis heute nicht, ob Andreas es bewusst darauf anlegte, Melanie ein Kind zu machen. Vielleicht wollte er einfach nur seinen Samen in der Welt verteilen. Irgendwie aus unserer Beziehung rauskommen. Vielleicht hatte ihm Melanie auch gesagt, sie nehme die Pille. Oder die beiden dachten, er sei eh nicht zeugungsfähig, also müssten sie auch nicht verhüten. Vielleicht haben sie auch gar nichts gedacht. Sondern einfach eine Affäre angefangen – und nicht verhütet. Das war, wenn ich heute zurückdenke, mindestens so grausam wie das Verlassenwerden: zu wissen, dass der Ehemann mehrmals fremdgeht und dabei kein Kondom benützt. Damit hat er, überspitzt gesagt, mein Leben aufs Spiel gesetzt.
Heute weiss ich, dass ich auch allein glücklich sein kann. Oder mit einem anderen Mann. Mit Felix. Felix versteht, dass ich ihm manchmal misstraue, obwohl es keinen Anlass dazu gibt. Und er weiss: Ich wünsche mir Ehrlichkeit. Egal, was passiert.
* Alle Namen geändert