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Wie ist es eigentlich, mit einem Callboy liiert zu sein?

Leben

Wie ist es eigentlich, mit einem Callboy liiert zu sein?

  • Text: Barbara Loop

Management-Assistentin und Lebensberaterin Christina Förster (50) erzählt, wie es ist, mit einem Callboy liiert zu sein.

Nicks Kundinnen kochen manchmal eine Extraportion für mich, die er mir dann mit nachhause bringt. Manche lassen mir Grüsse ausrichten. Getroffen habe ich diese Frauen zwar nie, aber sie wissen, dass der Mann, den sie für Sex bezahlen, zuhause eine feste Partnerin hat.

Schon erstaunlich, dass Nick ihnen von mir erzählt. Früher dachte ich, dass das Geschäft mit dem Sex kalt und berechnend ist, dass Gefühle nur gespielt sind und Persönliches keinen Platz hat. Aber was wusste ich schon über Callboys, ausser dass man sich nicht in sie verlieben sollte? Nichts. Bis ich mir selber einen bestellte – und überraschend die grosse Liebe fand.

Es ging mir nicht in erster Linie um Sex. Ich war auch nicht einsam. Ich hatte Geburtstag und wollte mir wie jedes Jahr selber ein Geschenk machen. Eines, das mir wohl niemand anders je schenken würde: einen Callboy. Das hatte ich noch nie, und ich war neugierig.

Im Internet suchte ich nach Gigolos, die in meiner Gegend tätig sind. Nick Laurent gefiel mir mit seinen langen Haaren. Und ich erkannte sein Gesicht wieder. Als «Mann für gewisse Stunden» war er Jahre zuvor in annabelle porträtiert worden. Auf seiner Website fand ich ein Kontaktformular mit Fragen zu sexuellen Wünschen. War das peinlich! Also schrieb ich ein SMS: «Hi Nick, hier ist Tina. Würd gern mal auf 1 Stunde normalsten Sex mit dir abmachen.» Mindestens für eine Stunde muss man Nick buchen. Kostenpunkt: 300 Franken. Ich legte mir 500 Franken zur Seite. Sollte mir die Begegnung gefallen, wollte ich das Date um eine Stunde verlängern. Natürlich habe ich Richard Gere als «American Gigolo» gesehen. Aber wie so etwas in der Realität abläuft, konnte mir niemand sagen. Es war wie in einer Matheprüfung, bei der man nicht abschreiben kann. Ich war sehr aufgeregt.

Am Freitagabend pünktlich um 21 Uhr stand Nick vor meiner Tür. Als ich ihn sah, brachen die Emotionen wie ein Tsunami über mich herein. Trotzdem war mir immer bewusst, dass ich mir nur eine Illusion gekauft hatte. Wir redeten und flirteten, die Stunden vergingen. Gegen Mitternacht gab ich ihm die vereinbarten 300 Franken. Er nahm sie, blieb, und wir verbrachten eine leidenschaftliche Nacht miteinander. Ich solle diese Nacht als sein Geburtstagsgeschenk betrachten, sagte er, als er morgens um halb sechs meine Wohnung verliess. Ich dachte für mich: So gewinnt er Stammkundinnen; wer ihn einmal gekostet hat, ordert beim nächsten Mal die ganze Nacht für 1500 Franken. Aber nicht mit mir! Auch die schmeichelnden Nachrichten, die er mir später schickte, tat ich als Marketingmasche ab. Doch trotz meines Misstrauens sahen wir uns immer wieder – und da Geld dabei kein Thema mehr war, wurde mir klar, dass dies mehr als eine Geschäftsbeziehung war.

Seit vier Jahren sind wir nun ein Paar. Ich habe im Buch «Die Liebe und der Krieger» unsere Geschichte aufgeschrieben, weil es mir am Herzen liegt, mit den Vorurteilen über käuflichen Sex aufzuräumen. Nick arbeitet tagsüber im Büro und nebenbei nach wie vor als Callboy. Er hat ein Dutzend Stammkundinnen. Einige Frauen buchen ihn einmal pro Woche, andere nur zweimal im Jahr. Ob er eine neue Kundin annimmt, bespricht Nick mit mir.

Eifersüchtig bin ich nicht, denn das wäre Angst, nicht Liebe. Ich will ihn weder einengen noch besitzen. Ich gönne ihm sein Leben und habe erkannt, dass es bei seinem Nebenjob um viel mehr geht als um Sex. Er sieht das Wesen dieser Frauen, schenkt ihnen Aufmerksamkeit, versteht und verwöhnt sie – natürlich auch sexuell. Selbstverständlich kosten diese Dienste. Schliesslich muss man den Arzt auch bezahlen, damit er einem kurz zuhört.

Mit einem Manager zusammenzuleben, der mal eben tausend Leute entlässt, damit hätte ich eher ein Problem. Aber Nick tut Gutes, er macht die Frauen glücklich.

Die 300 Franken unserer ersten Nacht wollte mir Nick zurückgeben. Ich habe aber abgelehnt, schliesslich waren das die am besten investierten 300 Franken meines Lebens.

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Im Buch «Die Liebe und der Krieger» hat Christina Förster ihre Geschichte festgehalten

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