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Wie ist es eigentlich, als Musikerin im Gefängnis aufzutreten?

Wie ist es eigentlich, als Musikerin im Gefängnis aufzutreten?

Zwischen Tränen und Tanzenden: Musikerin Diana Ezerex (26) über ihre Konzerte in Strafanstalten.

Vor meinen Auftritten bin ich ganz schön angespannt. Weil ich unbedingt will, dass meine Lieder gefallen. Die Inhaftierten können ja nicht mal eben den Veranstaltungskalender aufschlagen, sich etwas aussuchen und ausgehen. Für viele ist mein Konzert das einzige Kulturerlebnis in sehr langer Zeit.

Musik sollte kein Privileg sein

Mein erster Auftritt fand 2018 im Jugendgefängnis von Neustrelitz nördlich von Berlin statt. Ein Gefängnisseelsorger hatte ihn mir auf meine Initiative hin vermittelt. Mittlerweile habe ich 14 Konzerte im Justizvollzug für Männer und Frauen und in Jugendstrafanstalten gegeben. Manchmal ist es gar nicht so einfach, einen solchen Auftritt zu organisieren, und es dauert eine Weile, die Erlaubnis dafür zu bekommen; oft muss ich auch einen Strafregisterauszug vorlegen. Wäre ich vorbestraft, käme ich nicht rein.

Manche wundern sich, warum ich vor Menschen auftrete, die teilweise sehr schwere Verbrechen begangen haben. Mir ist klar, dass die Häftlinge oft einiges auf dem Kerbholz haben, aber es ist nicht meine Aufgabe, zu urteilen. Musik sollte kein Privileg sein, das man sich verdienen muss. Ich will die erreichen, für die sich sonst keiner interessiert. Sie sollen für einen Moment vergessen, dass sie im Knast sitzen.

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«Ich will die erreichen, für die sich sonst keiner interessiert»

Meine Musik bewegt sich im Bereich Urban Pop, Hip-Hop und Soul. Ich singe auf Englisch, trage in dazwischengeschobenen Poetry-Beiträgen die Texte auch auf Deutsch vor, damit sie auf jeden Fall rüberkommen. Die Stimmung ist anders als bei normalen Konzerten, emotionaler. Besonders heftig war es, als ich am Muttertag in einem Frauengefängnis aufgetreten bin: Der ganze Raum hat geweint. Es war bewegend, wie sehr die Insassinnen ihre Kinder vermissten. Aber bei den Männern gibt es genauso viele Tränen, es kommen einfach Gefühle hoch. Es wird aber auch gelacht und mitgesungen. Bei einem Konzert fingen sogar alle an zu tanzen. Die Sozialtherapeutin holte Percussion-Instrumente heraus. Die Stimmung war so ausgelassen, ich fand das gigantisch.

Gegen Vorurteile ankämpfen

Geld bekomme ich keines, ich mache das ehrenamtlich. Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, dass ich mich nicht nur um meinen Kram kümmere. Oder dass nicht alles, was ich mache, sich finanziell lohnen muss. Ich habe Ressourcen, ich habe Energie und bin kreativ: All das möchte ich auch für andere einsetzen. Vor allem will ich den Gefangenen mit meiner Musik Hoffnung geben, auf das, was danach kommt, wenn sie wieder in die Gesellschaft zurückfinden müssen. Jeder hat andere Hürden. Die Vergangenheit kann einen ausbremsen. In meinen Liedern geht es darum, dagegen anzukämpfen. Das kostet Menschen so viel. Ich kenne es auch, vorverurteilt zu werden: Meine Mutter ist Deutsche, mein Vater Nigerianer. Klar habe ich schon mit Rassismus zu tun gehabt. Zum Beispiel sind manche Leute überrascht, dass ich gut mit Sprache umgehen kann. Oder dass ich studiere.

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«Die Stimmung im Gefängnis ist anders als bei normalen Konzerten, emotionaler»

Ich mache gerade meinen Master in Kulturvermittlung und will in Zukunft neben der Musik noch weitere künstlerische Sachen ausprobieren. Gerade ist ein Buch in Planung – zum einen mit meinen Songtexten. Und zum anderen mit Texten, die von Häftlingen geschrieben werden, vor denen ich aufgetreten bin; lyrische Beiträge, Kurzgeschichten, Biografisches. Mir ist es wichtig, dass die Menschen selbst zu Wort kommen.

Album: My Past’s Gravity (2021) von Diana Ezerex

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