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Werdet endlich erwachsen!

Werdet endlich erwachsen!

  • Text: Annik Hosmann; Foto: iStock/SrdjanPav

Lifestyle-Redaktorin Annik Hosmann wird meist älter geschätzt als sie ist – alt fühlt sie sich deshalb aber nicht.

Ob in Blogs, Bars, im Büro oder Familienkreis: Das Thema Alter ist bei Ü40-Jährigen ein Dauerbrenner. Länger leben wollen alle, aber älter werden? Nein danke. Darüber, liebe Berufsjugendliche, müssen wir reden.

Ich lese, dass das Leben nicht mehr vibriert, wenn man erwachsen ist. Dass ich als Singlefrau ab Mitte Dreissig weg bin «vom Markt», weil dann alle Männer vergeben sind oder die, die noch übrig bleiben, einen Knacks haben. Schöner werden wir Frauen auch nicht, frustrierter hingegen schon. Und überhaupt, Älterwerden und somit Erwachsensein bedeuten Langeweile, hohe Arztrechnungen und die Säule 3a.

Ist dies tatsächlich das, was ihr euren Töchtern und Söhnen vermitteln wollt? Die Angst vor dem Älterwerden und die Vorstellung, dass Erwachsensein nur eine Bürde ist? Und da wundert ihr euch noch, dass es der Generation Y, meiner Generation, so schwerfällt, sich festzulegen und Verantwortung zu übernehmen? Werft mir ruhig vor, dass ich mit knapp 25 Jahren keine Ahnung habe, wie schwierig es ist, älter zu werden. Das stimmt. Trotzdem: Euer ständiges Gejammer geht mir auf die Nerven. Niemand verlangt von euch, dass ihr nicht mehr feiern und einen über den Durst trinken, dass ihr nicht mehr spontan sein, nicht mehr Sex haben oder euch neu verlieben sollt – bitte tut das weiterhin! Ich selbst will das schliesslich auch noch lange tun können.

Ich habe, statistisch gesehen, noch sechzig Lebensjahre vor mir. Wenn die beste Zeit jetzt sein soll, was kommt dann danach? Ich bin unglaublich gerne jung, geniesse meine Freiheiten, aber ich bin mir auch bewusst, dass das nicht immer so sein wird. Doch ich will mich nicht damit abfinden, dass es bald nur noch bergab gehen soll. Was wäre das für eine Perspektive mit Mitte zwanzig?

Ich weigere mich zu glauben, dass Erwachsensein nur langweilig ist. Man lernt doch immer mehr dazu – über sich, das Leben, die Welt. Man wird gelassener, oft sogar schöner und charismatischer. Das mag ich so an euch älteren Erwachsenen, das macht euch viel jünger und jugendlicher als diese infantile Verweigerung der sich verändernden Lebensumstände.

Denn Nicht-Erwachsensein bedeutet auch Unmündigkeit. Jemand zu haben, der für einen entscheidet, vielleicht sogar spricht. Und deshalb hat Erwachsensein zwar oft mit Müssen, aber auch viel mit Dürfen zu tun. Und hier stellt sich die Gretchenfrage: Ab wann ist man eigentlich erwachsen? Klar, rechtlich gesehen mit 18 Jahren. Doch im echten Leben? Ich weiss es nicht. Vielleicht dann, wenn man reif genug ist, über das eigene Leben zu bestimmen. Und diese Reife habt ihr, liebe Berufsjugendliche, ob ihr wollt oder nicht.

Der krampfhafte Versuch, nicht als Erwachsene wahrgenommen zu werden, macht euch also nicht jünger, sondern älter als ihr seid – und lässt uns Junge nur inständigst hoffen, dass wir nie so werden wie ihr. Wälzt deshalb eure Ängste nicht auf uns ab, sondern macht uns Mut. Wir jungen Erwachsenen brauchen euch als Vorbilder, nicht als Spiegelbilder.

Annik Hosmann vertritt Barbara Loop als Lifestyle-Redaktorin während deren Babypause.