Tanja Ursoleo ist Mutter eines 9-jährigen Sohnes. Mit ihm nutzt sie die Möglichkeiten von Technologie und neuen Medien, denn sie ist sich sicher: Nur so kann man Kindern zeigen, wie sie verantwortungsvoll mit der digitalen Welt umgehen.
In der Episode «Arkangel» der Netflix-Serie «Black Mirror» pflanzt eine überfürsorgliche Mutter ihrer Tochter einen Chip ein, um ihr Blickfeld jederzeit überwachen und manipulieren zu können. Eine beängstigte Dystopie des Elternseins in der digitalen Welt. Als Eltern sind wir besorgt, das ist normal. Aber welche Gefahren sind wirklich real und wie können wir sie erkennen, wenn wir keine Vergleichsmöglichkeiten haben oder uns diesbezüglich nicht auf Erziehungsmethoden früherer Generationen berufen können? Wir verlassen uns auf die Ratschläge und Empfehlungen von Fachleuten. Denn geht es um Technologie, sind Angst und Unwissen Nährboden für die Verunsicherung vieler Eltern.
Meist drehen sich diese Ängste um den Medienkonsum des Nachwuchses: vom Gamen, übers Surfen bis zur unkontrollierten Social-Media-Nutzung. Wie ich dieses Dilemma mit meinem Sohn löse, habe ich Ihnen bereits in meinem ersten Text dieser Reihe «Digital Mom» verraten. Es ist ein Thema, das nach wie vor bewegt, denn viele Eltern wollen eine Balance finden zwischen dem Schutz ihrer Kinder und der Förderung ihrer Selbstständigkeit. Nicht einfach. Schliesslich ist das Web voll mit alarmierenden Artikeln und Studien über die Folgen von «übermässigem oder verfrühtem Konsum» bei Kindern und Jugendlichen. Deshalb scheint es einfacher, in den Tenor der Vorsicht oder gar des Verbietens einzustimmen. Eltern, die ihren Kinder Zugang zu den neuen Technologien gewähren, stehen oft nicht dazu. Die Digital-Expertin Alexandra Samuel spricht in diesem Kontext von «Technologie-Shaming» und ermutigt Eltern dazu, einen pragmatischen Weg in der Erziehung zu gehen. In ihrer umfangreichen Studie hat sie über 10’000 Eltern in Nordamerika zu ihrem Verhältnis und ihren Strategien im Umgang mit Technologie befragt, und kam zum Ergebnis, dass der erfolgreichste Weg eine offene Handhabung ist. Dass Eltern ihr eigenes Smartphone zuhause weglegen oder verstecken, weil sie sich selber schuldig fühlen oder ihren eigenen Bezug zu digitalen Geräten in Frage stellen, sei falsch. Eltern sollten für ihre Kinder zu Mentoren werden, und ihnen die Möglichkeiten und Gefahren der Online-Welt aufzeigen und Technologie zu einem normalen Teil des Familienlebens machen.
Es geht also nicht darum seinen Kindern komplette Autonomie in der digitalen Welt zu geben oder Technologie aus dem Haus zu verbannen, ebenso wenig wie nach jeder neuen Studie oder Expertenmeinung die Erziehungsmethoden über Bord zu werfen. Die Zukunft unserer Kinder ist nachhaltig von Technologie geprägt. Dieses Rad lässt sich nicht zurückdrehen. Gehen Sie die Sache pragmatisch an, interagieren Sie mit Ihren Kindern, um ihnen ein verantwortungsvolles Verhalten im Netz beizubringen und Sie zu ermutigen, neue Skills zu lernen. Experimentieren Sie, lernen Sie gemeinsam Neues und werden Sie zu Macherinnen und Machern. Schliesslich geht es nicht nur ums Konsumieren, sondern auch um einen spielerischen Umgang mit der Zukunft und den kreativen Möglichkeiten von Tech. Das britische Start-up Tech will save us entwickelt Spiele und Kits für 4- bis 11-jährige Kinder, die einen unkomplizierten Zugang fördern. Vergangenes Wochenende habe ich mit Mann und Sohn ein solarbetriebenes Pflanzensystem zusammengebaut. Technologie ist weit mehr als nur Medienkonsum und kann gemeinsam Spass machen!