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Wenn man 23 Millionen im Lotto gewinnt

Leben

Wenn man 23 Millionen im Lotto gewinnt

  • Aufgezeichnet von Barbara Loop; Foto: iStock

P. G. (60) war 26 Jahre lang ein treuer Angestellter. Nach einem Lottogewinn wurde er zum Multimillionär. Hat sich sein Leben dadurch verändert?

Ich bin ein Spieler, aber ich spiele selten um Geld. Als dann letztes Jahr 40 Millionen Franken im Lotto-Jackpot waren, packte mich ein sportlicher Ehrgeiz, und ich nahm mir vor, so lange zu spielen, bis jemand den Jackpot knackt. Auf den Gedanken, dass ich selbst dieser Jemand sein könnte, kam ich nie.

An jenem Samstag im Dezember, der Jackpot war inzwischen auf die Rekordsumme von 70 Millionen angewachsen, bereitete ich in der Küche etwas zu essen vor. Meine Freundin sass vor dem Fernseher, später wollten wir uns den «Samschtig-Jass» ansehen. Der Jackpot sei geknackt worden, rief sie aus der Stube. «Super», gab ich zurück, «dann kann ich endlich mit dem Spielen aufhören.» Wie recht ich hatte! Seither habe ich nie mehr Lotto gespielt.

7, 13, 24, 28, 18, 33, Zusatzzahl 6. Mein eigenes Geburtsdatum und das meiner Mutter, meines Sohnes und meiner Freundin, der Todestag meines Vaters und noch eine Zahl, die ich aus dem Bauch heraus wählte; das ist meine Formel zum Glück.

Ich hatte keine Herzattacke, ich habe auch nicht geschrien vor Freude. Ich war verdattert und auch etwas verhalten, holte die Lupe hervor, setzte mich hin und prüfte noch einmal den Schein. Bis zum Montag bewahrte ich ihn in einer Fotofilmdose auf, die ich in der Brusttasche auf dem Herzen trug.

Ich war einer von drei Gewinnern. Und weil ich «System» gespielt habe, für meinen Schein also 35 statt 5 Franken bezahlt habe, gewann ich sogar mehr als die anderen: 23 Millionen! In den 26 Jahren, die ich bei meinem letzten Arbeitgeber angestellt war, habe ich brutto 2.5 Millionen verdient.

Jetzt bin ich also Multimillionär. Ich fühle mich nicht anders, glücklich war ich schon früher, aber ich bin etwas ruhiger, weil ich keine finanziellen Sorgen mehr habe. «Sag niemandem etwas von deinem Gewinn!», hat mich mein Bruder gewarnt. Aber so ein grosses Geheimnis wird einem doch nur zur Last. Ich habe bis heute keine schlechten Erfahrungen gemacht und musste weder Bittsteller noch neue, falsche Freunde abwimmeln. Erzählt habe ich es nur von Angesicht zu Angesicht, meistens bei einem Znacht, zu dem ich eingeladen habe. Und jedem, dem ich davon erzählt habe, gab ich ein bisschen etwas von meinem Gewinn. Jedem. Meinen Arbeitskollegen, also 110 Leuten, habe ich je 200 Franken und eine Abschiedskarte geschenkt. Schon vor dem Lottogewinn habe ich beschlossen, mich vorzeitig pensionieren zu lassen. Noch ein Jahr wollte ich arbeiten, dann hätte das Geld knapp gereicht. Ich habe immer gern gearbeitet, aber mit der Digitalisierung, die Menschen durch Automaten ersetzt, bin ich nicht einverstanden.

Ansonsten hat sich mein Leben nicht verändert. Ich wohne noch in derselben Wohnung, eine Etage über meiner 86-jährigen Mutter. Ein neues Auto brauche ich nicht, denn ich habe keinen Fahrausweis. Ein paar schöne Reisen möchte ich machen, meine Freunde in der ganzen Welt besuchen. Meinem Sohn habe ich eine Uhr von Hublot geschenkt, mir selber eine Mondaine von den SBB. Und ich habe in Edelmetall und ein paar Obligationen investiert, aber ich will nicht spekulieren, ich bin lieber flüssig. Früher habe ich mir hin und wieder eine spezielle Briefmarke oder eine Goldmünze gekauft. Aber seit ich mir so vieles leisten kann, habe ich irgendwie kein Bedürfnis mehr, überhaupt etwas zu kaufen.

Ich habe nicht das Gefühl, dass ich irgendetwas besonders Sinnvolles mit meinem Geld anstellen muss. Mein Leben lang habe ich gespendet, für den WWF, fürs Rote Kreuz und vieles mehr. Das mache ich weiterhin, einfach grosszügiger.

Ich habe vielen Leuten geholfen in meinem Leben. Manchmal waren es Kleinigkeiten, aufmunternde Worte, ein Restbetrag, den ich aus meinem eigenen Sack überbrückt habe. Ich habe gestrandete Touristen bei mir beherbergt oder ihnen die Stadt gezeigt.

Ich bin nicht religiös, aber ich glaube, dass dem, der Gutes tut, auch Gutes widerfährt. Vielleicht hatte ich also einfach Spielglück. Vielleicht half aber auch das Karma.