Muss man im Jahr 2018 noch über Schamhaare sprechen? Ja! Findet Onlinepraktikantin Olivia Sasse und erzählt, wie sie in der Haar- oder Enthaarungsfrage zu einer Entscheidung gefunden hat.
Entschuldigung, eine kurze Frage – was tragen Sie untenrum? Gar nichts, eine Landebahn, einen wild wucherndern Jungle oder gar so was Ausgefallenes wie Herzchen oder einen Blitz? Das frage ich sonst eigentlich nie, aber irgendwie bin ich verwirrt, was den Status quo der Intimbehaarung im Jahr 2018 angeht.
Ich bin ein Kind der 90er-Jahre, und als bei mir die ersten Härchen auf dem Venushügel sprossen, schienen alle um mich herum das Geschlecht einer Barbiepuppe anzustreben – unbehaart, unschuldig. Dass dieser Trend des Blankziehens wohl massgebend von Carrie und Co. aus «Sex and the City» geprägt wurde, wusste ich als Teenager nicht. Mit verstohlenen Blicken orientierte ich mich an den Frauen, die ich in meinem Alltag hin und wieder nackt sah, also hauptsächlich an meinen Schwestern und an Freundinnen.
Wirklich beschäftigt hat mich das Thema mit meinem ersten richtigen Freund. Ich rasierte mich blitzblank, weil ich für ihn schön sein wollte. Nicht dass er das explizit von mir verlangte hätte, ich hatte einfach das Gefühl, das macht man so. Natürlich bekam ich vom Rasieren ab und zu Rötungen und eingewachsene Härchen, was mir wirklich unangenehm war. Manchmal machte ich mir sogar die Mühe, meinen Venushügel mit einem Abdeckstift schön ebenmässig zu schminken. Verrückt, nicht?
Mein Perfektionsdrang liess nach, als ich eines Morgens unerwartet und sehr stark meine Tage bekam. Ich blutete das Bett und die ganze Strecke vom Schlafzimmer bis ins Badezimmer voll. Ich würde gern sagen, dass ich da total entspannt und cool reagierte, aber obwohl ich mich nicht schämen wollte, war ich wohl selten so rot – sowohl in den unteren Regionen als auch in meinem Gesicht. Etwas Gutes hatte es jedoch, denn mein damaliger Freund reagierte ausgesprochen entspannt, und so wurde auch ich ein bisschen lockerer mit allem, was zum Frausein gehört. Denn so peinlich wie ein Menstruationsblut-Massaker könnten mir ein paar Haare zwischen den Beinen niemals sein.
Schamhaare waren übrigens nichts, über das ich in meinem Leben jemals gross gesprochen hätte. Weder mit meinen Schwestern noch mit Freundinnen oder meinen Partnern. Ich erinnere mich jedoch daran, dass wir einmal bei einem Familien-Weihnachtsessen darauf zu sprechen kamen. Mein Freund liess sich während der Eishockeysaison den Playoff-Bart wachsen, und irgendwann kam die Frage auf, ob die Haare jetzt auch anderenorts ungebremst spriessen. Ich sagte dazu: «Solange ich dann nicht ständig Haare im Mund habe, ist es mir egal.» Ich glaube, meine Mutter verschluckte sich vor Lachen fast am Wein, und mein Schwager sagt mir heute noch, das war der Moment, in dem ich – in seinen Augen – erwachsen wurde.
Nicht allzu lange Zeit nach diesem Weihnachtsessen trennte ich mich von diesem Freund. Da musste ich mich plötzlich nicht mehr rasieren, denn da war kein Mann mehr, dem ich gefallen wollte. Die Frage: rasieren oder nichtrasieren war meine ganz eigene. Für mich war es eine Entscheidung zwischen Gewohnheit und meiner eigenen Faulheit. Was schätzen Sie, welche Seite gewann?
Ganz blank zog ich seither nur noch selten, weil ich mich dabei immer wie ein kleines Mädchen fühlte. Auch nicht, als es wieder Männer gab, die mir gefielen. Und egal ob mich ein Mann einmal, zweimal oder öfter nackt sah, nie hat mir einer gesagt, dass es ihn störte, wenn ich nicht ein Barbiepuppen-Hügel hatte. Wenn ich mich auszog oder eine Hand unter meine Kleider glitt, wurde ich nicht plötzlich erschreckt angeschaut oder aus der Wohnung gejagt. Ich wurde nicht anders berührt, und ich habe nicht weniger gefallen.
Im Jahr 2018 mag es selbstverständlich sein, dass eine Frau untenrum das trägt, was ihr selbst am besten gefällt, und sich nicht nach einer Erwartungshaltung richtet – die es vielleicht nur in unserem eigenen Kopf gibt. Wenn mich heute ein Mann tatsächlich wegen ein paar Härchen weniger begehren würde, dann würde ich freiwillig gehen. Ich brauchte jedoch einige Zeit, um an diesen Punkt zu kommen und auch, um mal ganz offen und mit unverhohlener Neugier eine Freundin zu fragen: «Was trägst du untenrum?»
Ich persönlich halte es heute wie mit den Pflanzen auf meinem Balkon: kein wilder Urwald, aber bewachsen und gepflegt.