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«Was ich besitze, hat in zwei Koffern Platz»

Leben

«Was ich besitze, hat in zwei Koffern Platz»

  • Text & Video: Stephanie Hess; Foto: Vera Hartmann

Alena Ehrenbold führte ein geregeltes Leben als Gymnasiallehrerin. Dann kündigte sie Job und Wohnung, um ins Abenteuer ihres Lebens einzutauchen.

annabelle: Alena Ehrenbold, Sie liessen ein sicheres Leben in der Schweiz hinter sich, um Ihrer Leidenschaft zu folgen. Wie sieht Ihr Alltag heute aus?
Alena Ehrenbold: Er ändert sich von Tag zu Tag. Morgen kann eine Anfrage kommen, für ein Filmprojekt, eine Werbekampagne, einen Vortrag, irgendwo auf der Welt. Und dann heisst es Koffer schliessen und los. Packen muss ich gar nicht mehr.

Warum?
Alles, was ich besitze, hat in zwei Koffern Platz. Einer für den Winter, einer für den Sommer. Hinzu kommt natürlich der Surfbag mit meinen Brettern. Ich habe zwei Paar Schuhe, Flipflops und Turnschuhe, das muss halt einfach reichen.

Wie ist das, so wenig zu besitzen?
Es befreit. Ich glaube, in der Reduktion steckt grosse Kraft. Davon handelt auch mein neuster Film «Tan». Wir dokumentieren das Leben eines Surfbrettmachers und Surfers. Eines Menschen, der auf elf Quadratmetern an der Küste Frankreichs lebt und sein Leben so intensiv, reduziert und bewusst wie möglich leben will.

Auch Sie haben sich für ein intensives Leben entschieden. Wie kam das?
Angefangen hat alles mit dem ersten Surfkurs in Lissabon mit 21 Jahren, da hats mich gepackt. Ich steckte damals jedoch noch mitten in meinem Wirtschaftsstudium. Als Gymilehrerin hüpfte ich später dann sechs Jahre lang zwischen zwei Leben, zwischen Strand und Schulzimmer, hin und her.

Was gab den Ausschlag, sich ganz dem Surfen zu widmen?
Es fiel mir nicht leicht, ich war sehr gern Lehrerin. Doch irgendwann sagte ich mir, dass ich es wenigstens für ein Jahr probieren muss, voll auf diese Leidenschaft zu setzen. Ich kündigte Job und Wohnung und zog los.

Das ist inzwischen drei Jahre her. Wo haben sich auf diesem Weg die bisher grössten Hürden aufgebaut?
Vor allem am Anfang. Ich musste gegen Vorurteile kämpfen: Surfen sei doch lediglich ein Lebensstil, kein Sport. Und: So kannst du doch kein Geld verdienen.

Wie finanzieren Sie heute Ihr Leben?
Über Sponsoren, Vorträge, Werbekampagnen, Modelaufträge und Filmprojekte, für die ich Scripts schreibe und deren Regisseurin ich bin. Zum Filmen bin ich gekommen, weil ich schon früher Artikel schrieb und merkte, dass es mir nicht reicht, eine Welt nur mit Worten zu erklären. Nie hätte ich gedacht, dass ich es damit mal an internationale Surf-Film-Festivals schaffe, und dass wir Auszeichnungen gewinnen.

Verdienen Sie heute gut mit Ihren Jobs?
Ich kann davon leben. Manchmal treffe ich in der Schweiz ehemalige Schulkollegen, die mich fragen: Wie regelst du nur deine Altersvorsorge? (lacht)

Und was macht Ihre Vorsorge?
Wenn meine Projekte weiterhin so rund laufen, klappt es auch mit der Vorsorge. Zudem köchelt die Passion für den Lehrberuf ja noch immer in mir. Ich bin überzeugt, irgendwann werde ich wieder unterrichten.

Alena Ehrenbold (34) wuchs in Luzern auf. Sie schloss ihren Master in Wirtschaft an der Universität Zürich mit einem Semesterpreis ab und erlangte das Lehrdiplom. 2010 wurde sie Schweizer Meisterin im Surfen. Seit 2014 ist sie als Filmemacherin tätig («I wanna surf», «Blue Road», «Girl Go Big»). Ihr neuester Film «Tan» läuft aktuell an Surf-Film-Festivals.

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