Politik
Viola Amherd über die Chancen für Frauen im Militär
- Text: Helene Aecherli
- Bild: Shutterstock
Will die Armee gute Leute anziehen, muss sie eine moderne Arbeitgeberin sein: Bundesrätin Viola Amherd über den Kulturwandel im Militär und die Chancen für Frauen.
annabelle: Frau Bundesrätin, die Armee wirkt verstaubt, noch immer haftet ihr der Réduit-Mythos an. Wie soll da das Interesse von Frauen geweckt werden?
Viola Amherd: In der Armee hat sich einiges getan. Bestes Beispiel hierfür ist der Cyberlehrgang, den sie aufgebaut hat. Die Lernenden erhalten am Ende, nach bestandener Prüfung, ein eidgenössisch anerkanntes Zertifikat als Cyberspezialist: in. Zudem rechnen verschiedene Hochschulen die militärische Führungsausbildung mit ECTS-Punkten ans Studium an. Diese Kooperationsvereinbarungen werden laufend ausgebaut. Der Staub ist also längst weg. Interessant ist auch, dass sich für unsere Einsätze in der militärischen Friedensförderung viel mehr Frauen freiwillig melden, wohl, weil bei diesen Einsätzen der Sinn direkt ersichtlich ist. Der Frauenanteil liegt hier bei rund zwanzig Prozent. Diese Sinnhaftigkeit müssen wir auch für die anderen Bereiche besser vermitteln.
Haben Sie konkrete Ideen, wie?
Wir müssen die jungen Menschen darüber informieren, wie wichtig der Einsatz für die Sicherheit ist. An Mittelschulen etwa könnte man einen Tag oder eine Woche durchführen, wo das gesamte Spektrum der Sicherheitsinstitutionen vorgestellt wird. Die Armee, aber auch der Zivilschutz, Polizei und Feuerwehr könnten zeigen, was sie machen und warum es sie braucht.
Wie stehen Sie zur allgemeinen Dienstpflicht für Frauen?
Wir prüfen zurzeit neue Dienstpflichtmodelle, im Rahmen dieser Arbeiten schauen wir verschiedene Möglichkeiten an – ohne Scheuklappen. Betreffend Gleichstellung gibt es andere Baustellen, die wir zuerst erledigen sollten – die Lohnungleichheit zum Beispiel.
Die Initiative «Service Citoyen» will alle Einwohner:innen zu einem Bürgerdienst verpflichten. Hat diese Idee bei Ihnen eine Chance?
Auf den ersten Blick ist sie mir sympathisch und ich höre immer wieder, dass junge Menschen gern bereit sind, Dienst an der Gesellschaft zu leisten. Ein solcher Dienst darf aber nicht in Konkurrenz mit der Privatwirtschaft stehen. Wenn man alle zu einem Dienst verpflichtet, stellt sich die Frage der Zwangsarbeit. Das ist verfassungsrechtlich problematisch.
Welche Vision haben Sie von der Armee als Arbeitgeberin?
Um gute Leute anzuziehen, muss die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Militärdienst gegeben und Teilzeitarbeit möglich sein. Auch die permanente Weiterbildung in der Berufsarmee ist zentral, ihre Angehörigen sollen arbeitsmarktfähig bleiben und jederzeit in zivile Berufe wechseln können. Umgekehrt soll der Einstieg für Quereinsteigende sowie ältere Menschen erleichtert werden – das könnte gerade für Frauen eine Chance sein.
Bundesrätin Viola Amherd (59) ist Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS)