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Meghan und Harry sprachen das aus, was wir schon lang vermuteten

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Meghan und Harry sprachen das aus, was wir schon lang vermuteten

Vanja Kadic
Vanja Kadic

Co-Leiterin Digital

Mit ihrem Interview bei Oprah Winfrey zündeten Meghan Markle und Prinz Harry eine Bombe. Und bestätigten, was längst alle vermuteten: Die Königsfamilie ist von Rassismus, Sexismus und veralteten Regeln geprägt. Ein Kommentar.

Nach dem Interview von Meghan Markle und Prinz Harry mit Oprah Winfrey am vergangenen Sonntag schickte mir ein Freund (Royal-Fan. Sein Favorit: Prinz George.) eine Whatsapp-Nachricht. «Was sagst du zum Interview?», fragte er mich. Ich antwortete in sieben Sprachnachrichten. Denn: It’s complicated.

Ich bin kein Fan von Meghan Markle und Prinz Harry. Ich finde die beiden interessant, respektiere ihren Mut, sich vom Palast loszureissen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Aber es gibt durchaus ein paar Kritikpunkte, die man nicht ausser Acht lassen sollte. Zum Beispiel, dass sich die beiden zwar als leidenschaftliche Klimaschützer ausgeben, aber in wenigen Tagen gleich mehrmals mit dem Privatjet in die Ferien nach Nizza fliegen (Prinz Harry orderte den Privatjet sogar, um zu einer Klimakonferenz zu fliegen. Not a cute look.).

Heavy Rassismus-Vorwürfe gegen die Royals

Ich kann also nachvollziehen, dass man manche Aussagen der beiden als elitäres Jammern von zwei privilegierten Millionären abtut. Aber das Interview mit Oprah war so viel mehr als das.

Meghan und Harry gaben nicht nur das Interview des Jahres, sondern zündeten eine symbolische Bombe. Ihr Redebedarf war nach Jahren des Schweigens – verständlicherweise – riesig: In der zweistündigen Sendung (und den zwei Stunden Bonusmaterial!) sprachen die beiden über ihre Beweggründe, dem Palast den Rücken zu kehren, erhoben heavy Rassismus-Vorwürfe gegen die Royals und äusserten sich zum heutigen Verhältnis zur königlichen Familie.

Die Konsequenz? Der Buckingham-Palast veröffentlichte ein versöhnliches, aber auch ein sehr lahmes Statement der Queen, in dem es heisst: «Die ganze Familie ist traurig zu erfahren, wie herausfordernd die letzten Jahre für Harry und Meghan waren. Die aufgeworfenen Fragen, insbesondere zum Thema Rassismus, sind besorgniserregend. Sie werden sehr ernst genommen und werden von der Familie privat besprochen. Harry, Meghan und Archie werden immer sehr geliebte Familienmitglieder sein.»

Während sich nach dem Interview zumindest das Oberhaupt der königlichen Familie friedfertig gab, trendete bei Twitter der Hashtag #AbolishTheMonarchie – Schafft die Monarchie ab. «Die Leute wachen heute auf und stellen fest, dass die britische Monarchie eine klassistische, rassistische Institution ist? Ja, klar. #AbolishTheMonarchy», lautete etwa ein Tweet.

Wer es nicht schafft, eine Gabel korrekt zu halten, ist schnell unten durch

Und das ist der springende Punkt: Eigentlich sprachen Meghan und Harry endlich das aus, was alle schon längst vermutet hatten. Der Preis für ein Leben als Mitglied der königlichen Familie ist hoch, die Strukturen und das Umfeld veraltet, sexistisch und rassistisch. Wer es nicht schafft, eine Gabel korrekt zu halten, immer zu lächeln oder seine Gefühle zu unterdrücken, ist schnell unten durch. Dies dürfte spätestens seit dem TV-Interview von 1995, in dem Prinzessin Diana dem BBC-Journalisten Martin Bashir ihr Herz ausschüttete, allen klar sein. Aber wie gestört das Leben im goldenen Käfig der Institution wirklich ist, formulierte noch nie jemand so deutlich wie Meghan und Harry.

Ein Beispiel: Klar, dass öffentliche Personen mit negativen Schlagzeilen rechnen müssen. Bei Harry und Meghan – vor allem aber bei ihr – waren diese aber teilweise einfach nur böse. Als wenige Wochen nach der Geburt von Archie Paparazzifotos von Meghan und ihrem Sohn auftauchten, wurde sie in der Presse dafür verrissen, wie fahrlässig «falsch» sie ihr Kind hält. Bei Herzogin Kate und Prinz William gab es solche bösen Schlagzeilen schlichtweg nicht. Woran das liegt? Rassismus, sagen Harry und Meghan, die sich mit der Familie ernsthaft darüber unterhalten mussten, wie dunkel die Haut ihres Sohnes wohl werden würde, wenn er zur Welt kommt.

Ein Blick auf die bizarrsten Negativ-Schlagzeilen über Meghan: 2018 wurde sie dafür kritisiert, dass sie die Hände in den Taschen ihres Kleides vergrub. 2019 veröffentlichte die britische «Express»-Zeitung einen Artikel über Meghans «geliebte Avocados», die mit «Verletzungen von Menschenrechten, mit Drogen, Dürre und sogar Mord in Verbindung gebracht wurden». Die gleiche Zeitung schrieb 2017 einen Bericht darüber, wie Herzogin Kate von einem Fan eine Avocado bekommen hat. Nur wurde die Frucht bei Kate nicht wie bei Meghan («Markle hat einen Avocado-Fauxpas begangen») mit Mord und Totschlag in Verbindung gebracht, sondern als Hilfsmittel gegen Kates Morgenübelkeit gehandelt. Die Liste solcher Schlagzeilen ist unendlich.  

Beim Interview mit Oprah taten mir die beiden zum ersten Mal leid – zum Beispiel, als Prinz Harry über die kaputte Beziehung zu seinem Vater sprach («Ich fühle mich wirklich im Stich gelassen.»). Oder als Meghan sagte, wie sie Harry von ihren Suizidgedanken erzählte, bevor das Paar zu einer Vorstellung des Cirque du Soleil gehen musste.

Umso bizarrer, dass Meghans Aussagen zu ihrer psychischen Gesundheit nach dem Interview in Kommentarspalten und Schlagzeilen angezweifelt werden. Ein prominentes Beispiel: Der britische Moderator Piers Morgan, seit Jahren ein scharfer Kritiker von Meghan und Harry, machte feindselige Bemerkungen über Meghan in seiner Sendung «Good Morning Britain». Er glaube ihr nicht, dass sie Suizidgedanken hatte. «Ich würde ihr nicht mal glauben, wenn sie mir den Wetterbericht vorliest. Und die Tatsache, dass sie diesen Ansturm gegen unsere königliche Familie befeuert hat, finde ich verachtenswert», so Morgan.

Harry und Meghan mussten nach dem Interview mit Oprah viel Hass und Häme einstecken. Man muss die beiden nicht mögen. Aber dass sie die offensichtlichen Missstände hinter den Palastmauern vor einem Millionenpublikum benannten, hat zumindest Respekt verdient. Denn: Nur weil die Monarchie «halt schon immer so» war, heisst das nicht, dass  sie auch unantastbar sein sollte.

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