annabelle-Chefredaktorin Silvia Binggeli über den Begriff Weiblichkeit und darüber, dass jede Frau das Recht auf eine eigene Definition davon hat.
Was ist weiblich? Fragten wir uns während der Vorbereitungen zu dieser Trendausgabe. Die Modewelt hat sich dem Feminismus verschrieben. Dior – wo erstmals eine Frau entwirft – druckt «We Should All Be Feminists» auf ein T-Shirt, ein Zitat der nigerianischamerikanischen Autorin Chimamanda Ngozi Adichie. Sie hat kürzlich dazu ein Buch veröffentlicht. Wird ihre Botschaft nun stylish?
Feminismus und Modetrends pflegen kein Liebesverhältnis. Trends stehen immer noch vielerorts für Frauen, die sich hauptsächlich um ihr Äusseres kümmern; doch wer ernsthaft denkt, trägt weder knallrote Nägel noch 12-Zentimeter-Heels, oder? Die Denkerin und bekennende Fashionista Adichie bezeichnet das als eins der schlimmsten Klischees. Dennoch höre ich von Freundinnen, die in eher traditionell orientierten Branchen arbeiten, immer noch, sie würden sich vor Sitzungen sehr genau überlegen, wie auffällig ihr Jupe sein darf, damit er nicht am Ende von ihrer fundierten Meinung ablenkt. Gleichzeitig verbindet kaum jemand männliche Kleidung mit Kompetenz, selbst wenn der schlecht sitzende Anzug leicht auf mangelndes Verstehen der Details hinweisen könnte.
Weibliches Äusseres ist Allgemeingut: Modeindustrie, Werbung und Magazine zelebrieren Grösse 34 immer noch als Mass aller Dinge. Das gilt es zu hinterfragen, keine Frage. Aber Kritiker verlieren diesbezüglich jeden Respekt, sprechen nicht mehr von Menschen, sondern von Hungerhaken. Ebenso harsch gehen sie mit Frauen ins Gericht, die «zu viele» Pfunde auf den Hüften tragen. Bei solch radikalen Diskussionen geht aber oft vergessen, dass auf der Bühne Ideale zelebriert werden, weil das Publikum gern danach strebt. Daran ist nichts auszusetzen, solange man sich immer wieder fragt, warum man eigentlich wonach strebt, ob es gesund ist und einen weiterbringt.
Um die aktuellen Modetrends zu inszenieren, haben wir Macherinnen zwischen 25 und 35 vor die Kamera gebeten. Als wir sie nach ihrer Definition von Weiblichkeit fragten, merkten wir, wie vielschichtig und entsprechend schwierig einzufangen diese immer noch ist. Zum Glück.
Für mich liegt genau darin ihre Stärke: Sich von vermeintlichen Widersprüchen nicht verunsichern zu lassen, stattdessen sie zu verstehen und zu nutzen. Kürzlich sass ich mit meinem 9-jährigen Gottemeitli im Stadion und fühlte mich saustark – sie spielt selber Eishockey und ist mein Star. Wir fiebern nicht für dieselbe Mannschaft, aber wir spielen im gleichen Team. Und sehen dabei beide blendend aus.