Studie zeigt: Über die Hälfte aller Männer würden eher eine Frau wählen
- Text: Kerstin Hasse; Foto: Keystone
Das Forschungszentrum ForS hat seinen Bericht zu den Wahlen 2019 veröffentlicht. Dieser kommt zum Schluss: Die Bereitschaft von Männern, eine Frau zu wählen, hat in den letzten vier Jahren deutlich zugenommen.
Schon kurz nach den Wahlen 2019 war klar: Die Wahlbeteiligung in der Schweiz war tiefer als vier Jahre zuvor. Mit 45.1 Prozent lag sie rund 4 Prozent unter 2015. Und: Der Anteil von Frauen, die an die Urne gingen, nahm ebenfalls um 5 Prozent ab.
Und trotzdem wurde von einer historischen «Frauenwahl» gesprochen. Noch nie wurden so viele Frauen gewählt wie 2019. Der Anteil an weiblichen Abgeordneten stieg im Nationalrat von 32 auf 42 Prozent und im Ständerat von 15 auf 26 Prozent. Im Nationalrat bilden die Frauen unter den Neugewählten also sogar eine Mehrheit. Wie kam es dazu? Das Schweizer Kompetenzzentrum für Sozialwissenschaften ForS in Lausanne analysiert als einzige Organisation mit der sogennanten Selects-Studie, wie die Schweiz gewählt hat. In der soeben veröffentlichten Wahlstudie hat das Zentrum eine mögliche Erklärung für den Erfolg der Frauen gefunden: Die Bereitschaft, Frauen anstatt Männer zu wählen, nahm deutlich zu.
9 Prozent Anstieg bei den Männern
Wenn Sie zwischen zwei gleich qualifizierten Kandierenden auswählen müssten, würden Sie eher einen Mann oder eine Frau wählen? Diese Frage wurde den Teilnehmenden im Rahmen der Studie gestellt. Während mittlerweile über zwei Drittel aller Frauen im Zweifelsfall eine Frau wählen würden, stieg diese Zahl bei den Männern um 9 Prozentpunkte auf 54 Prozent an. Mehr als die Hälfte aller Männer sind also bereit, bei gleicher Kompetenz eine Kandidatin einem Kandidaten vorzuziehen.
Die Kandidierendenbefragung der Studie zeigt ausserdem, dass die Parteien 2019 gezielt Frauenförderung betrieben haben. So unterstützten sie weibliche Kandidierende finanziell stärker als männliche. Im Durchschnitt bekamen Frauen laut der Selects-Wahlstudie 2600 Franken für ihre Kampagne, Männer dagegen im Schnitt nur 1900 Franken. Dies könne als Hinweis verstanden werden, dass die Parteien aktiv etwas für die Frauenförderung unternahmen.
Mehr Mobilisierung, mehr Frauen
Auch bei den finanziellen Investitionen der Kandidierenden gibt es einen Unterschied: Männer gaben im Durchschnitt fast 2500 Franken mehr aus als Frauen im Wahlkampf. Das brachte aber nicht mehr Erfolg: In der Wahlstudie beruft sich FORS auf diverse andere Studien, die zeigen, dass seit den Wahlen 2015 Männer durchschnittlich nicht mehr Wählerstimmen erhalten haben als Frauen.
Die gezielte Förderung durch die Parteien sowie überparteiliche Initiativen wie etwa «Helvetia ruft!» halfen, doch die tiefe Wahlbeteiligung von Frauen spielte den Kandidatinnen nicht in die Karten. Die Selects-Studie zeigt nochmal deutlich auf: Wenn sich Frauen bei den nächsten Wahlen noch stärker mobilisieren und die Wahlbeteiligung gesamthaft zunehmen würde, kann auch 2023 ein Erfolgsjahr für die Frauen werden. An den Männern allein soll es nicht liegen.