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Stories aus dem Homeoffice der annabelle-Redaktion

Stories aus dem Homeoffice der annabelle-Redaktion

  • Text & Bild; Redaktion annabelle

Flatten the curve! Das ist die Devise, nach der auch die annabelle-Redaktion lebt. Wir halten Abstand und arbeiten von zuhause aus. Die lustigsten Episoden, Geschichten und Gedanken zum Homeoffice sammeln wir hier, in den annabelle Corona Diaries. 

Claudia Senn, Kultur-Redaktorin: Auf der Suche nach dem richtigen «Stoff»

Was mich am Lockdown wirklich stört, ist, dass die Wochenmärkte abgesagt sind. Ich will doch den Ottolenghi durchkochen! Zum Glück entwickelt sich jetzt langsam eine veritable Schattenwirtschaft. Manches erinnert mich an die Art und Weise, wie ich mir in meiner Jugend Drogen besorgte: Jemand kennt jemanden, der jemanden kennt. Über Flüsterpropaganda erfährt man, wer frische Blumen ins Haus liefert oder sogar Balkonpflanzen (ein Blumenstrauss ist in diesen Zeiten nicht mit Gold aufzuwiegen!). In Windeseile stellen auch die Marktfahrer auf Home Delivery um. Chrigi, mein Käse-Dealer, bringt seinen «Stoff» jetzt einmal in der Woche zu einer bestimmten Zeit an einen bestimmten Ort. Sigi und Mirjam, meine Gemüsebauern, haben sich bereit erklärt, nach Hause zu liefern, wenn wir ihnen mindestens 15 Abnehmer in Zürich nennen können. Nichts leichter als das, zur Zeit ist jeder heiss auf knackiges Gemüse. Das rührend altmodische, grüne Auto der Lebensgemeinschaft Yamagishi, das jeden Samstag Nachmittag vor meiner Siedlung hält, um Selbstgemachtes zu verkaufen, hat hammermässige Karamelchöpfli im Angebot (eines davon ist auch auf dem Foto oben zu sehen). Dazu kommen die Altbewährten, bei denen man schon immer online ordern konnte, wie Sprüngli. Drei, vier Criollo-Truffes, und der Tag ist dein Freund! So lässt sichs über die Runden kommen. Wer auch Gemüse oder erstklassige Molkereiprodukte haben will, bitte Mail an mich ([email protected]). Ich teile meine Quellen gern. Wir Gourmets müssen zusammenhalten!

Niklaus Müller, Beauty-Chef: Ein Hoch auf den Mittagsschlaf

Seit gut zehn Tage befinde ich mich jetzt im Homeoffice. Anstatt wie zu normalen Zeiten gegen 7.30 Uhr auf den Zug zu rennen, sitze ich jetzt bereits viel früher am Computer. Kein Wunder, bin ich gegen 12 Uhr schon recht hungrig und esse meistens viel zu viel Pasta. Das Resultat: Eine bleierne Müdigkeit macht sich breit! Seit fünf Tagen weiss ich, was dagegen hilft. Ab sofort lege ich mich nach dem Mittagessen 30 bis 40 Minuten hin. Der sogenannte Mittagsschlaf oder die Siesta, wie sie in südlichen Gefilden heisst, wirkt Wunder. Danach fühle ich mich wieder fit, munter und produktiv. Ehrlich gesagt mache ich mir bereits ein wenig Sorgen, wie ich mich nach den Homeoffice-Zeiten wieder vom Mittagsschlaf entwöhnen soll… 

Leandra Nef, Lifestyle-Editor: Sorry, Nachbar!

Ich habe seit Tagen das schlechteste Gewissen der Welt, weil ich meinen Nachbarn ständig mit meinem Rumgehüpfe terrorisiere. Ich nehme an Online Sport Sessions wie jenen der Zürcher Fitness-Community #bodymindshape teil – merci an dieser Stelle für den Muskelkater, Solveig – und gebe echt mein Bestes, die Jumping Jacks so leichtfüssig wie möglich auszuführen. Aber der alte Fischgrätparkett knarzt halt leider schon bei der allersanftesten Berührung – es muss während des Workouts klingen, als würde ich mit Betonschuhen Trampolin springen. Lieber Nachbar unter mir, es tut mir wirklich leid. Die nächste Session ist für morgen geplant.

Sophie Eggenberger, Junior Marketing Managerin: Beziehungs-Frage

Ich muss gestehen, dass ich gelegentliches Homeoffice gar nicht schlecht finde. Ich kann mich zu Hause eigentlich gut konzentrieren und meiner Kreativität etwas freien Lauf lassen. Klar, jetzt sieht das ein bisschen anders aus. Nach einer Woche fühlt man sich schon ein wenig eingesperrt. Und das kann sich auch in der Beziehung bemerkbar machen. Dass mein Freund einem etwas anderen Beruf nachgeht, an dem man nur am Morgen und am Wochenende voll eingespannt ist – er ist Fussballer – habe ich nie wirklich bemerkt. Aber wie auch, ich war ja tagsüber nie daheim. Nun bin ich das aber und das heisst, wir müssen unseren Rhythmus aneinanderanpassen. Wenn er seinen morgendlichen Run und die 30 Minuten Fitness auf dem Wohnzimmerteppich neben mir durchhat, liegt er entweder auf dem Sofa oder widmet sich seinem Studium, während ich am Laptop arbeite. Logischerweise beziehe ich ihn mehr denn je in Haushaltsaufgaben mit ein, sodass ich etwas konzentrierter und entlasteter bin (und nicht meinem Putzfimmel nachgebe). Das resultierte darin, dass er sich letzte Woche irgendwann ziemlich genervt zeigte: «Ich arbeite seit Corona mehr als vorher!», sagt er. «Ich bin echt froh, wenn dieses Homeoffice-Theater endlich durch ist» – und ich ultimately wieder weg bin.

Claudia Senn, Kulturredaktorin: Apéro in Zeiten von Corona

Eine Nachbarin hat heute Geburtstag. Um 18 Uhr hat sie im kleinen Kreis zum Social-Distancing-Apéro auf dem Laubengang eingeladen. Ich weiss schon, was ich ihr schenke: eine Rolle WC-Papier in güldener Geschenkverpackung. Darüber freut sich heutzutage jeder!

Kerstin Hasse, stellvertretende Chefredaktorin: Just don’t do it in front of the camera

Wenn man von Zu Hause arbeitet, ergeben sich ja plötzlich so viele Möglichkeiten, den Tag zu gestalten. Vor dem ersten Mail eine kleine Runde Yoga? Kein Problem! Der Arbeitsweg ist ja kurz – höhö – also ab auf die Matte. Carpe diem, Baby, sagte ich am Morgen meinem Freund! Machen wir aus der Situation das Beste! Und siehe da: Nach dem Yoga stand ich zufrieden unter der Dusche – Spotify an, die Laune top, ain’t no mountain high enough – und genau mit dieser Einstellung spazierte ich von unserem Badzimmer nackt ins Schlafzimmer. Blöd nur, dass mein Freund da gerade einen Videocall hatte. Er winkte hektisch in meine Richtung, ich stolperte zurück ins Badezimmer. Glücklicherweise hatte er seine Kamera verdeckt, alles halb so schlimm, also. Aber seither gibt es eine neue Quarantäne-Hausregel: kein Zimmer mehr unangemeldet nackt betreten. Man weiss ja nie, wer noch zuschaut.

Helene Aecherli, Reporterin: All by myself

«Also, um es gleich vorwegzunehmen: Ich bin noch nie gern zuhause geblieben. Bin weder Sofa-Kartoffel, noch Netfilx-Afficionada oder Pantoffelträgerin, verabscheue Wollsocken, schlabbrige Trainerhosen und Homedresses jeglicher Art und bleibe – ausser bei einschlägigem Besuch – nie länger als nötig im Bett. So habe ich denn auch nie gern von zuhause aus gearbeitet, habe nie in die allgemeinen Homeoffice-Hymnen eingestimmt, und jetzt, gegen Ende der Woche eins der gesamtgesellschaftlich verordneten Quarantäne, weiss ich noch mehr, wovon ich spreche: Homeoffice sucks! Ich brauche die wohltemperierten Geräusche von Kolleginnen und Kollegen, um mein Gehirn auf Hochtouren zu bringen und mich konzentrieren zu können. Die Stille innerhalb meiner eigenen vier Single-Wände lenkt mich ab, lässt mich das Sausen in den Ohren hören, das Knistern des Staubs, das Krabbeln der Spinnen in den Ecken, das Seufzen der Kaffeemaschine auf Standby, das Glucksen des Restwassers im Bügeleisen. Irgendjemand sagte mir mal, ich sei wie Johann Sebastian Bach: Er soll nur komponiert haben können, wenn mindestens zwölf seiner insgesamt zwanzig Kinder auf ihm herumturnten. Der Lärm inspirierte ihn und liess ihn zur Hochform auflaufen. Nicht, dass ich mich nun mit Bach vergleichen würde, um Himmels Willen, denn mir ist weder Genialität beschieden, noch habe ich Kinder, und komponieren tu ich höchstens Texte, aber das mit der Lust nach euphorisierendem Getümmel, das haben der Johann Sebastian und ich schon gemein. Und ich gestehe, das tröstet mich, hält mich aufrecht und verleitet mich dazu, nun halt eben selber Geräusche zu generieren: So habe ich vorgestern die Küchenmaschine aus dem hoffnungslos überstellten Keller geholt und Kichererbsen püriert, um endlich wieder mal Hummus zu machen, was so viel Lärm verursachte – also, das Pürieren – wie eine ganze Baustelle. Ich habe vier Tischtücher, zwei Läufer und drei Duvets gebügelt und dabei den Dampf des Bügeleisens genüsslich zischen lassen, habe den Staubsauger in die Hand genommen und hingerissen von dessen Jaulen Staub und Spinnennetze gejagt, und – ha! Eben bin ich vom Läuten an der Haustür aufgeschreckt worden. Es war der Pöstler. Mal sehen. Vielleicht ist Homeoffice trotz allem doch nicht so schlecht.»