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Ständerätin Anita Fetz im Interview

Leben

Ständerätin Anita Fetz im Interview

  • Interview: Barbara Achermann

Basel-Stadt führte vor fünfzig Jahren das Frauenstimmrecht ein – als erster Deutschschweizer Kanton. Ständerätin Anita Fetz erklärt, weshalb Basel noch immer frauenfreundlich ist.

annabelle.ch: Anita Fetz, Sie waren neun, als Basel-Stadt das Frauenstimmrecht einführte. Erinnern Sie sich daran?
ANITA FETZ: Nein. Ich erinnere mich aber daran, als es fünf Jahre später auf eidgenössischer Ebene angenommen wurde. Wir waren mit der Familie auf einem Sonntagsspaziergang. Bis zu dem Tag hatte ich gar nicht gewusst, dass Frauen nicht abstimmen durften! Ich war entsetzt. Meine Bündner Grossmutter Tata sagte: «Schon gut, dass wir jetzt an die Urne dürfen. Aber wichtiger ist, dass du dein eigenes Geld verdienst.»

Weshalb war Basel früher als alle anderen Kantone?
Es gab hier über die Parteigrenzen hinweg eine starke Stimmrechtsbewegung. Neben den Linken engagierten sich auch ausgesprochen viele bürgerliche Frauen. Zudem ging der gesellschaftliche Wandel in den Städten zügiger vorwärts als auf dem Land.

Noch immer gilt Basel als frauenfreundlich. Prozentual leben hier mehr Frauen als in allen anderen Kantonen. Wie erklären Sie sich das?
Es gibt hier tolle Männer, wir haben für jeden Geschmack etwas (lacht). Generell wohnen viele Frauen gern in Städten. Basel ist international und gleichzeitig überblickbar, man findet hier schnell Anschluss. Es gibt zahlreiche Stellen im Dienstleistungsbereich und im Gesundheitswesen. Die Universität wie auch die Life Sciences ziehen viele Frauen an. Die grossen Pharmafirmen engagieren sich überdurchschnittlich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, in der Kinderbetreuung, aber auch mit Karriereprogrammen für Paare.

Was schätzen Sie persönlich an Basel?
Das kulturelle Angebot. Ich mache gern einen gemütlichen Spaziergang zur Fondation Beyeler, mag aber auch Rockkonzerte.

In welchen Bereichen müsste Ihr Kanton zulegen?
Wir brauchen flächendeckend Tagesschulen und günstigere Krippen. Auch über die Betreuung von alten Frauen wird man sich noch einige Gedanken machen müssen. Das Problem ist bekannt: Frauen pflegen ihre Männer, aber selten umgekehrt. Es braucht Unterstützungsangebote, die über die Spitex hinausgehen, oder Generationenhäuser, in denen alte und junge Menschen zusammenwohnen.

Eine Umfrage ergab, dass sich ein Drittel der Baslerinnen nachts auf der Strasse unsicher fühlen.
In Basel gibt es nicht mehr Straftaten als in vergleichbaren Städten. Das Sicherheitsgefühl kann mit mehr Polizeipräsenz erhöht werden. Doch allein darauf würde ich mich nicht verlassen. Meine Generation hat in den Achtzigerjahren Selbstverteidigungskurse besucht. Das würde ich jeder jungen Frau empfehlen, es hebt das Selbstbewusstsein enorm. Und Männer sollten wissen, dass ein Nein ein Nein ist und dass man Kolleginnen, die blöd angemacht werden, hilft.

Frauenstimmrecht:

Die Ersten und die Letzten

1957: Unterbäch im Wallis führt als erste Gemeinde das Frauenstimmrecht ein.
1959: Waadt ist der erste Kanton, Basel-Stadt ist 1966 Vorreiter in der Deutschschweiz, Bern folgt 1968, Zürich 1970.
1971: Ja zum eidgenössischen Stimm- und Wahlrecht für Frauen.
1990: Die Männer von Appenzell Innerrhoden lehnen an der Landsgemeinde das Frauenstimmrecht ab. Das Bundesgericht zwingt den Kanton, den Frauen endlich das Stimmrecht zu geben.

Zwischen März und Juni gibt es in Basel verschiedene Veranstaltungen zu «50 Jahre Frauenstimmrecht», etwa eine internationale Tagung an der Universität Basel oder ein grosses Jubiläumsfest am 24. Juni. Programm: frauenstimmrecht.ch

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