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Shitstorm um Ashton Kutcher und Mila Kunis: Auch nette Kerle können Vergewaltiger sein

Leben

Shitstorm um Ashton Kutcher und Mila Kunis: Auch nette Kerle können Vergewaltiger sein

Ashton Kutcher und Mila Kunis setzen sich für ihren Freund und ehemaligen Co-Star, den verurteilten Vergewaltiger Danny Masterson, ein. Immerhin können wir daraus etwas über Vergewaltigungsmythen lernen, schreibt Co-Leiterin Digital Vanja Kadic in ihrem Kommentar.

Inhaltshinweis: Sexualisierte Gewalt

 

Wow, wie daneben gehts eigentlich? Mir stand der Mund offen, als ich das Video von Ashton Kutcher und Mila Kunis bei Social Media sah. Mit dem Clip, in dem sich das Schauspieler:innen-Paar selbst aufnahm, schaufeln sich die beiden ihr eigenes PR-Grab. Aber von vorne.

US-Schauspieler Danny Masterson, der in der Kult-Sitcom «Die wilden Siebziger» Steven Hyde verkörperte, muss für 30 Jahre ins Gefängnis: Er wurde dafür verurteilt, im Jahr 2003 zwei Frauen vergewaltigt zu haben. Masterson spielte von 1998 bis 2006 an Kutcher und Kunis’ Seite in «Die wilden Siebziger» mit.

Ein «ausserordentlich ehrlicher und aufrichtiger Mensch»

Krass: Wie bekannt wurde, schrieben Kutcher und Kunis Briefe an die zuständige Richterin in Los Angeles, um Masterson zu unterstützen und sich für seinen Freispruch einzusetzen. Ausgerechnet die Publikumslieblinge, die bis anhin von Fans für ihre bodenständige, sympathische Art gefeiert wurden. Und ausgerechnet Kutcher, der sich mit seiner Non-Profit-Organisation Thorn für die Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern einsetzt.

Laut «TMZ» schrieb Kutcher in seinem Brief an die Richterin, dass Masterson ihn als Vorbild «durchwegs positiv beeinflusst» habe und ein «ausserordentlich ehrlicher und aufrichtiger Mensch» sei. Er habe einen «ausserordentlichen Standard» dafür gesetzt, wie man «andere Menschen behandeln» sollte.

Kutcher erinnerte sich in seinem Brief ausserdem daran, wie sein Kumpel einmal eine Frau in einer Pizzeria verteidigt habe, die von ihrem Freund beschimpft wurde. Den Brief soll er beendet haben mit: «Seine Tochter ohne einen anwesenden Vater aufwachsen zu lassen, wäre eine Ungerechtigkeit.»

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So einer kann ja niemanden vergewaltigen, oder?

Auch Kunis schwärmte in ihrem Brief von Masterson, schrieb, dass es ein «Privileg» sei, Teil seines Lebens zu sein. Und dass seine Rolle als Vater und Ehemann «nichts Geringeres als aussergewöhnlich» gewesen sei. Tja, ein Mann, der ein guter Vater ist und mal eine Frau in einer Pizzeria verteidigt hat? Klar, so einer kann natürlich gar niemanden vergewaltigen, oder?

In einem Video erklären Kunis und Kutcher nun, warum sie für ihren Freund, den verurteilten Vergewaltiger, bürgten. Und machen damit alles nur noch schlimmer. Die Briefe seien dafür «gedacht gewesen, dass die Richterin sie liest», so die beiden im Clip. «Und nicht dazu, die Aussagen der Opfer zu untergraben oder sie in irgendeiner Weise zu retraumatisieren. Das würden wir niemals wollen. Es tut uns leid, wenn das geschehen ist.»

Und weiter: «Unser Herz schlägt für jede einzelne Person, die jemals Opfer eines sexuellen Übergriffs, sexuellen Missbrauchs oder einer Vergewaltigung war», sagt Kunis im Video mit ernster Miene.

Ich höre aus dieser Aussage vor allem eines raus: All das hätte nie an die Öffentlichkeit gelangen sollen.

In den Kommentaren werden Kunis und Kutcher für das Video stark kritisiert. «Sie geben zu, dass sie versucht haben, einen Vergewaltiger vor einer harten Verurteilung zu schützen», fasst ein User bei «X» zusammen. «Sie entschuldigen sich also nicht wirklich dafür, dass sie ihn verteidigt haben. Es tut ihnen nur leid, dass es herauskam und zu einem Shitstorm führte? Igitt», lautet ein anderer Kommentar.

Eigentlich toll, dass sich Kutcher und Kunis mit ihrem Video selbst demaskiert haben. Denn sie zeigen gleich mal, wie echte Solidarität mit Opfern sexualisierter Gewalt nicht aussieht.

Ein guter Mensch zu sein, schliesst einen Übergriff nicht aus

Spannend find ich an diesem Fall vor allem, dass es um mehr als zwei Hollywoodstars geht, die gerade in Echtzeit ihr sauberes Image das Klo runterspülen. Vielmehr wirft das Beispiel der beiden einen Scheinwerfer auf die Problematik von Vergewaltigungsmythen: Nur weil jemand sympathisch, ein toller Typ oder ein guter Kumpel ist, heisst das nicht, dass die Person nicht in der Lage ist, jemanden zu vergewaltigen.

Ein prinzipiell guter Mensch zu sein, schliesst einen Übergriff nicht automatisch aus. Auch nette Kerle können Vergewaltiger sein.

68 Prozent der Opfer kannten den Täter

Wir wachsen mit der falschen Vorstellung auf, dass Sexualstraftäter ausschliesslich Fremde sind, die im Dunkeln auf dem Nachhauseweg lauern. Monster, denen man das Böse schon von weitem ansieht. Dabei werden die meisten sexualisierten Übergriffe im Bekanntenkreis verübt – also von unseren Freunden, Cousins, Onkeln, Brüdern, Vätern, Lehrern oder Kollegen. Laut einer Studie von gfs.bern im Auftrag von Amnesty International (2019) zu sexueller Gewalt kannten die Vergewaltigungsopfer in 68 Prozent der Fälle den Täter.

«Manchmal tun Menschen, die wir geliebt haben, furchtbare Dinge»

Inzwischen haben auch Schauspiel-Kolleg:innen von Kutcher und Kunis auf ihre Aussage reagiert. Schauspielerin Christina Ricci etwa appellierte bei Instagram an ihre Fans, Opfern zu glauben. In einem Statement schrieb sie: «Manchmal tun Menschen, die wir geliebt und bewundert haben, furchtbare Dinge. Sie tun diese Dinge vielleicht nicht uns an, aber das heisst nicht, dass sie die furchtbaren Dinge nicht verübt haben.»

Und weiter: «Leute, die wir als ‹grossartige Kerle› kennen, können Sexualstraftäter sein. Es ist hart, das zu akzeptieren, aber wir müssen es tun.»

Sie selbst habe viele «grossartige Kerle» kennengelernt, die sich ihr gegenüber toll verhielten und schliesslich Übergriffe begingen. Sie schreibt: «Glaubt Opfern. Es ist nicht einfach, sich als Opfer zu erkennen zu geben. Und es braucht viel, um als Täter verurteilt zu werden.»

Du willst mit jemandem sprechen? Mehr Informationen und Hilfsangebote zum Thema findest du hier:

Opferhilfe Schweiz

143 – Die Dargebotene Hand

BIF – Beratungsstelle für Frauen 

Frauenhäuser in der Schweiz

Männerhäuser in der Deutschschweiz und in Genf

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