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Sharon Stone

Sharon Stone

  • Interview: Béatrice WachsbergerÜbersetzung: Nina Toepfer

Sharon Stone hat das Midlife-Jahrzehnt hinter sich gelassen und blickt im annabelle-Interview noch einmal auf diese Zeit zurück.

«Mit 40 beginnt die sinnlichste Zeit im Leben einer Frau», sagt Hollywoods einstige Sexgöttin. Sie muss es wissen: Mit 52 hat sie das verflixte Midlife-Jahrzehnt hinter sich. Ihr Fazit.

annabelle: Sharon Stone, was ist für Sie persönlicher Stil?

Sharon Stone: Unter persönlichem Stil verstehe ich, sich selbst zu sein.

Wie äussert sich das im Aussehen?

Wenn Sie eine Dior-Jacke mit Ihren Jeans kombinieren wollen – fantastisch! Wenn Sie sie zu einem No-Name-Shirt tragen wollen – wunderbar! Es gibt alle möglichen Blumen im Garten, alle möglichen Tiere im Dschungel und alle möglichen Muscheln am Strand: Sie wählen, welche Sie sind!

Was ist Schönheit für Sie?

Schönheit kommt von innen. Von Integrität. Ich bin sicher: Man kann nicht schön sein, ohne auch anständig zu sein.

Gibt es eine typisch weibliche Schönheit?
Ja, sie beginnt damit, dass wir anderen Frauen freundlich begegnen. Echte Schönheit meint, gütig und grosszügig zu sein. Frauen sind von Natur aus dienstbereit, sie haben einen mütterlichen Instinkt. Und wenn wir schon unsere Kinder bemuttern, können wir mit diesem Instinkt auch anderen helfen.

Wie erlebten Sie die Zeit zwischen vierzig und fünfzig?

Dies ist eine wunderschöne Zeit. Eine sexy Zeit. Sie bedeutet, in der Mitte des Lebens zu sein und nicht an seinem Ende, wie manche Miesepeter uns Frauen weismachen wollen. Eigentlich wissen wir alle sehr gut, dass dies die sinnlichste, sexyste Zeit im Leben einer Frau ist.

Inwiefern ist Selbstbewusstsein eine Schönheitsquelle?
Ich weiss nicht genau, was Selbstbewusstsein ist, aber ich weiss, dass ich mit beiden Füssen auf dem Boden stehe. Wenn jemand versucht, mich umzustossen, fühle ich zwar die Kraft des Stosses, aber ich schlage nicht zurück. Ich kann warten, den Angriff vorbeiziehen lassen, darüber nachdenken. Ich kann mich informieren und dann antworten, nicht nur reagieren. Letztlich geht es weniger um Selbstbewusstsein als um Selbsterkenntnis. Meine Persönlichkeit ist im Grunde dieselbe wie mit zwanzig, aber mein Verständnis für mich und für andere hat sich verändert.
Wie definieren Sie Reife?
Erwachsen zu werden, bedeutet für jeden etwas anderes. Aber so, wie ich es im Moment verstehe, heisst es, Verantwortung für das eigene Wirken zu übernehmen.

Sind Sie heute schöner als früher – oder auf eine andere Art schön?
Lassen Sie mich das so beantworten: Was im Leben zählt, ist einzig, wahrhaftig zu sein. Ich hatte einen grossartigen Lehrer, der sagte: «Für die erste Hälfte deines Lebens bekommst du das Gesicht, mit dem du geboren wirst. Und für die zweite Hälfte jenes, das du verdienst.»

Sie sind das Gesicht der Capture-Totale-Hautpflegelinie von Dior. Wie gewagt ist es, als 52-jährige Schauspielerin eine Dior-Ikone zu werden?
Es ist etwas Wunderbares, und ich erzähle Ihnen gern weshalb. Als ich 40 wurde, begegnete man mir in den USA aggressiv, weil ich offen mit meinem Alter umging und sagte, dass ich 41, 42, 45 Jahre alt bin. In diesen fünf Jahren fühlten sich die Leute vor den Kopf gestossen. Als Schauspielerin macht man so etwas anscheinend nicht. Mir war, als wollten sie mich aus dem Business kicken. Als ich 48 wurde, fühlte ich mich nicht besonders, worauf mir ein Arzt Hormone verschrieb und meinte, ich sei wahrscheinlich prämenopausal. Von diesen Hormonen nahm ich ziemlich zu. Also hörte ich auf damit, ging zu einem anderen Arzt, der mich von Kopf bis Fuss untersuchte. Gemäss seiner Analyse war ich überhaupt nicht prämenopausal. Ich fasste daraufhin den festen Entschluss, nicht von der Bildfläche zu verschwinden und durchaus mit Stolz zu zeigen, wie schön man in meinem bereits etwas
reiferen Alter sein kann.

Wie erklären Sie sich, dass sich so viele Frauen mit Ihnen identifizieren?
Das liegt, denke ich, daran, dass ich unter allen Umständen die Wahrheit sage. Selbst wenn es auf Kosten meiner Beliebtheit geht. Als ich bei der Aidsstiftung Amfar anfing, war es noch unüblich, einer Wohltätigkeitsorganisation oder einer Kampagne vorzustehen. Mein Presseagent sagte: «Die Leute werden glauben, Sie hätten Aids.» Ich fand das grotesk. Warum sollte es meiner Karriere schaden, etwas Gutes zu tun? So machte ich mich halt unbeliebt, und es schadete meiner Karriere. Nur Superstar Elizabeth Taylor konnte so etwas tun.

Fürchten Sie sich vor dem Älterwerden?
Warum sollte ich? Es sollte unser Ziel sein, in Würde und Anmut und Schönheit und mit Humor alt zu werden. Das Einzige, was ich am Älterwerden nicht mag, ist der Schmerz und dass einen verschiedene Körperteile verraten.

Fürchten Sie die Falten?
Ich finde die Falten und Linien in einem Gesicht charmant. Ich habe auch schon Botox gespritzt, hörte aber damit auf, weil ich nicht aussehen wollte wie Goldfisch Nummer drei.
Können Sie die Faszination für Botox verstehen?
Ich kann nur für mich sprechen: Ich will aussehen wie eine Frau mit einem Leben. Es ist nicht die absolute Perfektion, die einen attraktiv macht. Sondern der kleine Makel, der angeschlagene Zahn, das komische Lachen.

Was halten Sie von plastischer Chirurgie?
Das ist doch ehrlich okay! Wenn Sie dicke Oberschenkel haben und Fett absaugen möchten, dann gönnen Sie sich das. Wir leben in einer modernen Welt, machen Sie es. Aber schauen Sie zu, dass Sie nicht plötzlich aussehen, als seien Sie durch eine Windschutzscheibe gesogen worden. Eifern Sie nicht der Barbiepuppe nach. Lassen Sie sich keine Zähne wie Klaviertasten machen. Oder Brüste, die so gross sind wie Ihr Kopf.

Haben Sie jemals Ihr Aussehen, Ihren Lebensstil oder Ihre Gewohnheiten verändert, um dem Alter zu trotzen?
Als wir zusammen bei Amfar waren, war Madonna mein grosses Vorbild. Wir sind bis auf ein paar Monate gleich alt, und sie ist so unglaublich gut in Form und tritt jede Nacht auf. Und sie ist so viel fitter als ich! Wie Mick Jagger, der jeden Tag Kilometer joggt, damit er auf der Bühne herumrennen und singen kann. Da machte ich die beiden zu meinen Fitness-Idolen.

Starteten Sie ein eigenes Fitnessprogramm?

Pilates war immer schon mein Ding, aber jetzt habe ich auch eine medizinische Pilates-Lehrerin. Sie sagte mir einmal: «Madonna trinkt nicht.» Ich trinke meistens Tee, aber auch drei oder vier Glas Rotwein pro Woche, weil ich guten Bordeaux mag. Ich dachte, gut, das kann ich auch. Nach einem Monat fand ich, ich fühle mich wunderbar an. Nach sechs Monaten fühlte ich mich sagenhaft. Meine Haut hatte sich vollkommen verändert. Madonna hat mich wirklich angespornt.

Es scheint, als tendierten Sie mit jedem neuen Werbeauftritt für Dior mehr zum Nude-Look. Als hätten Sie genug von Make-up und Masken.

Mir hat Make-up nie besonders zugesagt, was für meine Mutter immer schon sehr schwer zu verstehen war. Sie trägt sogar im Bett Make-up, steht morgens vor meinem Vater auf und schminkt sich neu. Mein Vater sah sie nie ohne Make-up!

Was meint Ihre Mutter dazu, dass Sie wenig Make-up tragen?
Ihr Mantra: «Es würde dir viel besser gehen, wenn du ein bisschen Lippenstift tragen und deine Haare frisieren würdest.» Und mein Vater denkt, mein Problem sei es, dass ich Pyjamas anziehe statt Peignoir-Sets! (Lacht)

Was bringt Sie zum Strahlen?
Wenn ich meine Kinder sehe.

Ist Muttersein eine Erfahrung, die der Zeit trotzt?

Ach wissen Sie, mit drei Jungs wird es einem nicht langweilig.

Haben Sie Schönheitstipps oder ein Schönheitsritual?
Morgens wasche ich meine Augen und mein Gesicht mit Leitungswasser. Ich brauche niemals Seife, und wenn ich Make-up getragen habe, schminke ich es ab. Auch für meinen Körper brauche ich kaum Seife. Ich dusche ein- oder zweimal die Woche, aber ich bade die ganze Zeit, mit Badeölen und -salzen. Vor allem aus dem Toten Meer.

Als humanitäre Aktivistin haben Sie viele politische und geistliche Persönlichkeiten kennen gelernt. Bei wem fanden Sie echte Schönheit?
O mein Gott, da gäbe es so viele, die ich aufzählen könnte. Ich liebe Amma. Sie geht um die Welt, umarmt Leute und hört sich ihre Sorgen an. Und dann denke ich natürlich an Seine Heiligkeit den Dalai Lama, für den ich unermessliche Hochachtung empfinde. Und an Carla Del Ponte – was für ein Vorbild! Unerbittlich ist sie für die Wahrheit eingetreten, ohne Rücksicht auf sich selbst.
Sie selbst sind in einem neuen humanitären Projekt engagiert. Worum geht es dabei?
Ich war kürzlich im Norden Ugandas, wo ich an einem Projekt arbeite, bei dem wir sauberes Wasser dort aufbereiten wollen, wo es am dringendsten benötigt wird. Dank Amfar gibt es neue lebensrettende Aidsmedikamente wie Nevirapine: Damit können HIV-positive Frauen Kinder gebären, die nicht Aids haben. Das Problem ist aber, dass es in vielen Ländern kein sauberes Wasser gibt und also HIV-negative Babys entweder HIV-infizierte Muttermilch oder Grubenwasser trinken! Viele sterben. Die Menschen brauchen Pulvermilch und sauberes Wasser.

Was für Zustände haben Sie in Uganda angetroffen?
Ich war in den Flüchtlingslagern, von denen manche behaupten, es gebe sie nicht. Ich will Ihnen gern sagen, dass sie sehr wohl existieren; ich war dort. Ich würde in diesen Lagern jeden in den Arm nehmen, jeden berühren, umarmen und küssen wollen, weil mich ihre Situation so sehr berührt. Aber selbstverständlich geht das nicht, es wäre zu gefährlich. Es gibt Tuberkulose, Typhus und Cholera.

Beurteilen Sie heute die Medienberichterstattung aus Uganda anders als vor Ihrem Aufenthalt in den Lagern?
Ganz klar ja. Wenn es heisst, die Menschen haben dort nichts zu essen, heisst das: null und nichts, Tag für Tag.

Zurück zur Schauspielerin Sharon Stone. Was sind Ihre nächsten Filmprojekte?Gerade habe ich eine wirklich herausfordernde, faszinierende Rolle im Film «Satisfaction» gespielt. Und in London und Rom gedreht.

Wovon handelt der Film?
Ich spiele eine Cougar, eine reifere Frau, die mit einem ehemaligen Callboy zusammenlebt und diesen unterstützt. Bis ihre Liebe ins Wanken gerät, weil ihr junger Lover wieder Angebote von der Agentur vermittelt bekommt, die er nicht ausschlagen will. Und die Heldin nicht mehr genau weiss, wo sie steht, was sie will.

Wonach streben Sie?
Einfach danach, weiterhin an das Gute zu glauben.

Welches ist das schönste Wort oder die schönste Redensart in Ihren Ohren?
«Kinder» ist das schönste Wort. Und ich habe immer schon die Redensart geliebt: «Meine Kerze brennt an beiden Enden. Sie wird die Nacht nicht überdauern, aber ach, meine Freunde, und oh, meine Feinde, sie wirft ein wunderschönes Licht.»

Wie bringen Sie alles ins Gleichgewicht: Ihr Leben, Ihr Muttersein, Ihre Karriere?
Liebe, Gebet, Meditation. Und wissen, dass es okay ist, manchmal zu weinen.

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