Leben
Die Selbstständigkeit hat ihren Preis: Vera Daucher mit Papeterie Daucher
- Text: Annik Hosmann; Foto: Basil Stücheli
Vera Daucher (45), Bern, Gründerin der Papeterie Daucher über ihre Wahl zur Selbstständigkeit: «Ich habe Existenzängste, wenn an einem Tag nur vier Kunden vorbeikommen».
«Es mag unlogisch erscheinen, in Zeiten wie diesen, in denen alles digitalisiert wird, eine Papeterie zu eröffnen. Für mich als gelernte Grafikerin aber war die Rückkehr vom Digitalen zum Analogen ein logischer Schritt. Denn eine Papeterie mit ihren schönen Papieren, Büchern und den Schreibgeräten liegt der Grafik, wie ich sie gelernt habe, nahe.
Ich war lange in einer Werbeagentur tätig, diese setzte aber zunehmend auf Film und Webdesign, was mir zu virtuell wurde. Ich mag es, am Ende ein Produkt in den Händen zu halten. Meine jüngste Tochter war damals erst vier Jahre alt, trotzdem beschlossich, mir etwas Eigenes aufzubauen. Ich weiss nicht, ob ich diesen Mut noch einmal aufbringen würde.
Der Zufall wollte es, dass zur selben Zeit, als ich aufbrach, meine Eltern planten, ihr Lebenswerk zu verkaufen. Sie hatten über dreissig Jahre ein eigenes Küchengeschäft in der Berner Altstadt geführt. Ich wusste, dass ich es nicht übernehmen wollte. Durch seinen Verkauf gewann ich aber das Startkapital für meine Papeterie.
Ich war damals wie heute alleinerziehend, die Selbstständigkeit nie einfach ein Hobby. Und ja, ich bekomme manchmal Existenzängste, wenn an einem Tag nur vier Kunden vorbeikommen, schliesslich habe ich zwei Kinder, die ich ernähren muss. Anfänglich nahm ich deshalb noch viele Grafikaufträge an, nun werden es aber immer weniger.
Ich habe mir einen Traum erfüllt, bezahle dafür aber auch einen Preis. Die Arbeit verschlingt viel Zeit und Geduld, wir haben kein Auto und gehen selten in die Ferien. Die Selbstständigkeit deswegen aufgeben würde ich jedoch nie, das wissen auch meine Kinder. Und sie sind stolz auf mich, wenn jemand sagt: ‹Dein Mami hat so einen schönen Laden.›»