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Schönheitswettbewerb mit Handicap

Schönheitswettbewerb mit Handicap

  • Redaktion: Helene AecherliText: Bettina ZanniFoto: Marco Samuels

Sobald die Miss-Schweiz-Wahl auch Menschen mit Behinderung offen steht, haben wir unseren Job gut gemacht – so Michelle Zimmermann, Initiantin der Miss-Handicap-Wahl.

Michelle Zimmermann, inzwischen gibt es für fast alles eine Miss-Wahl. Warum auch die Wahl zur Miss Handicap?
Weil Menschen mit einer Behinderung eine Botschafterin brauchen, die ihre Interessen charmant vertritt und zeigt, dass auch behinderte Frauen stark und kompetent sind.

Hilft die Miss-Handicap-Wahl, Berührungsängste abzubauen?
Ja, wir zeigen, dass behinderte Frauen grundsätzlich dieselben Bedürfnisse haben wie nicht behinderte. So höre ich zum Beispiel immer wieder den Satz: «Ich habe gar nicht gewusst, dass behinderte Frauen auch tanzen und in den Ausgang gehen. Die könnten wir ja das nächste Mal an unseren Event einladen.» Oder es wird bewusst, dass auch Gehörlose, wie etwa Corinne Parrat, die Miss Handicap 2009, mit Lippenlesen oder Gebärdenspracheübersetzung hervorragend kommunizieren können.

Wie gut kann die Miss Handicap vermarktet werden?
Ihr stehen alle Möglichkeiten offen. In ihrem Amtsjahr besucht sie Galaanlässe wie die Gala von Das Zelt oder den Swiss Award. Auch macht sie Aufklärungsarbeiten, engagiert sich für soziale Projekte, nimmt an Podiumsdiskussionen teil und gibt Autogrammstunden. Oft nehmen Organisationen, Firmen oder unsere Sponsoren die Miss unter Vertrag. Einziges Handicap ist, dass unsere Miss je nach Behinderung nicht ganz spontan für einen Anlass gebucht werden kann, da sie zum Beispiel häufig zuerst abklären muss, ob der Anlass rollstuhlgängig ist oder sie für diesen Abend spät nach dem Anlass noch den Spitex-Dienst beanspruchen kann.

Wie viel verdient eine Miss Handicap?
Im Gegensatz zu einer Miss Schweiz erhält eine Miss Handicap für ihre Auftritte bis anhin meistens nur eine kleine Gage.

Welches sind betreffend Behinderung die Voraussetzungen, um an der Miss-Handicap-Wahl teilzunehmen?
Die Kandidatinnen müssen geburts-, krankheits- oder unfallbedingt eine Sinnes- oder Körperbehinderung haben und dadurch eingeschränkt sein. Nicht bewerben kann man sich, wenn zum Beispiel eine Krankheit im Blut festgestellt wurde, die aber noch keine spürbaren Veränderungen beinhaltet. Bei multipler Sklerose ist zum Beispiel ein gewisser Krankheitsgrad Voraussetzung.

Gibt es eine Behinderung, mit der sich eine Frau für die Wahl nicht bewerben kann?
Für Kandidatinnen mit geistigen und psychischen Behinderungen fehlt uns leider die Kapazität. Unsere Missen wollen aber auch diesen Frauen eine Stimme geben.

Warum wird die Miss-Handicap-Wahl nicht wie die Miss-Schweiz-Wahl im Fernsehen übertragen?
Das würde ich mir wünschen. Vielleicht ist unsere Organisation zu jung oder die Hemmschwelle trotz allem noch zu hoch.

Müssten sich behinderte Frauen nicht auch für die Miss-Schweiz-Wahl bewerben können, um vollständig integriert zu sein?
Noch so gern. Wenn es so weit ist, haben wir unseren Job gut gemacht. Die Frage wäre dann, ob die Siegerin eine Botschafterin für Menschen mit Behinderung oder eine Miss Schweiz ist. Aber wenn die Siegerin nur schon einmal auf dem Cover einer Frauenzeitschrift erschiene, wäre dies ein schöner Schritt in Richtung Integration.

Wie gehen behinderte Frauen mit dem Streben nach makelloser Schönheit um?
Ich kann nur von mir selber sprechen. Ich habe viele Wunden, stark vernarbte Hände und keine Fingernägel. Wenn ich höre, wie Kolleginnen an ihren Nägeln herummeckern, weil sie ihren kleinen Nagel hässlich finden, macht es mich manchmal etwas wütend und traurig. Letztlich habe ich aber Verständnis dafür. Menschen ohne Behinderung haben nun einmal andere Massstäbe. Für jeden gibt es immer etwas noch Schlimmeres.

Michelle Zimmermann (31), Initiantin und Organisatorin der Miss-Handicap-Wahl, die 2009 zum ersten Mal durchgeführt wurde, leidet an der Hautkrankheit Epidermolysis bullosa dystrophica. Für 2012 plant sie mit ihrem Team erstmals eine Miss-Wahl und eine Mister-Handicap-Wahl. Tickets für die Wahlnacht am 8. Oktober im KKL Luzern gibts auf www.misshandicap.ch. Für die
Favoritinnen kann bereits per Post oder SMS gestimmt werden. Details dazu gibts auf der Miss-Handicap-Website.

Erfolgreiche Missen

  • Corinne Parrat wird seit ihrem Sieg 2009 weiterhin für Tagungen und Events engagiert. Sie hat das Patronat von Die Charta, welche Chancengerechtigkeit in der Arbeitswelt für Menschen mit einer Behinderung fördert. Die Basler Kantonalbank buchte sie für eine Werbekampagne. Ausserdem spielte Parrat kürzlich im Stück «Gottes vergessene Kinder» die Hauptrolle und plant Fotografieprojekte. Daneben arbeitet sie als KV-Angestellte.
  • Miss Handicap 2010, Jasmin Rechsteiner, ist bis zur Wahlnacht für verschiedene Anlässe und Projekte unterwegs. Sie trat etwa für das Blaue Kreuz auf und hielt in Wiedlisbach BE eine 1.-August-Ansprache. Gleichzeitig ist Rechsteiner als Sozialversicherungsfachfrau tätig.