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Schlagersängerin Beatrice Egli: Musik macht glücklich

Schlagersängerin Beatrice Egli: Musik macht glücklich

  • Redaktion: Frank Heer; Fotos: Gian Marco Castelberg

Wir waren an einem Konzert von Beatrice Egli. Bei ihr ist Glück Programm, und dafür lieben sie die Fans. Die Schlagersängerin über heile Welten und echte Songtexte.

Ich bin schon fast überall aufgetreten: an Hochzeiten, Dorffesten, Geburtstagen. Ich habe in Einkaufszentren gespielt, wo die Leute achtlos an mir vorbeiliefen, und in halbleeren Festzelten. Die Musik kam meistens vom Band, und ich sang dazu, oft bekannte Songs von bekannten Künstlern. Kaum jemand wusste, wer ich war. Glamourös war das nicht, aber es hat mich dahin geführt, wo ich heute bin.
Oft sind es Momente des Zweifels, die einen weiterbringen, stärker machen. Zeiten, in denen einem wenig gelingt und man sich fragt, was das alles soll. Heute weiss ich: Zu einer Karriere gehört eben auch, dass man hinfällt, Wettbewerbe verliert oder mässige Konzerte spielt.

Ich lebe seit etwa zwei Jahren von meiner Musik. Vorher arbeitete ich als Coiffeuse und in der Metzgerei meiner Eltern in Pfäffikon. In Hamburg absolvierte ich die Schauspielschule, weil ich ein Handwerk erlernen wollte, das mich in meiner Gesangskarriere unterstützt. Durch das Theater erfährt man viel über sich selber. Wer bin ich? Was will ich? Wohin möchte ich in meinem Leben? Unsere Reise hört ja nie auf, man entwickelt sich ständig, verändert sich, im Positiven wie im Negativen. Die Schauspielschule hat mich in meine frühen Kindheitsjahre zurückgebracht, zum Ursprung des Lebens, und von dort wieder zurück in die Gegenwart. Sie lehrte mich, bewusster und intensiver mit Worten, dem Gesang, dem Körper umzugehen. Man muss sich selber kennen, bevor man in fremde Rollen schlüpfen kann.

Meine Mitstudenten reagierten mit Erstaunen: Was, du singst Schlager?! Das war für die meisten schon eher fremd, gerade im hippen Hamburg, wo so viele Künstler und Musiker und Schauspieler leben. Und da komm ich, das Mädchen vom Zürichsee, und steh auf Schlager! Aber das war schnell kein Thema mehr. Warum auch? Es geht doch nicht darum, was man macht, sondern wie man es macht. Nur weil ich Schlager singe, heisst das nicht, dass meine Karriere einfach so passiert wäre. Ich habe mir mein Publikum über Jahre erkämpft. Ob Rockmusik, Theater oder Schlager – am Ende gehört mein Respekt jenen Künstlern, die es geschafft haben, sich eine Fangemeinde aufzubauen.

Ich bin in einer heilen Welt aufgewachsen. Das Ländliche, die Berge, der See, meine Familie und Freunde. Vermutlich würde meine Musik anders klingen, wäre ich in der Bronx und nicht in Pfäffikon geboren. Es stimmt schon, der Schlager verkörpert eine idealisierte Welt. Ich weiss, dass das Leben Schatten wirft. Die Welt ist weder heil noch perfekt. Meine Konzerte machen sie auch nicht besser, aber sie geben meinen Fans für ein paar Stunden ein gutes Gefühl. Das macht mich glücklich, denn ich weiss, dass Glück keine Selbstverständlichkeit ist. Wer zufrieden ist, kommt mit schwierigen Situationen besser zurecht.

Meine Musik gibt mir Kraft. Sobald ich auf der Bühne stehe, vergesse ich alles um mich herum. Ich kann meinen Gefühlen freien Lauf lassen, bin ganz ich selber. Ich habe mich in anderen Musikstilen versucht, Englisch gesungen, aber da fühle ich mich weniger frei. Klar, als Teenager habe ich Britney Spears gehört oder die Backstreet Boys, aber mein Herz schlug für Schlagerstars wie Michelle, Nella Martinetti oder Brunner & Brunner.

An der Schauspielschule habe ich Schiller und Büchner und Ibsen gespielt. Manchmal habe ich mir an ihren Werken die Zähne ausgebissen, weil ich sie nicht immer verstanden habe. Dagegen klingen meine Liedtexte vielleicht banal. Aber Schlager muss nun einmal verständlich sein. Für mich besteht ein guter Schlagertext in der Kunst, Gefühle auf unverfälschte Weise zu vermitteln. Natürlich sollen sie auch Tiefe haben, aber die Worte müssen echt klingen. So, wie ich mich ausdrücke, und nicht wie ein Schriftsteller oder Dichter. Ich kann es selbst kaum fassen, dass einige meiner Songs schon über eine Million Mal auf Youtube angeklickt wurden. Für die nächsten Wochen stehen 35 Interviews an. Ich gebe über 150 Konzerte pro Jahr und habe erreicht, wovon ich immer träumte. Die Arbeit hört nicht auf, wenn man berühmt ist und in ausverkauften Hallen spielt. Jedes neue Album, jedes Konzert ist eine Herausforderung. Im Moment brennt das Feuer noch, aber es kann auch schnell erlöschen.

Erfolg kennt keine Formel. Vielleicht die Formel, dass es keine Formel gibt. Für einen Hit muss man den richtigen Moment erwischen. Die richtige Zeile mit der richtigen Melodie verknüpfen. Wenn man sich hinsetzt und es versucht, klappt es meistens nicht. Und dann, wenn man es nicht erwartet, fliegt einem diese Melodie zu. Beim Autofahren oder Zähneputzen. Dann nehme ich mein Handy und singe sie hinein. So ist das Leben: Die besten Ideen kommen, wenn man sie am wenigsten erwartet.

Konzertbesuch in Freiburg

Wie viel Glücksbeschwörungen erträgt der Mensch? Es kommt drauf an. Das Publikum, das im November ins Konzerthaus in Freiburg im Breisgau gekommen ist, um die Schweizerin Beatrice Egli (26) zu hören, erträgt vermutlich mehr, als die Menschen, die sich eine Woche später im selben Theater zum 24. Freiburger Infektiologie- und Hygienekongress einfinden (was nicht heisst, dass es unter den Immunologen keine Fans von Beatrice Egli gäbe!).

Das Konzert beginnt pink – eine Farbe, auf die man allergisch reagieren könnte, wäre es nicht die ansteckend sympathische Beatrice Egli, die im rosa Kleid ihren Traum aus Kinderzimmertagen lebt. Auf hohen Hacken, flankiert von elastischen Tänzern in Gymnastikklamotten. Der Pianist schmunzelt, der Schlagzeuger grinst, und der Gitarrist, ein tätowierter Typ mit Modebart und Jimi-Hendrix-Shirt, legt sich gut gelaunt ins Zeug. Scheinwerferkegel irren durch den Saal, die Kickdrum klopft im Viervierteltakt.

Ihr drittes Album ist gerade mal zwei Wochen alt, doch das Publikum singt jede Zeile mit: «Total perfekt, total genial, so will ichs hunderttausend Mal.» Das sind mehr als Lippenbekenntnisse. Das sind Liebeserklärungen von Fans, die von Anfang bis Ende den Takt mitklatschen: Teenager und Opas mit Hörgeräten, flotte Damengrüppchen und einsame Männer mit Schnauz und Bauchansatz; Menschen in Rollstühlen und ganze Familienbande. Sie sind hier, um ihren gemeinsamen Nenner zu feiern: Beatrice Egli, den Schlagerstar aus der Schweiz!

Konzerte: www.universal-music.de/beatrice-egli

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1.

«Im Moment brennt das Feuer noch»

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