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Rammstein: Was das Schlimmste an der ganzen Sache ist

Zeitgeist

Rammstein: Was das Schlimmste an der ganzen Sache ist

Etliche junge Frauen werfen dem Rammstein-Frontmann Missbrauch vor. Der Fall Till Lindemann zeigt: Alles beim Alten im Patriarchat. Ein Kommentar von Marie Hettich.

Wenn ihr das nächste Mal an einem Tisch sitzt und euch anhören müsst, den Frauen heute gehe es doch prima: Kommt auf den Fall Till Lindemann zu sprechen. Denn daran scheint so einiges abzulesen sein, was es bedeutet, nach wie vor in einem sexistischen System zu leben, in dem weisse cis hetero Männer die Macht haben – und diese auch immer wieder missbrauchen.

Nämlich:

1. Weiblich gelesene Personen werden als Objekte gehandelt, die über ihre Körper nicht selbst bestimmen dürfen.

2. Wenn weiblich gelesene Personen zu Opfern werden, wird ihnen nicht geglaubt – oder ihnen wird die Schuld dafür gegeben («Groupies wollen doch Sex mit ihren Stars!» «Selbst schuld, wenn sie mitgegangen ist!» «Selbst schuld, wenn sie sich so anzieht!» «Selbst schuld, wenn sie so besoffen war!»).

3. Wenn Opfer sich wehren, werden Vorwürfe in der Regel zurückgewiesen – und für viele wird dann alles nur noch schlimmer. Die Anwälte von Till Lindemann haben angekündigt: «Wir werden wegen sämtlicher Anschuldigungen dieser Art umgehend rechtliche Schritte gegen die einzelnen Personen einleiten.» (An dieser Stelle empfehle ich unser Interview mit Miriam Suter und Natalia Widla zum Umgang mit sexualisierter Gewalt in der Schweiz).

4. Das Werk und der Künstler werden gern fein säuberlich voneinander getrennt – selbst im Falle eines Gedichts, das die Vergewaltigung unter K.-o.-Tropfen feiert. Gedichte wie dieses gelten als «Kunst».

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«Auch im Fall Till Lindemann muss es schwindelerregend viele Mitwissende gegeben haben»

Und 5. – das ist der heftigste Punkt: Männer, die ihre Macht missbrauchen, müssen dies kaum verstecken, weil ihnen in ihrem Fehlverhalten nicht wirklich widersprochen wird.

«So ist er halt!» «Schwamm drüber!» «Geht mich doch nichts an!»: Ähnlich wie bei den Paradebeispielen Harvey Weinstein oder Jeffrey Epstein sieht es auch im Fall von Till Lindemann schwer danach aus, dass es schwindelerregend viele Mitwissende und Mittäter:innen gegeben haben muss.

Und die Rammstein-Fans? Na, die sind grösstenteils natürlich weiterhin Fans – und strömten am Mittwoch bereits schon am Nachmittag zu Zehntausenden ins Münchner Olympiastadion. Eines von insgesamt vier Konzerten in der bayrischen Hauptstadt – und eines von etlichen weiteren der Europa-Tour, die, Stand jetzt, allesamt stattfinden.

«Alles wie gehabt» titelte eine lokale Zeitung. Wetten, dass es nächste Woche in Bern im ausverkauften Stadion Wankdorf ganz ähnlich ablaufen wird?

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