Redaktorin Stephanie Hess fordert: Kürzere Arbeitstage zu gleichem Lohn! In ihrem Kommentar zeigt sie auf, welche Benefits dieser Wandel mit sich bringen könnte.
Zurück aus der fünfmonatigen Babypause mit meinem zweiten Kind fragen meine Arbeitskolleginnen: Wie fühlt es sich an? Ich überlege und realisiere: Gut. Ich war traurig über den Abschied von dieser so tiefgreifenden Zeit. Gleichzeitig stelle ich aber fest, dass ich es mag, wieder beides in meinem Leben zu haben: Familie und Beruf. Den Fünfer und das Weggli, würden manche sagen. Treffender ist aber wohl: den Stress und den Teilzeitlohn.
Welches Arbeitspensum zuhause und im Büro wann für welche Mutter und welchen Vater stimmt, ist – wir wissen es – völlig unterschiedlich. Gemein ist aber wohl den allermeisten Eltern: Grundsätzlich möchten sie Zeit mit ihren Kindern verbringen. Gleichzeitig ist es für sie schlicht notwendig, Geld für die Familie zu verdienen. Nun nehmen diese zwei Lebensbereiche aber beide für sich so viel Platz ein, dass man schnell Gefahr läuft, dazwischen zermalmt zu werden.
Was also würde helfen? Betrachte ich meine aktuelle Situation und rede ich mit anderen Eltern kleiner Kinder, kristallisiert sich eine Idee heraus, der in puncto Vereinbarkeit eine bahnbrechende Wirkung zugeschrieben wird, und zwar in alle gesellschaftlichen Schichten hinein: Kürzere Arbeitstage bei gleichem Lohn. Ein Sechs-Stunden-Arbeitstag könnte etwa bedeuten, dass man mit Pause von 8 bis 15 Uhr arbeitet. Und dann Zeit hat, um einzukaufen, zu kochen, Kinder oder kranke Angehörige zu betreuen, eine Joggingrunde zu drehen, sich politisch zu engagieren oder Freund:innen zu treffen.
«Der Wiedereinstieg für Mütter wäre einfacher»
Dass der Tag heute zu wenig Stunden hat, ist nicht nur ein Gefühl. Unser Erwerbsarbeitsvolumen basiert nämlich auf einer falschen Rechnung: Als die Arbeiter:innen Anfang des 20. Jahrhunderts für eine Arbeitszeitverkürzung kämpften, lautete ihr Slogan: «Acht Stunden Arbeit, acht Stunden Freizeit, acht Stunden Schlaf».
Diese Formel unterschlage aber einiges, schreibt Teresa Bücker in ihrem kürzlich erschienen Buch «Alle_Zeit: Eine Frage von Macht und Freiheit». Insbesondere die Care-Arbeit, für die Eltern heute in der Schweiz laut Bundesamt für Statistik täglich mehrere Stunden aufwenden. Den grössten Teil davon schultern noch immer die Frauen.
Dieselbe Produktivität bei kürzerer Arbeitszeit
Eine reduzierte Arbeitszeit wird aktuell auch in einer Motion auf Bundesebene zur Debatte gestellt. Das Parlament der Stadt Zürich hat gerade ein entsprechendes Pilotprojekt für städtische Angestellte gutgeheissen. In einigen Ländern, etwa in Island, liefen bereits Versuche. Und diese zeigten, dass die Produktivität bei kürzerer Arbeitszeit gleich blieb, weil es weniger Leerlauf gab. Zudem wurden die Menschen zufriedener und erkrankten weniger oft an Erschöpfungsdepressionen.
Nicht zuletzt könnten verkürzte Arbeitstage den Fachkräftemangel entschärfen: Der Wiedereinstieg für Mütter, die dem Arbeitsmarkt aus Vereinbarkeitsgründen den Rücken gekehrt hatten, wäre einfacher. Mütter und Väter könnten leichter gleichberechtigt beides tun – erwerbsarbeiten und care-arbeiten. Das wäre dann wirklich der Fünfer und das Weggli.
Ich bin 80. Um Beruf, Kinder uns alte Eltern unter einen Hut zu bringen gab es nur eine Lösung. Das war Büroschluss um 16 Uhr und abends nach dem Nachtessen, dreimal die Woche um 20 Uhr noch einmal 2 Stunden ins Büro. Da ich Spaß an der Arbeit war das die Lösung und keiner litt darunter außer dem Fernsehapparat.