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Gerichtsurteil: Ringier muss Jolanda Spiess-Hegglin knapp 600’000 Franken zahlen

Gerichtsurteil: Ringier muss Jolanda Spiess-Hegglin knapp 600’000 Franken zahlen

Das Zuger Kantonsgericht hat Jolanda Spiess-Hegglins Klage gegen das Medienhaus Ringier mehrheitlich gutgeheissen, wie dem nun veröffentlichten Urteil zu entnehmen ist. «Ein Meilenstein im Medienrecht», sagt Anwältin Rena Zulauf.

Jolanda Spiess-Hegglin sagt: «Ich muss mich immer wieder kneifen, um zu verstehen, dass es real ist.» Rund 600’000 Franken inklusive Zinsen muss ihr das Verlagshaus Ringier AG bezahlen, nachdem es vor rund zehn Jahren vier persönlichkeitsverletzende Artikel über sie publiziert hatte. Das hat das Zuger Kantonsgericht erstinstanzlich entschieden.

Wie dem mit einer Sperrfrist belegten Urteil vom 22. Januar 2025 zu entnehmen ist, heisst es Jolanda Spiess-Hegglins Klage auf Gewinnherausgabe mehrheitlich gut. Beim Geld handelt es sich sodann nicht um Schadensersatz oder Genugtuung. Sondern um den vom Gericht errechneten Gewinn, den das Medienhaus mit vier Beiträgen über Jolanda Spiess-Hegglin im «Blick» und «Blick am Abend» erwirtschaftet haben soll.

Sie trugen Titel wie «Jolanda Heggli zeigt ihr Weggli» oder «Sex-Skandal in Zug: Alles begann auf der MS Rigi» und haben Jolanda Spiess-Hegglins Persönlichkeitsrechte verletzt, wie gerichtlich bereits vorher festgestellt worden war.

Es war das erste Mal, dass ein Gericht in der Schweiz darüber zu entscheiden hatte, wie viel Geld ein Medienhaus mit ebensolchen persönlichkeitsverletzenden Artikeln verdient hat. Wie es schliesslich auf die Beträge jedes einzelnen der vier eingeklagten Artikel gekommen ist, legte das Zuger Kantonsgericht im 57 Seiten umfassenden Urteil, das annabelle vorliegt, detailliert dar.

Das Gericht folgte dabei über weite Strecken den Berechnungen, die Medienexperte Hansi Voigt für Jolanda Spiess-Hegglin aufgestellt hatte. Diese ergaben bei den eingeklagten vier Artikeln einen mutmasslich erwirtschafteten Gewinn von rund 300’000 bis 430’000 Franken. Festgelegt wurden nun rund 300’000 Franken. Zusätzlich muss Ringier die Zinsen und weitere Kosten tragen, was am Ende einen Betrag von zirka 580’000 Franken ergibt.

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«Die zurückgegebenen Gewinne werden gerade mal die Anwaltskosten decken»

«Das Urteil ist ein Meilenstein im Medienrecht. Es bekräftigt den Rechtsgrundsatz ‹Unrecht darf sich nicht lohnen›», lässt sich Jolanda Spiess-Hegglins Anwältin zitieren.

Auf Anfrage schickt Ringier ein Statement von Ladina Heimgartner, CEO Ringier Medien Schweiz: «Die Höhe des zugesprochenen Gewinnherausgabeanspruchs steht in keinem Verhältnis zum effektiv erzielten Gewinn, den Ringier dem Gericht im Detail offengelegt und mit einem Gutachten von PwC belegt hat.» Ringier kündigt an, das Urteil beim Obergericht des Kantons Zug anfechten.

Ladina Heimgartner schreibt ausserdem: «Dieses Urteil gefährdet die Medienfreiheit in unserem Land: Journalistinnen und Journalisten werden unter diesen Vorzeichen das ‹Risiko› einer personenbezogenen Berichterstattung kaum mehr eingehen wollen.»

Dazu sagt Jolanda Spiess-Hegglin: «Diese Artikel-Kampagne hatte nichts, aber auch gar nichts mit Journalismus zu tun. Es ging immer nur darum, auf unsere Kosten Geld zu verdienen.»

Wie sich diese Weise der Berichterstattung auf ihr Leben ausgewirkt hat, darüber erzählte sie im November 2024 annabelle in einem Exklusiv-Interview zum Erscheinen ihres Buches «Meistgeklickt».

Bei den vier eingeklagten Artikeln handelt es sich nur um einen Bruchteil der rund 150 Beiträgen, die auf «Blick», «Blick am Abend» sowie den Webseiten – mutmasslich ebenso in persönlichkeitsverletzendem Wortlaut – über Jolanda Spiess-Hegglin veröffentlicht worden sind. Rechnet man das nun mit dem vom Gericht bestätigten Verfahren auf, kommt man auf einen Betrag von mehr als 10 Millionen Franken.

Dazu äussert sich Jolanda Spiess-Hegglin erstmal zurückhaltend: «Bis jetzt werden die zurückgegebenen Gewinne gerade mal die Anwaltskosten decken. Für die weiteren Artikel: schauen wir mal. Jeder wird einzeln bemessen.»

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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