Politik
Das neue Heft ist da: Chefredaktorin Barbara Loop über die US-Wahlen
- Text: Barbara Loop
- Coverbild: Carlos Folmo; Foto: annabelle
Ab heute liegt die neue annabelle am Kiosk. Lest hier das Editorial von Chefredaktorin Barbara Loop.
Bestimmt erinnerst du dich an den Morgen des 9. November 2016, als du hier in Europa erwachtest und realisiertest, dass Donald Trump zum Präsidenten der USA gewählt wurde. Es war ein Moment, den man fortan historisch nannte.
Ich war damals mit meiner ersten Tochter schwanger, voller Zuversicht und überzeugt, dass mein Kind in einer Welt aufwachsen würde, in der auch Frauen den vermeintlich wichtigsten Job der Welt innehaben können. Stattdessen lernte das Kind, dass Lügen einen weit bringen.
Wäre die Wahl damals anders ausgegangen, hätte man ebenfalls von einer historischen Wahl gesprochen. Die erste Präsidentin Amerikas! Man hätte den Sieg der Frauen gefeiert, selbst wenn Clinton als Vertreterin des weissen Establishments längst nicht alle feministischen Lager hinter sich scharen konnte.
«Am 5. November wird die US-Bevölkerung über die Zukunft der Demokratie abstimmen»
Nun ist die erste US-Präsidentschaft einer Frau einmal mehr in greifbarer Nähe. Doch anders als Hillary Clinton damals betont Kamala Harris ihr Geschlecht selten. Das heisst natürlich nicht, dass es ihren Wahlkampf nicht bestimmen würde: Harris weiss gekonnt mit den Fallstricken für Frauen umzugehen und balanciert meisterhaft zwischen Dominanz und Fürsorge – eine Balance, die vielen Männern mit politischen Ambitionen gut stehen würde. Doch am 5. November wird die US-Bevölkerung nicht zwischen einem Mann oder einer Frau wählen, sie wird über die Zukunft der Demokratie abstimmen.
Wenn der Umstand, dass Kamala Harris eine Frau ist, keine dominante Rolle spielt in diesem Wahlkampf, so tut es doch das Geschlecht ihrer Wählerschaft. Zwar kann sich auch Trump auf die Unterstützung vieler Frauen verlassen. Jüngst warb er mit der offensichtlich von ihm orchestrierten Biografie seiner Frau Melania sogar bei den Gegnerinnen des Abtreibungsverbots, das er verantwortet, um Wählerstimmen.
Aber viele Frauen, non-binäre und trans Menschen sehen in Harris’ Kandidatur die Chance auf den Umschwung. Kamala steht für eine Gesellschaft, in der Minderheiten geschützt und Menschen weder aufgrund ihrer sexuellen Orientierung noch Geschlechtszugehörigkeit diskriminiert werden – und Frauen über ihren Körper selbst bestimmen können.
Wir haben den Swing State Pennsylvania besucht und nach der Hoffnung gefragt, die Frauen in Kamala Harris setzen. Auch mit dem Ziel, den USA ein anderes Gesicht zu geben. Denn die Wutbürger, die hasserfüllten Männer, prägten viel zu lange das Bild Amerikas. Es ist an der Zeit, dass wir auch die Frauen sehen – und die Hoffnung.
Herzlich,
Barbara Loop
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