Paparazzi: Scharf auf Promis
annabelle-Chefredaktorin Silvia Binggeli erzählt, was sie an Paparazzi so gar nicht ausstehen kann und wann sie selbst zur Paparazza wird.
Eine Geschichte über Paparazzi? Bitte nicht!, war meine erste Reaktion, als der Vorschlag auf dem Tisch lag, den erfolgreichsten Prominentenfänger in London zu begleiten. Ich mag die Vorstellung nicht, Kameras in den unpassendsten Momenten schamlos in Gesichter von Celebritys zu drücken. Ich erinnere mich noch genau, wo ich war, als am Radio verkündet wurde, dass Prinzessin Diana in Paris auf der Flucht vor Paparazzi tödlich verunfallt war. Paparazzi wurden zu gewissenlosen Unmenschen erklärt. Ich war einverstanden mit dem Urteil.
Nur: Magazine mit Paparazzibildern verkaufen sich immer noch wie verrückt. Wir wollen Berühmtheiten unvorteilhaft im Bikini sehen oder ungelenk auf den Ski. Ab und an wollen wir die Stars vom Sockel herun- terholen, auf den wir sie höchstpersönlich gestellt haben. Die Makel anderer lenken so schön von den eigenen Unzulänglichkeiten ab.
Unsere Autorin Yvonne Eisenring ist der Hassliebe zwischen Jäger und Gejagten nachgegangen. Beim Lesen ihres Artikels habe ich die Paparazza in mir erkannt, denn so einige Schnappschüsse von bekannten Menschen besitze auch ich: Tina Turner, Harry Belafonte, Robbie Williams, Cara Delevingne. Teuer verkauft habe ich die Bilder nicht. Aber ich wollte den Moment festhalten, als schöne Erinnerung an spannende Gespräche, einmalige Begegnungen – und als Trophäe in meinem Fotoarchiv. Bei manchen, etwa Leonardo Di Caprio, den ich nur kurz beim Vorbeigehen an einer Gala traf, bin ich mir nicht sicher, wie begeistert sie von meiner Schnappschussaktion waren.
Wo also liegen die Grenzen? Stars lassen sich für öffentliche Auftritte satt bezahlen, sie spielen auch neben der Bühne eine Rolle, um im Gespräch zu bleiben. Bedauern muss man sie nicht, dass sie bestürmt werden, während sie sich exponieren. Unser Interesse ehrt sie auch. Doch darf aus Neugier nicht Häme werden, selbst wenn die Stars mittlerweile zur Selbstvermarktung alles mögliche Private von sich auf Instagram posten: Wenn sie wirklich mal privat unterwegs sind oder verschlafen durch eine Flughafenhalle stolpern, hat man sie gefälligst nicht mit einer Kamera zu belästigen. Für mich jedenfalls ist Paparazza auch künftig sicher kein beruflicher Plan B. Die meisten meiner Bilder sind sowieso unscharf.