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Pädosexualität – Aktenzeichen WWW

Pädosexualität – Aktenzeichen WWW

  • Text: Anja BrogerBild: SXC

Pädokriminelle suchen vor allem in Chats nach minderjährigen Opfern. Ein verdeckter Ermittler packt aus.

Der Fall

Drei Wochen lang hatte der 42-jährige pädosexuelle Mann das Mädchen im Chat angebaggert. Obwohl er wusste, dass es minderjährig war, wollte er Sex mit ihm. Am 27. März dieses Jahres, es war ein Dienstag, sollte es so weit sein: Er verabredete sich mit dem Mädchen in der Zuger Altstadt. Doch am Treffpunkt wartete keine Schülerin, sondern die Polizei. Die 13-jährige Anna aus dem Chat war in Wirklichkeit ein verdeckter Ermittler der Zuger Kantonspolizei, Schwerpunkt Sexualdelikte. Der Täter, verheiratet und wegen gleicher Delikte bereits vorbestraft, wurde verhaftet.

Alfred Zuber *, Sie waren der verdeckte Ermittler der Zuger Kantonspolizei, dem der Pädosexuelle im Internet-Chat auf den Leim gegangen ist. Wie häufig gelingt Ihnen so ein Coup?
Ein- bis zweimal pro Jahr. Würde ich diese Arbeit zu hundert Prozent machen, wären es mindestens zwei Täter pro Monat.

Wie leicht ist es, in Chatrooms einen Kontakt aufzubauen?
Wenn ich mich als Mädchen oder Junge ausgebe, dauert es meist nur zwei bis drei Sekunden, bis mich jemand anschreibt. Und es dauert zwei Minuten, bis ich sexuell angemacht werde, obwohl ich gesetzlich verpflichtet bin, passiv zu bleiben.

Was heisst das?
Ich darf keine anzüglichen Nicknames verwenden wie «suesse12w» oder «tangalady». Ich muss warten, bis mich jemand anchattet, darf also weder von mir aus mit jemandem in Kontakt treten noch etwas Sexuelles von mir geben. Provozieren ist nicht erlaubt. Das Interesse an einem Treffen und an sexuellen Aktivitäten mit mir muss allein vom Gegenüber kommen. Vor Gericht sind diese Punkte später sehr wichtig.

Erschreckt es Sie, wie schnell Männer anbeissen?
Nein. Aber es erstaunt mich immer wieder, wie schnell man als Kind, trotz mehrfachem Erwähnen der Minderjährigkeit, von erwachsenen Personen mit einer stark sexualisierten Sprache angechattet wird.

Was wollen diese Männer als Erstes von einem Mädchen wissen?
Wie alt es ist. Danach kommen schnell weitere Fragen wie zum Beispiel: «Wie siehst du aus?», «Trägst du bereits einen BH?», «Hast du unten schon Haare?», «Hast du es dir schon mal selber gemacht?», «Hättest du Interesse, darf ich dir zeigen wie?».

Sie müssen im Chat als junges Mädchen oder Bub glaubwürdig wirken. Sind Sie nie aufgeflogen?
Nein. Aber man lernt aus Erfahrung. Ich wurde einmal von einem Mann gefragt, wie gross mein Busen schon sei. Natürlich kannte ich mich damit nicht aus und musste erst im Internet die kleinste Körbchengrösse recherchieren.

Welcher Typ Mann ist der gefährlichste im Internet-Chat?
Der sogenannte Kernpädophile. Diese Menschen haben es ausschliesslich auf Kleinkinder und junge Mädchen und Buben abgesehen. Um ihnen näherzukommen, bauen sie strategisch eine Beziehung mit dem Kind auf. Oft benutzen sie dafür auch die Mutter, gaukeln ihr eine Liebesbeziehung vor, um an das Kind heranzukommen.

Wollen Pädosexuelle bloss Stoff für ihre Fantasien, oder wollen sie diese ausleben?
In der Regel reicht es einem Pädosexuellen nicht, sich nur mit einem Knaben oder einem Mädchen auszutauschen. Die Beziehung ist das Ziel, inklusive sexueller Handlungen. Das Gleiche gilt für den Konsum von Kinderpornografie zur eigenen sexuellen Befriedigung. Es kann sein, dass dies vorerst genügt. Oft kommt jedoch irgendwann das Verlangen nach dem realen sexuellen Erlebnis mit einem Kind.

Werden Sie nicht manchmal rasend vor Wut?
Nie. Ich bin Profi. Ich akzeptiere das Verhalten eines Pädosexuellen in keiner Weise, betrachte ihn aber als eine kranke Person, die einerseits bestraft und der andererseits geholfen werden muss. Kernpädophile sind besonders problematisch, weil sie uneinsichtig sind, keine Reue zeigen, sich für normal halten und sich sogar als Opfer hinstellen.

Es wird fast nur von männlichen Pädosexuellen gesprochen. Hatten Sie auch schon mit einer Täterin zu tun?
Bisher noch nie. Es gibt aber auch Täterinnen. Oft missbrauchen sie ihre eigenen Kinder. Viele Frauen machen sich jedoch eher durch Mittäterschaft strafbar. Sie wissen zum Beispiel, dass ihr Kind vom eigenen Mann sexuell missbraucht wird, schauen aber weg, sei es aus Angst vor Repressalien oder vor anderen Konsequenzen.

Wie können Eltern verhindern, dass ihre Kinder über das Internet mit Pädosexuellen in Kontakt kommen?
Eltern sollten mit dem Kind über seine Chat-Erfahrungen sprechen und ihm erklären, welche Gefahren im Internet lauern und welche Regeln es einhalten muss. Wird ein Kind in einem Chatroom sexuell angemacht, soll es zurückschreiben, dass es dies den Eltern erzählen wird. Unter gar keinen Umständen darf es ein Treffen vereinbaren.

* Name von der Redaktion geändert

– Auf www.filtra.info finden Sie Bewertungen von Filtersoftware, die Kinder und Jugendliche bei der Nutzung des Internets schützen soll
– Auf www.skppsc.ch bietet die Schweizerische Kriminalprävention (SKP) Tipps zu Internet und Chat
– Weitere Seiten zum Thema: www.actioninnocence.org, www.tschau.ch, www.fit4chat.ch, www.safersurfing.ch