annabelle-Produktionsleiter Thomas Wernli fragt sich, was in einem grünen Smoothie eigentlich alles drin ist – und ob Smoothies generell nicht eher etwas für zahnlose Babys sind.
«Gehst du in die Kantine?», fragt mich eine Arbeitskollegin. «Äh, ja, nein, vielleicht. Vielleicht auch nicht.» Es ist Viertel vor eins, mein Magen fände das eine gute Idee. Aber ich kann mich so schlecht entscheiden. Wenn es ums Essen geht. Sonst bin ich schon entscheidungsfreudig, vor allem beruflich. Das machen wir so, das so. Aber was soll ich nur essen? Rösti mit Bratwurst aus der Kantine? Oder doch lieber ein Salätli, wie es oft meine Arbeitskolleginnen essen, oder ein Süppli vom überteuerten Take-away in der Nähe?
Im Restaurant das gleiche Dilemma: Ich starre auf die Speisekarte und kann mich nicht entscheiden. Warum gibt es hier über zwanzig verschiedene Pizzas? Warum dort fünf Menüs? Das quält mich so sehr, dass ich oft vorher im Internet das Angebot studiere und mich für ein Gericht entscheide. Blöderweise schaue ich dann im Lokal nochmals auf die Karte und wähle etwas anderes. Und wenn der Kellner kommt, entscheide ich mich spontan nochmals um. Im Extremfall winke ich ihn kurz darauf zurück und frage, ob ich die Bestellung noch ändern kann.
Ich koche auch gern selber. Von Ghackets mit Hörnli kann mein Mann nie genug kriegen, und wenn ich meinen Risotto mache, schmilzt er dahin wie der Sbrinz auf dem heissen Reis. Doch häufig frage ich mich wie Millionen andere: Was soll ich heute kochen? Dann stöbere ich in Kochbüchern oder im Internet. Kürzlich habe ich auf annabelle.ch ein Rezept entdeckt: Smoothie mit Nüsslisalat.
Schluck! Salat trinken? Da stand: «In einen grünen Smoothie kann man wunderbar Salat mixen.» Okay – aber warum? «So hat man eine Mahlzeit to go – einen flüssigen Zmittag fürs Büro. Ganz ohne Salatsaucenspritzer auf der Bluse.» Nun, Blusen trage ich keine. Seit ich im Supermarkt Basilikum aus der Tube entdeckt habe, erschüttert mich so schnell nichts mehr, weder fancy Foodtrends noch sonderbare Erfindungen der Lebensmittelindustrie. Sogar in unserer Kantine gibts neuerdings Smoothies. Nichts gegen Gemüse und Früchte – aber warum püriert und zum Trinken? In konzentrierter Form wird daraus leicht eine schwer verdauliche Fruchtsäure- und Kalorienbombe.
Trotzdem gelten Smoothies als gesund. Vor allem die grünen. Im Fernsehen habe ich einen Bericht über eine Smoothie-Bar in Tel Aviv gesehen. Was ist denn in diesen grünen drin?, fragte der Reporter. «Alles, was grün ist», erklärte der Mann hinter der Theke. Was grün ist, muss einfach gesund sein. Kiwi, Apfel, Petersilie, Limesaft, Datteln und Cranberrys gehören gemäss Rezept ebenfalls in den Nüsslisalat-Smoothie. Ein Mixgetränk! Also eine perfekte Mahlzeit für jemanden wie mich, der sich nicht entscheiden kann. Und ausserdem: Wahrscheinlich kommt das Wort Gemüse ursprünglich von Mus, also Brei. Aber: Ich bin doch ein Mann und kein zahnloses Baby! Nüsslisalat für mich bitte knackig frisch.
Ich liebe das Essen in Thailand. Nicht nur, aber auch, weil ich mich da nicht entscheiden muss. Man bestellt nach Landessitte von allem etwas, und etwas, das man mag, ist sicher dabei. Und mein Mann kann auf dem Strassenmarkt in Bangkok wieder diesen grünen Drink aus dem Plastikbeutel schlürfen. Was drin ist? Irgendwas Grünes … vielleicht Algen? Bestimmt total gesund.
Nach dem Schreiben dieser Zeilen ist Thomas Wernli nach Thailand abgereist. Er ist Produktionsleiter bei annabelle und schreibt abwechselnd mit Sven Broder und Frank Heer übers Mannsein bei einer Frauenzeitschrift und andere Extremsituationen.