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Mogelpäckli: Vetternwirtschaft oder Bestechung?

Mogelpäckli: Vetternwirtschaft oder Bestechung?

  • Text: Bettina ZanniRedaktion: Helene AecherliFoto: Fotostudio annabelle

Wie du mir, so schenk ich dir: Vom dünnen Grat zwischen Präsent und Bestechung.

Geschenke gibts nicht nur zu Weihnachten, sie gehören auch zum Businessalltag. Doch wo beginnt die Korruption? Anne Schwöbel, Geschäftsführerin von Transparency International Schweiz* weiss die Antwort.

ANNABELLE: Anne Schwöbel, worin besteht der Unterschied zwischen Vetternwirtschaft und Bestechung?
Bei Bestechung profitiert der Geber wie auch der Nehmer. Um Vetternwirtschaft handelt es sich, wenn das persönliche Beziehungsnetz, Ansehen oder Macht ausgenutzt werden, um einen Vorteil zu erhalten. Das Prinzip der Gleichbehandlung wird dabei verletzt.

Ist Vetternwirtschaft weniger schlimm als Bestechung?
Vetternwirtschaft ist eine Vorstufe der Bestechung. Der Geber verlangt zwar keine direkte Gegenleistung. Da er dem Nehmer aber einen Vorteil ermöglicht, befindet dieser sich dadurch in einer Abhängigkeit. Diese Art von Korruption ist schwer nachzuweisen und im Gegensatz zur Bestechung auch nicht strafbar.

Ab wann ist man denn korrupt?
Sobald man von jemandem regelmässig kleine Aufmerksamkeiten akzeptiert, die zum Ziel haben, spätere Entscheidungen zu beeinflussen. Diese Form von Korruption nennt man auch Anfüttern. Bei der Bestechung geht es um eine konkrete Gegenleistung. Ein Beispiel: Entscheidet sich die Chefeinkäuferin für den Hardware-Lieferanten, der ihr bei einem Einkauf zusätzlich einen Flachbildschirm verspricht, lässt sie sich durch die Annahme des Geschenks bestechen.
Was Mitarbeitern konkret erlaubt ist, bestimmen die internen Richtlinien des Unternehmens. Eventuell setzt das Unternehmen einen Grenzwert für Geschenke fest. Beispielsweise erlaubt es den Mitarbeitern, einer Einladung zu einem Mittagessen im Rahmen einer geschäftlichen Angelegenheit zu folgen. Werden sie dann aber auch noch in ein teures Restaurant mit den Ehepartnern und anschliessend zu einem Konzertbesuch eingeladen, verbietet dies die Firma: Solche Einladungen erwecken den Anschein von Korruption.

Bin ich schon korrupt, wenn mir eine Freundin, die Boutique-Angestellte ist, Rabatt auf das Sortiment gibt?
Solange die Angestellte damit die Richtlinien des Geschäfts nicht verletzt, ist es völlig in Ordnung, wenn Sie dort günstiger einkaufen. Jedes Unternehmen definiert selbst, wie die Mitarbeitenden mit Begünstigungen umgehen müssen.

* Transparency International Schweiz setzt sich für die Korruptionsprävention und -bekämpfung in der Schweiz ein. Pro Jahr kommt es hierzulande zu etwa zwölf Verurteilungen wegen Bestechung. Die Aufdeckungsrate von Korruption ist tief. Laut dem Bribe Payers Index (BPI), der die Bereitschaft der Unternehmungen misst, Bestechungszahlungen im Ausland zu leisten, sind Firmen aus China und Russland am korruptesten. Am besten schneiden die Schweiz und die Niederlande ab. Aktive Bestechung wird vor allem in Unternehmen aus dem Bau-, Öl- und Gassektor betrieben, am wenigsten bestechlich sind Landwirtschaft und Leichtindustrie.