annabelle-Autorin Carolina Müller-Möhl fordert weniger Vorschriften in der Kinderbetreuung. Damit würde das Angebot besser und günstiger.
In der Schweiz stehen immer mehr Krippen- oder Hortplätze zur Verfügung. Das ist erfreulich. Doch in der frühkindlichen Betreuung und Förderung gibt es einen Missstand, den es zu beseitigen gilt: die Überregulierung. Selbstverständlich wünschen wir uns für die Betreuung unserer Kinder höchste Qualität. Aber Qualität darf nicht mit Vorschriften verwechselt werden. Insbesondere bei der Anstellung von ausländischem Personal wird dies offensichtlich. Betreiber von Krippen sind auf kompetente Betreuerinnen und Betreuer aus dem Ausland angewiesen, denn in der Schweiz herrscht akuter Fachkräftemangel. Leider hört man aber immer häufiger, dass langwierige Prozesse eine Anstellung erschweren oder unnötig verlangsamen.
Erst kürzlich wurde mir in diesem Zusammenhang folgende Geschichte zugetragen: Eine Stadtzürcher Kita mit 35 Plätzen wollte eine fünfzigjährige Deutsche einstellen. Sie brachte beste Voraussetzungen mit: einen Universitätsabschluss in Pädagogik, diverse Weiterbildungen und über zwanzig Jahre Berufserfahrung mit sehr guten Referenzen als Leiterin einer Betreuungseinrichtung für hundert Kinder. Trotzdem beanstandete die Stadtbehörde die fehlende Schweizer Leitungsweiterbildung und forderte die Anwärterin auf, einen entsprechenden Kurs zu besuchen. Die Zürcher Kindertagesstätte hätte die Kosten von 20 000 Franken übernommen, doch die deutsche Bewerberin zog ihre Kandidatur dankend zurück. Sie möchte nicht in einem Land arbeiten, in dem ihre Ausbildung und Berufserfahrung weder anerkannt noch wertgeschätzt werde. Daraufhin wurde eine 28-jährige Schweizerin eingestellt, die gerade ihr Diplom als Fachfrau Betreuung erlangt hatte. Sie brachte zwar das richtige Diplom, nicht aber die nötige Erfahrung in Elternarbeit und Personalführung mit. Beschwerden waren die logische Folge.
Das Beispiel verdeutlicht, wie Regulierungen die Qualität einer Institution negativ beeinflussen können – und am Ende sogar das Kindeswohl. Darüber hinaus ziehen staatliche Auflagen oft einen unnützen administrativen Aufwand nach sich: Krippenleiter müssen den Behörden etwa Diplome und Lebensläufe jedes in- und ausländischen Angestellten zukommen lassen. Aufgrund dieser Unterlagen beschliesst die Behörde dann, ob die Person fachlich kompetent ist, ohne sie je gesehen zu haben. Zudem blockiert manch lokale Behörde den Anstellungsprozess bis zu einem Jahr lang. In dieser Zeitspanne dürfen die Fachkräfte nur als Praktikanten arbeiten, und die Krippenleitung ist derweil gezwungen, eine zusätzliche Fachperson anzustellen. Unser Krippenwesen wird wegen des enormen administrativen Aufwands und den teils schwerfälligen Behörden zu einem der teuersten der Welt. Dabei könnten die Preise mit wirkungsvollen Massnahmen zwanzig bis dreissig Prozent gesenkt werden. Etwa, wenn die lokalen Schweizer Behörden die Diplome innerhalb von drei Monaten prüfen müssten. Würde ausländisches Personal oder inländische Fachpersonen wie Heilpädagogen oder Primarschullehrerinnen schneller anerkannt, könnten hohe Kosten eingespart werden.
Im Krippenwesen sollte es Raum geben für unternehmerische Lösungen. Die Städte Bern und Luzern haben mit dem Modell der Betreuungsgutscheine bereits eine Vorreiterrolle übernommen. Dort können Eltern entscheiden, in welche Krippe ihr Kind gehen soll. Dieser Freiraum führt zu einem gesunden Wettbewerb unter den Anbietern und daher zu einem besseren Angebot.