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Meilensteine in der Geschichte der Frau

Leben

Meilensteine in der Geschichte der Frau

  • Text: Silvia Princigalli; Illustration: J. Howard Miller/National Museum of American History

Die Situation der Frau hat sich in der Schweiz seit der Einführung des Frauenstimmrechts 1971 wesentlich verbessert. Der Weg dahin war jedoch lang, holprig und ist noch nicht zu Ende. Hier ein paar Eckdaten, die man zum Weltfrauentag nicht vergessen sollte.

In der traditionellen Geschichtsschreibung taucht die sogenannte Frauengeschichte erst ab den 1970er-Jahren auf und war eine Folge der Mitte des 20. Jahrhunderts zunächst erstarkten Frauenbewegung in den USA. Viel zu spät, wenn man bedenkt, dass das weibliche Geschlecht bereits im 12./13. Jahrhundert seinen ersten Emanzipationsversuch gegen die katholische Kirche initiiert hatte. Dieser erste Vormarsch blieb jedoch unbeachtet.

Danach wurde es 500 Jahre ruhig um die Frauen. Die Französische Revolution sollte mit ihren Idealen von Freiheit und Gleichheit einen erneuten Hoffnungsschimmer für die Gleichstellung der Frau bringen. Zwar waren diese Vorstellungen vorerst nur für Männer gedacht, die Frauenrechtlerin Olympe de Gouges forderte aber die Parität für beide Geschlechter. Erfolglos. Die erste moderne Frauenwahlrechtlerin wurde verhaftet und öffentlich hingerichtet.

Erste Meilensteine

1776 erhielten immerhin Witwen im US-Bundesstaat New Jersey das Recht, ab einem gewissen Besitzstand wählen zu gehen. Verheirateten Frauen wurde dieses Privileg weiterhin verweigert. Das erste nachhaltige Frauenwahlrecht erkämpften sich 1838 die Frauen auf der Insel Pitcaim, einer britische Kronkolonie im Südpazifik. Es folgte wenige Jahre später das weibliche Wahlrecht für die kolumbianische Stadt Vélez und den neuzeitlichen amerikanischen Bundesstaat Wyoming. Alles winzig kleine Stücke eines grossen Kuchens, der in etwa die Hälfte der gesamten Weltbevölkerung betrifft.

In Zentraleuropa blieb in der Zwischenzeit alles wie gehabt: Erst die 1903 gegründete Frauenrechtsbewegung der Suffragetten in Grossbritannien (abgeleitet vom englisch/französischen Begriff suffrage für Wahlrecht) bewirkte mit ihrem passiven Widerstand, Störungen offizieller Veranstaltungen sowie Hungerstreiks in Europa ein längerfristiges Umdenken. Es dauerte jedoch zwei Jahrzehnte, bis die organisierten Frauenrechtlerinnen am 2. Juli 1928 ihr Ziel erreichten und das Frauenwahlrecht in Grossbritannien endgültig eingeführt wurde. (Der aktuelle Kinofilm «Suffragette» inszeniert dieses Thema. Lesen Sie das Interview mit der Hauptdarstellerin Carey Mulligan).

Die Schweiz als Spätzünder

Zwar hatten sich Frankreich und die Schweiz als erste «perfekte» Republiken in Europa die Spitzenplätze für die Einführung des allgemeinen Männerwahlrechts verschafft, der Urnengang der Frauen blieb ab 1848 jedoch umso länger verboten. In der Schweiz stimmten die Männer erst 1971 für die Einführung des Stimm- und Wahlrechts für Frauen auf nationaler Ebene. In Frankreich erhielten die Frauen ihr Recht zu wählen immerhin bereits 1944. Die Gleichstellung in der Schweizer Bundesverfassung wurde letztendlich 1991 eingeführt.

Man stellt sich die Frage, warum die Schweiz in Sachen Frauenstimmrecht das europäische Schlusslicht spielt. Zwischen den Jahren 1919 und 1921 wurde auf kantonaler Ebene nämlich sechsmal über die Einführung des Frauenstimmrechts abgestimmt. Die Schweizer Frauen liessen sich vom ernüchternden Ergebnis von jeweils unter 35 Prozent Ja-Stimmen nicht unterkriegen und reagierten 1923 mit der ersten Frauen-Gewerbeausstellung in Bern. Von der Näherin bis zur Kunstgewerblerin stellen Frauen ihre Werke zur Schau. Das Resultat: Ein sensationeller Erlös und eine Plattform, in der Folge in Genf, St. Gallen und Basel kopiert wird.

Den Ursprung der Schweizer Frauenrechtsbewegung findet man in fürsorglich und erzieherisch orientierten Frauenvereinen, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts von Frauen aus der bürgerlichen Bildungselite getragen wurden. Das Problem dieser Zusammenschlüsse bestand aber darin, dass sie sehr heterogen agierten. Die «neue» Frauenbewegung ab 1968 hingegegen verstand sich als Reaktion auf die erste Frauenbewegung und hatte ihren Ursprung in den Jugend- und Studentenunruhen von 1968. Das Grundziel dieser Bewegung war weniger die Gleichberechtigung der Frauen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, es ging mehr um eine radikale Kritik an der Gesellschaft selbst und der Figur, die die Frau darin zu spielen hatte. Ein wichtiger Nachlass dieser anfänglichen Frauenrechtsbewegung befindet sich bis heute noch im Archiv zur Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung. Unsere Junior Editor Miriam Suter hat Marthe Gosteli, die Gründerin der Institution, getroffen. Lesen Sie das aktuelle Interview mit der 98-jährigen Frauenrechtlerin.

Ein Tag für die Frau

Der erste Weltfrauentag fand am 19. März 1911 in Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA statt. Dieser Tag ging aus der politischen Forderung für das Wahlrecht für die Frauen hervor. Als eine beispiellose Massenbewegung gingen an diesem Tag insgesamt etwa eine Million Frauen auf die Strasse, um für ihre Rechte zu kämpfen. Am 8. März 1917 schwappte die Unzufriedenheit der Textilfabrik-Arbeiterinnen in St. Petersburg in eine Demonstration über und endete in der Februarrevolution (In Russland galt damals noch der Julianische Kalender, gemäss diesem Begann die Revolution am 23. Februar). Ihre Folgen waren die Abdankung des Zaren und eine provisorische bürgerliche Staatsregierung. Aufgrund dieses bedeutsamen Ereignisses wird der Internationale Frauentag seither am 8. März gefeiert.

Im Rahmen dieses Internationalen Feiertags haben wir für Sie ein spannendes Dossier zum Thema Weltfrauentag zusammengestellt.