Meer braucht es nicht
- Text: Julia Heim; Foto: Jessica Prinz
Mit dem neuen Seat Ibiza ab nach Spanien! Davon träumte unsere Testerin. Und fuhr mit ihm in die Walliser Berge. Wie schafft das der Stadtflitzer?
Die spanische Sonne im Rücken, den warmen Fahrtwind im Haar, mit Badetuch und Honigmelone quer über die Insel: Ein Trip nach Ibiza wäre mir definitiv lieber gewesen. Stattdessen geht es ins Wallis. Ab in die Berge, drei Stunden Fahrt mit dem neuen Seat Ibiza. Er soll mich mit seinen 115 PS und dem 7-Gang-DSG-Getriebe über die kurvenreichen Strassen bis nach Saint-Luc bringen, ein verschlafenes 334-Seelen-Dorf auf 1655 Metern über Meer, in dem es ein fantastisches Käsefondue und schweren Wein gibt. Das treibt mich an.
Leider habe ich mir nicht das beste Wochenende ausgesucht. Der Himmel ist bedeckt, das Programm im Radio war auch schon besser, es ist viel los auf der Strasse. Zweimal mache ich Halt und frage mich, ob ich nicht vielleicht doch noch Richtung Spanien aufbrechen soll. So ein bisschen Wärme täte gut. Ich versuche es stattdessen mit der Sitzheizung. Das hilft. Und während es nur schleppend vorangeht auf der Autobahn, träume ich von idyllischen Sandbuchten auf den Balearen. Ich sitze bequem. Immerhin.
Beim Stop and Go bleibt mir Zeit, mich mit der Ausstattung des Testfahrzeugs zu befassen. Die serienmässigen Features wie der grosszügige Touchscreen-Farbdisplay, das Umfeld-Überwachungssystem, die Müdigkeitserkennung und das Sportfahrwerk gefallen. Richtig angetan haben es mir aber vor allem Zusätze wie die Rückfahrkamera mit Einparkhilfe und der Abstandstempomat. So viel Schnickschnack bin ich von einem Kleinwagen gar nicht gewohnt. Auch dass sich die fünfte Generation des Seat Ibiza im Inneren um 87 Millimeter verbreitert hat, bemerke ich. Mehr Platz ist immer gut. Darum auch ein Plus, dass es sich beim neuen Modell um einen Fünftürer handelt.
Wenn ich ehrlich bin, stand ich dem kleinen Modell aus Spanien anfangs sehr skeptisch gegenüber. Warum? Weil sich der Beschrieb des «besten Seat Ibiza in der Unternehmensgeschichte» liest, als habe man ihm einen Shot Testosteron unter die Motorhaube gespritzt: «Manchmal muss man im Leben auftrumpfen. Geben Sie den Ton an. Stecken Sie Ihr Revier ab», heisst es auf der Website. Ziemlich viel Protz für ein so kleines und praktisches Auto. Ich mag keine Angeber. Mir ist Kleines, das sich gross verkaufen will, immer suspekt. Da denkt man sofort an eine Mogelpackung – oder an einen Komplexhaufen; wie der kleine Hund, der die fehlenden Zentimeter mit Lautstärke wettzumachen versucht. Dabei hat der kultige Wagen, der bereits seit 1984 auf dem Markt ist, das machoide Getue gar nicht nötig. Klein ist fein, gerade für eine Städterin wie mich. Enge Quartierstrassen, mühsame Parklücken und der Stadtverkehr – da kommt so ein Cityflitzer doch gerade recht. Dass er mich auch noch so galant in die Berge bringt, beeindruckt mich. Daran hatte ich gezweifelt.
Langsam löst sich der Stau auf. Läuft doch eigentlich ganz gut mit uns beiden, denke ich mir und nehme die letzten Kilometer in Angriff. Als ich mich endlich dem Ziel nähere, drückt nach und nach die Sonne durch. Nach etlichen steilen Kurven stoppe ich vor dem Chalet, steige aus und werfe einen Blick zurück ins Tal. Der Wind pfeift mir um die Ohren. Vor mir habe ich das Bergpanorama, die Spitzen der Viertausender sind mit Schnee bedeckt. In mir löst sich ein kleiner Jauchzer. Was für ein Anblick! Wer braucht da schon Ibiza?
Modell: Seat Ibiza 1.0, 7-Gang-DSG-Getriebe
Motor: 4.7 Liter TSI, 3-Zylinder
Fahrleistung: 115 PS, von 0 auf 100 km/h in 9.5 s
Höchstgeschwindigkeit: 193 km/h
Masse: Länge 4.06 m, Breite 1.78 m, Höhe 1.44 m Leergewicht: 1225 kg–1273 kg
Kofferraumvolumen: 355 l
CO2-Emission: 108 g/km Verbrauch: 4.7 l/100 km
Energieeffizienz: C
Preis: ab 21 450 Fr.
Infos: seat.ch