Luxussuite gegen Blumen getauscht: Gudrun Ongania mit Veg and the City
- Text: Stephanie Hess; Foto: Basil Stücheli
«Ich vermisse meinen früheren Luxus nicht» Gudrun Ongania (34), Zürich, Gründerin von Veg and the City
«Meinen BMW habe ich noch. Er ist ein Überbleibsel von früher, als ich Pharmaunternehmen beriet, herumreiste, in edlen Hotels übernachtete, super verdiente und tolle Kleider trug. Ich wollte Karriere machen, und mein Job als Unternehmensberaterin war genau das, was ich unter Karriere verstand: bei internationalen Firmen arbeiten, führen, Tausende von Mitarbeitern schulen. Jetzt verstauben meine schicken Kleider im Schrank, ich trage Jeans, unter meinen Fingernägeln ist eigentlich immer Dreck, und die weissen Ledersitze meines BMW sind voller Erde.
Die Start-up-Szene hat mich angezogen, seit ich 2009 für eine Weiterbildung mehrere Wochen im Silicon Valley verbrachte. Ganz leise begann sich damals die Idee der Selbstständigkeit in mir zu regen. Dann wechselte ich zu einem Industrieunternehmen, merkte aber schnell, dass ich dort nicht glücklich werden würde. Bevor in dieser Firma eine Entscheidung fiel, wurde immer lange diskutiert, viel analysiert, alle Involvierten befragt. Das passte nicht zu mir, ich bin eine Macherin; zudem hasse ich Grundsatzdiskussionen. Ich beschloss, zu kündigen und mir einen Monat zu geben, um mir Gedanken über eine Start-up-Idee zu machen. Bei meiner Recherche bemerkte ich, dass es nirgends einen Ort gab, wo man schöne Utensilien fürs Stadtgärtnern fand. Ein Onlineshop, das wärs, dachte ich mir – und legte los.
Inzwischen ist zum Onlineshop ein Laden hinzugekommen. Meine acht Angestellten und ich bieten Produkte und Kurse rund ums Stadtgärtnern an sowie Beete, die man mieten kann. Ausserdem arbeiten wir am zweiten Stadtgärtnerbuch.
Ich verdiene heute nur noch einen Bruchteil meines vorherigen Lohns. Aber ich vermisse meinen früheren Luxus nicht. Heute kann ich eine Firma nach meinen Werten prägen. Das gibt mir tiefe Zufriedenheit.»