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Liebestöter Alkohol

Leben

Liebestöter Alkohol

  • Text: Helene Aecherli, Illustration: Giordano Poloni

Der Freund wird im Rausch zum Feind, der Grossvater erträgt das Leben nur noch alkoholisiert, und der Ehemann geht vom Büro direkt zum Bier. In ihrem Trinkverhalten schwanken sie zwischen Genuss und Sucht – und die Liebsten zwischen Verständnis und Verzweiflung.

Alkoholkonsum ist alltäglich geworden, fast schon ein banales kulinarisches Accessoire, das man eigentlich kaum mehr hinterfragt – ausser man sieht sich in der Beiz mit der Frage konfrontiert, ob es zum Dreigänger eine Flasche Wein für 35 oder für 90 Franken sein soll. Zwei Bier nach der Arbeit, ein Cüpli vor dem Dinner, ein Dreierli Roten zum Selbstgekochten, ein Kaugummi gegen die Fahne, eine Kopfwehtablette gegen den Kater, alles normal, ganz unaufgeregt, nicht der Rede wert.

Das ist im Prinzip auch gut so. Denn es zeugt von einer gewissen Gelassenheit im Umgang mit Alkohol, was Notwendigkeit und kulturelle Errungenschaft zugleich ist. Immerhin trinken 88 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer ab 15 Jahren Alkoholisches, fast jeder Zweite gönnt sich mehrmals pro Woche ein Glas und gut jeder Zehnte täglich.

Doch hat just dieses Alltägliche eben auch seine Schattenseiten. Nein, die Rede soll hier nicht von jugendlichen Komatrinkern sein oder von randständigen Alkoholkranken. Sondern von jenen, die immer ein bisschen mehr oder immer ein bisschen öfter trinken. Das fällt in der Regel kaum auf, denn das Alltägliche ist unauffällig, seine Grenzen dehnbar. Auch wir bei annabelle wurden dieser Schattenseite erst richtig gewahr, als wir in der Konzeptphase für diese Ausgabe unseren eigenen und den Alkoholkonsum unserer Nächsten hinterfragten – und sich herausstellte, dass fast jeder jemanden im nahen Umfeld hat, dessen Trinkverhalten irgendwie Sorgen bereitet, weil es – ist man mal ehrlich – haarscharf an der Normgrenze kratzt.

Doch was heisst dieses Irgendwie? Keiner von diesen, nennen wir sie Grenztrinker, hat aufgrund seines Alkoholkonsums den Job verloren oder sein Obdach, keiner wurde je gewalttätig oder ist von seiner Familie verlassen worden (oder besser: noch nicht). Alles im grünen Bereich also? Eben nicht. Irgendwie. Vielmehr scheint es, als wäre da ein blinder Fleck im Bewusstsein der Öffentlichkeit, auch in der Wahrnehmung der Betroffenen selbst. Die Angehörigen aber schwanken, vom Alkoholkonsum ihrer Liebsten alles andere als erheitert, zwischen bemühter Sorglosigkeit und schierer Verzweiflung. So wie Corinna * (43):

«Mein Mann und ich haben schon immer gern und recht viel getrunken. Wenn wir Gäste haben, sind ein paar Flaschen Prosecco und Rotwein Standard. Doch nach der Geburt meines ersten Sohns habe ich den Alkoholkonsum reduziert. Ich vertrage den Wein nicht mehr so gut. Mein Mann aber macht sich weiter jeden Abend zum Essen eine Flasche auf. Irgendwann fand ich heraus, dass er nach Feierabend in die Bar geht und ein paar Stangen Bier trinkt. Das erklärt, warum er häufig eine Fahne hat, wenn er heimkommt. Als ich ihn darauf ansprach, reagierte er unwirsch und sagte, dass er die Zeit in der Bar brauche, um runterzukommen. Das hat mich beelendet, diese Zeit fehlt dann den Kindern und mir. Aber ich verstehe ihn auch. Er arbeitet viel. Dennoch: Ich kann das Ploppen des Weinzapfens nicht mehr hören. Es ist mir peinlich, wenn die Rotweinflasche schon halb leer ist, bevor wir den Gästen einschenken. Und seine ständige Fahne ist mir zuwider. Längst schlafen wir deshalb in getrennten Betten. Aber wenn ich ihn bitte, seinen Alkoholkonsum zu reduzieren, entgegnet er gereizt, dass er Bier und Wein geniesse, dass der Alkohol zu seinem Leben gehöre, wenn ich das nicht akzeptieren könne, müsse ich mir halt einen anderen suchen. Das macht mich wütend und traurig. Warum ist ihm der Alkohol wichtiger als seine Familie? Warum ist es ihm egal, wenn ihn die Kinder fast nur mit dem Glas in der Hand erleben? Zudem zehrt sein Alkoholkonsum an unserem Budget: Ich achte auf jeden Franken, während er sich die schönsten Weine gönnt.» 

Gemäss Schätzungen von Suchtmonitoring Schweiz, der Informationsplattform des Bundesamts für Gesundheit, haben hierzulande rund 1‛600‛000 Menschen ab 15 Jahren ihren Alkoholkonsum nicht im Griff, das ist über ein Fünftel aller Schweizerinnen und Schweizer. Und eine halbe Million leidet unmittelbar unter den Alkoholproblemen eines direkten Angehörigen. Zudem ist oft auch das erweiterte Umfeld in die Sucht involviert. Fachleute gehen von insgesamt rund 2‛200‛000 betroffenen Angehörigen, Bekannten und Freunden aus – gut ein Viertel der Schweizer Bevölkerung. Aber nur rund vier Prozent holen sich im Lauf eines Jahres Hilfe bei Ärzten oder Suchtberatungsstellen.

Alkohol ist in unserer Gesellschaft positiv besetzt, da redet man nicht gern über Alkoholprobleme. Zudem ist Trinken in weiten Teilen der Bevölkerung noch immer ein Zeichen von Männlichkeit – trotz steigendem Gesundheitsbewusstsein bei Männern. Dies zeigt sich auch in der Statistik: Unter den Täglichtrinkern finden sich doppelt so viele Männer wie Frauen.

Meistens sind es Partnerinnen oder Partner, die sich bei Suchtberatungsstellen melden, und oft auch Eltern. Am häufigsten aber rufen Frauen an, darunter solche wie Corinna, die wegen des Alkoholkonsums ihres Mannes beunruhigt sind, ihren eigenen Beobachtungen aber misstrauen. «Sie fragen: Ist meine Wahrnehmung falsch? Mache ich mir zu Unrecht Sorgen?», erklärt Sabine Dobler, Projektleiterin Prävention der Stiftung Sucht Schweiz. «Häufig hören sie von ihrem Gegenüber, dass sie übertreiben. Sobald jedoch Angehörige in Sorge sind und reagieren, ist dies oft ein Zeichen, dass etwas tatsächlich nicht mehr im Lot ist.»

Ab wann der Konsum im Einzelfall zu Problemen führt, lässt sich jedoch nicht genau festlegen, denn jeder Mensch reagiert auf Alkohol anders. «Geschlecht, Grösse und Gewicht, selbst genetische Merkmale spielen eine Rolle», sagt Sabine Dobler. «Es gibt sogar Leute, die nach einer durchzechten Nacht aufgrund ihrer Veranlagung kaum oder gar keine Katersymptome spüren. Ihnen fehlt eine Art natürliche Bremse.»

Orientierung bieten die von der Eidgenössischen Kommission für Alkoholfragen herausgegebenen Empfehlungen für einen sogenannt risikoarmen Konsum: Frauen sollen demnach täglich höchstens ein bis zwei, Männer nicht mehr als zwei bis drei Einheiten Alkoholisches trinken; zwei Stangen Bier etwa und ein Glas Wein. Zudem wird nahegelegt, an zwei Tagen pro Woche ganz auf Alkohol zu verzichten, damit der Körper sich erholen kann. Wird es trotz allem einmal ein bisschen mehr, sollten sich Männer auf fünf, Frauen auf vier Gläser beschränken.

Nur: Wer sich im Alltag gepflegt zurückhält, bechert dafür oft am Wochenende umso ausgiebiger. Zwischen Freitag und Sonntag wird gut 60 Prozent mehr getrunken als unter der Woche, jüngere Menschen trinken fast nur dann. Sabine Dobler spricht in diesem Zusammenhang von «situativ problematischem Konsum». Denn dieses Trinkverhalten birgt nicht nur Suchtgefahr, es ist oft auch Mitursache von Unfällen, Gewalthandlungen und Streitigkeiten. Wie eine Untersuchung der Luzerner Beratungsfirma Interface Politikstudien belegt, geschieht ein Grossteil dieser Gewalttaten im Dunstkreis des Nachtlebens, bei fast drei Vierteln aller Körperverletzungen und Tätlichkeiten in der Schweiz sind die Täter alkoholisiert. Verübt werden die Taten mehrheitlich von 19- bis 34-jährigen Männern, Frauen sind bei rund jeder dritten Gewalttat zumindest mitbeteiligt.

Natürlich überbordet nicht jeder partybedingte Rausch, doch der Absturz ist oft nicht weit – und der Grat glitschig. Für Karin (30) wird das «Spass-Trinken» ihres Freundes seit Jahren regelmässig zum Spiessrutenlauf:

«Wenn mein Freund und ich trinken, trinken wir viel. Im Gegensatz zu ihm kann ich aber irgendwann die Bremse ziehen. Ist er hingegen mal in Fahrt, wird es für uns beide zur Qual; ich habe Angst vor dem, was mit dem Mann an meiner Seite passiert. Die ersten drei, vier Glas sind kein Problem. Aber danach wird dieser intelligente und herzliche Typ mit jedem Schluck zu einem anderen Menschen, böse, einfältig, verletzend. So, als würde der Alkohol alle guten Eigenschaften wegätzen. Ich werde sternswütend. Vor allem auch, weil er mich in die Situation bringt, mich für ihn schämen zu müssen. Danach streiten wir fast immer auf dem Heimweg. Erst am nächsten Tag ist er wieder wie immer. Er entschuldigt sich bei mir und seinen Freunden. Wir haben oft darüber gesprochen, dass sein Trinkverhalten einen Keil in unsere Beziehung treibt. Er weiss, dass ihm das Trinken nicht guttut, er wollte es schon mehrmals reduzieren. Doch meist hält er nicht länger als eine Woche durch. Seine Lösung: Gar nicht mehr ausgehen. Doch das ist für mich keine Alternative. Ich will, dass er den Konsum in den Griff bekommt. Auch mir zuliebe. Vor kurzem hat er angefangen, ab und zu einen Joint zu rauchen. Die Wirkung ist verblüffend: Nach ein paar Zügen lässt er sein Bier stehen, bestellt ein Wasser, macht mir Komplimente und geht kurz darauf nachhause. Blöde Sprüche kommen keine mehr, er ist friedfertig – aber das ist ja auch nicht real, sondern herbeigeführt. Immerhin, Marihuana ist für mich die erträglichere Droge. Aber am liebsten mag ich diesen Mann immer noch, wenn er stocknüchtern ist.»

Sabine Dobler unterscheidet zwischen Genuss- und Entlastungskonsum. Genusstrinker erfreuen sich am Brunello oder dem Single Malt im Glas. Entlastungskonsumenten hingegen trinken aus Stress, Wut oder Einsamkeit. «Doch sind die Grenzen zwischen Genuss- und Entlastungskonsum fliessend», erklärt Dobler. «Kritisch wird es, wenn man die als risikoarm geltende Menge überschreitet und immer mehr trinkt, um den Genuss zu verlängern, sich zu entspannen, Probleme zu betäuben oder um einschlafen zu können. Der Übergang vom unproblematischen zum problematischen Alkoholkonsum verläuft oft kaum merklich.»

Zwar kann auch dem Drang nach Alkohol eine familiäre Veranlagung zugrunde liegen. Mitverantwortlich für die schleichende Entwicklung einer Sucht sind jedoch allem voran neuronale Veränderungen im Gehirn. Forschungen zeigen, dass beim Konsum von Alkohol oder einer anderen Droge der Botenstoff Dopamin im Gehirn ausgeschüttet wird. In der Folge verengt sich die Aufmerksamkeit auf alles, was mit dieser Droge verknüpft ist, was als Begehren nach der Droge wahrgenommen wird. Mit der Zeit aber hat nur noch die Aussicht auf Alkohol den Effekt der Dopamin-Ausschüttung, während sich Rezeptoren zurückbilden, die mit anderen Reizen zu tun haben. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang vom Suchtgedächtnis.

Besonders gefährdet sind ältere Menschen. Aufgrund des sinkenden Wasserspiegels und oft auch durch die Einnahme von Medikamenten kann der Körper den Alkohol weniger gut verarbeiten. Gleichzeitig schlägt sich etwa der Stress oder die Leere nach der Pensionierung häufig in erhöhtem Alkoholkonsum nieder. Laut Suchtmonitoring trinken 27 Prozent der über 75-Jährigen täglich. Einer davon ist der Mann von Heidi (73): 

«Wir sind seit 46 Jahren verheiratet. Mein Mann hat schon immer gern mal einen über den Durst getrunken. Ich auch. Am liebsten mit ihm zusammen. Früher waren dies berauschende Momente. Höhepunkte. Doch seit er pensioniert ist, keine Aufgaben mehr hat, die zu erledigen sind, rauscht da gar nichts mehr. Alles plätschert dahin – an mir vorbei. An uns vorbei. Er trinkt keinen Schnaps, nur mittelmässigen Rosé. Immer dieselbe Marke. 9.95 Franken die Flasche. Am Mittag trinkt er das erste Glas. Nachmittags um vier das zweite. Manchmal bleibts dabei. Meistens nicht. Ich habe über die Jahre einen sechsten Sinn für seinen Alkoholpegel entwickelt. Niemand sonst mag es merken, doch ich weiss immer genau, das wievielte Glas er da gerade zu sich nimmt. Ich sehe es in seinen Augen, an seinen Bewegungen, wie er sich aus dem Fernsehsessel hievt, vom Tisch aufsteht, ob seine Stimmung klar, bereits angeheitert oder schon wieder vergiftet ist. Kommen die alten Feindbilder hoch, die polemischen Sprüche gegen dieses und jenes, weiss ich, was es geschlagen hat: Zeit für mich, ins Bett zu gehen. Über Politik, über gesellschaftliche Themen oder über uns als Paar zu reden, ist da kaum mehr möglich. Mein feines Gespür für seinen Alkoholkonsum macht es zwischen uns nicht einfacher. Er fühlt sich von mir kontrolliert, bevormundet. Nur ein leise hingeschnalztes ‹Ts›, wenn er die Flasche zum x-ten Mal aus dem Kühlschrank holt, kann ihn in Rage bringen. In Rage bringen heisst bei ihm: Er zieht sich zurück. Schweigt für den Rest des Tages. Natürlich, mein Mann ist 71, weiss Gott alt genug, um selbst zu entscheiden, was gut für ihn ist. Er braucht keine Aufpasserin. Letztlich ist es sein Leben, nicht meins. Aber wenn es in unserem Alltag noch ein Wir gibt, gehöre ich dazu! Er mag unter der momentanen Situation nicht leiden, aber ich. Wegen ihm. Wegen des Alkohols. Ich weiss aus tiefstem Herzen: Ich mag meinen Mann und das Leben mit ihm, auch wenn ich nüchtern bin. Mein Mann hingegen scheint das Leben, auch das Leben mit mir, nur noch unter Alkoholeinfluss zu ertragen. Das ist es, was mir auf der Leber brennt.»

«Entwickeln Männer ein problematisches Trinkverhalten, so versuchen Frauen viel Verantwortung zu übernehmen», sagt Sabine Dobler. «Im Zentrum steht für sie die Frage: Wie kann ich meinen Mann retten? Doch es ist wichtig, dass sich Angehörige bewusst werden: Sie können niemanden zu einer Veränderung zwingen. Sie müssen die Verantwortung der betroffenen Person zurückgeben und sich wieder auf sich selbst konzentrieren. Sie können Grenzen setzen. Sich darüber klar werden: Was ist für mich tragbar? Wie stelle ich mir die Partnerschaft vor? Nicht selten kann ein Perspektivenwechsel auch beim Gegenüber etwas auslösen.»

Heidi tut irgendwann genau das. Sie hat es satt, in ihrer Opferrolle zu verharren: «Ich habe begonnen, selbstbewusster aufzutreten und meinem Mann auch mal gehörig die Meinung zu sagen. Ich habe ihm signalisiert: Ich kann auch ohne dich! Das hat ihn aufgerüttelt. Er ist aufmerksamer geworden, trinkt etwas weniger. Ich hoffe, es bleibt dabei.»

Manchmal aber scheint kein Weg aus der Grauzone herauszuführen. Allen Analysen und Gesprächen, allem Pragmatismus und Hinsehen zum Trotz. Sandra (51) hat das Gefühl, dass es keine Lösung gibt: 

«Stefan ist kein Alkoholiker, mag es aber, sich ab und zu einen Rausch zu gönnen. Wenn er gesund wäre, wäre das kein Problem. Doch seit seiner MS-Diagnose verliert er oft schon nach zwei bis drei Glas Wein das Gleichgewicht und fällt dann wie ein Sack Kartoffeln um. Wenn er Glück hat, holt er sich dabei nur ein paar blaue Flecken. Doch ich habe mit ihm auch schon halbe Nächte in der Notaufnahme verbracht, wo Platzwunden genäht und sein Schädel geröntgt werden mussten. Und immer wieder muss ich nachts einen Nachbarn aus dem Bett klingeln, weil Stefan, wenn er erst mal umgekippt ist, in diesem Zustand nicht mehr vom Boden aufstehen kann. Was ich am meisten hasse, ist die Rolle, die ich in diesem Spiel habe: die der kontrollierenden Ehefrau, die wie ein Schiesshund aufpasst, dass ihr Mann nicht zu viel trinkt. Ich finde das furchtbar – unerotisch und frustrierend. Nehme ich diese Rolle ein, fühle ich mich wie eine Spassbremse. Tue ich es nicht, muss ich die Folgen ausbaden. Egal, wofür ich mich entscheide – es fühlt sich einfach falsch und schrecklich an. Bis anhin hat keines unserer vielen Gespräche eine Lösung gebracht. Er kann zwar nachvollziehen, warum das für mich ein Problem ist, und schämt sich nach seinen Abstürzen manchmal sehr, doch sein Verhalten ändert er trotzdem nicht oder nur für kurze Zeit. Die Lust auf einen Rausch scheint einfach stärker zu sein als die Vernunft. Das sitzt wie ein Giftstachel in unserer Beziehung. Ich nehme es ihm übel, dass er seinen Drang nicht mir zuliebe bändigen will. Klar, ich könnte mich von ihm trennen, aber das will ich nicht. Wir haben es ja sonst so gut. Vor kurzem hat er eine Art Goodwill-Erklärung abgegeben: Er ist einverstanden, dass er sich auf ein Glas Wein beschränkt, wenn wir zu einem Essen was trinken. Im Moment gibt er sich Mühe. Wie lange das wohl anhalten wird?»

Dasselbe fragt sich Corinna. Sie wagte den Sprung ins kalte Wasser, aus Liebe, wie sie betont, und holte sich Hilfe von aussen. «Als ich vernahm, wie Bekannte über den Alkoholkonsum meines Mannes redeten, konnte ich einfach nicht mehr warten», sagt sie. Sie brachte ihn dazu abzuklären, ob der Alkohol bereits gesundheitliche Schäden verursacht hat.

Ihr Mann hat Glück. Er ist kerngesund, doch attestierte ihm der Arzt ein sozial beeinträchtigendes Trinkverhalten – ein Verhalten, das ihn von seiner Frau und den beiden Söhnen entfremdet. Er zeigt sich einsichtig. Trinkt seither eher mal ein Cola statt ein Einerli. Corinna bleibt aber nüchtern, wartet ab. Noch schlafen sie in den getrennten Zimmern.

* Namen aller Betroffenen geändert