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Liebe Yonni Meyer

Leben

Liebe Yonni Meyer

Als Sie damals 2013 mit Ihrer Facebook-Seite «Pony M.» grad Ihre Karriere als Autorin starteten, dachte ich: Diese Frau hat die Weisheit mit Löffeln gefressen. Das klingt jetzt sarkastisch, ist aber nicht so gemeint. Ich war ein grosser Fan Ihrer Texte. Ich konnte mich so gut damit identifizieren, zog so viele Tipps daraus. Ich dachte: Das Pony, das spricht mir aus dem Herzen.

Tatsächlich schienen Sie irgendein Geheimrezept gefunden zu haben, das Ihnen Zugang zu den Herzen der Menschen verschafft. Nicht nur mir ging es beim Lesen Ihrer Texte so. Gefühlt die ganze Schweiz feierte Sie, alles las plötzlich Pony M. Was dazu führte, dass ich plötzlich meinte, über Ihre Alltagsweisheiten hinausgewachsen zu sein. Um ehrlich zu sein, fand ich mich wohl einfach zu cool und Sie zu Mainstream. Sie mit Ihren Helvetismen und Ihren Klischees, dachte ich dann. Mit Ihren schlauen Tipps und der Floskel, die auf jeden Ihrer Texte folgte und die plötzlich in aller Munde war: «Vill Liebi.»

Sie verschwanden also ein wenig von meiner Bildfläche, nur ab und an stolperte ich über einen Ihrer Texte, überflog ihn schnell, schmunzelte an der einen oder anderen Stelle. Und wie es der Zufall wollte, landete ich am dritten Advent im Kosmos in Zürich an Ihrer Lesung der Tour d’Amour.

«Ab und zu wirds bitz emotional, ich hoffe aber, das macht euch nichts aus», warnten Sie Ihr Publikum damals sympathisch vor. Mir machte das nichts aus. Es war grad Ende Jahr. Das Ende eines Jahres, das echt anstrengend für mich gewesen war. Von mir aus konnten Sie also so emotional sein, wie Sie wollten. Waren Sie dann auch. Während knapp zweier Stunden durchlebte ich mit Ihnen so viele Gefühlszustände: Ich lachte und liebte, ich litt, und ich weinte. Meist vom vielen Lachen, das eine oder andere Mal aber auch, ja, weil ich halt nah am Wasser gebaut bin. Und weil Ihre Texte, altbekannte wie neue, mich halt, ja, oft ein wenig mehr berührten, als vielleicht cool wäre.

Ihre Stimme erfüllte das Forum des Kosmos, meist laut und deutlich, manchmal brach sie aber, und auch Ihnen kamen die Tränen. Ihre Stimme blieb aber auch dann stark. Das liegt weniger an der Lautstärke als am Inhalt. Ich bewundere Frauen, die ihre Stimme bewusst einsetzen und sich für Dinge stark machen, die sie beschäftigen. Das tun Sie sehr wohl – und das mit einer gesunden Prise Humor. Sie waschen jungen Frauen den Kopf, die sich in Liebesdingen danebenbenehmen, finden tröstende Worte für alle bei Liebeskummer, sprechen über Feminismus und darüber, dass Frauen nur wegen ihres Geschlechts nichts nicht können. Sie reden über die Durchsetzungsinitiative und machen auf Depressionen aufmerksam. Kurz: Sie lassen raus, was grad rausmuss. Dies zwar ohne ständig zu überlegen, ob das grad alles schön und lieb tönt, aber keineswegs unüberlegt und undurchdacht.

Man kann über Sie und Ihre Arbeit denken, was man will. Ihre Texte, die oft vor Liebe sprühen und klischiert sind, mögen nicht jedermanns Sache sein. Und vielleicht gefallen sie mir auch nur, weil ich, so wie Sie, immer noch an das Gute im Menschen glaube. Und weil ich, so wie Sie, lieber naiv bin als verbittert. Aber wie Sie damals an Ihrer Lesung richtig sagten: Über die Liebe kann man nicht genug reden. Und Liebe kann man sich nicht genug geben. Und man sollte sich nie davor scheuen, sich zu sagen, dass man sich mag.

An dieser Stelle sollte ich wohl gestehen: Wenn ich meine Nachrichten durchgehe, merke ich, dass ich meinen Freunden unbewusst immer wieder zum Abschied «ganz viel Liabi» wünsche (andere Schreibweise, weil Bündnerin). Und zwar von Herzen. Ein Aspekt, der mich früher bei Ihren Texten irgendwann nervte. Jetzt muss ich sagen: Sie haben ja so recht damit.

Ganz viel Liabi von einem wiedergewonnenen Fan,

Jessica Prinz