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Liebe Rachel Khoo

Liebe Rachel Khoo

  • Text: Kerstin Hasse; Foto: Getty Images 

Erst gestern habe ich ihn wieder gekocht, Ihren fantastischen Linsen-Chorizo-Eintopf. Mein Freund liebt diesen Eintopf. Ich muss immer die doppelte Menge zubereiten, damit wir noch ein zweites und ein drittes Mal davon essen können. Dieses Gericht hat uns schon so manchen grauen Wintertag gerettet. Es ist die perfekte Begleitung für einen gemütlichen Filmabend auf dem Sofa. Die Schärfe der Chorizo mit der Süsse der Karotten und der Zartheit der Linsen – zusammen mit einem Klacks Joghurt ergibt das eine grossartige Mischung. 

Der Eintopf ist ganz simpel, aber lecker – wie so viele Ihrer Kreationen, die Sie in Ihren Kochbüchen und Kochshows zubereiten. Auf Ihrer Homepage schreiben Sie dazu: «Das ist die Art von Abendessen, die ich mag, man wirft ein paar Zutaten in einen Topf und eine halbe Stunde später hat man ein wärmendes, herzhaftes Essen.»

Sie wollen keinen Firlefanz in der Küche und das mag ich an Ihnen. Sie zelebrieren das französische Savoir-vivre – sie lieben es zu kochen, können sich aber ebenso über ein gutes Glas Rotwein mit einem Stück Käse und knusprigem Brot freuen. Leben, das heisst für mich geniessen – und ich glaube, Sie verstehen diese Einstellung.

Sie haben einen Traum ausgelebt, den ich schon lange mit mir mitrage. Mit 25 Jahren haben Sie Ihren PR-Job in London aufgegeben und sind nach Paris gezogen, um sich voll und ganz dem Kochen zu widmen. Sie jobbten als Aupair, verteilten Parfumproben im Warenhaus Printemps, halfen in Buchläden aus – und liessen sich daneben an der berühmten Kochschule Le Cordon Bleu zur Patissière ausbilden. Ihr Ziel: ein eigenes Kochbuch zu veröffentlichen. Um das Geld für das Konzipieren und Ausprobieren der Rezepte zu verdienen, eröffneten Sie nach Ihrem Abschluss in Ihrer kleinen Wohnung ein Ein-Tisch-Restaurant. Jeden Abend servierten Sie ein Drei-Gänge-Menü für zwei Personen. In kürzester Zeit wurde Ihr kleines Restaurant in ganz Paris bekannt – und der Tisch war jeden Abend ausgebucht. Aus diesem Erfolg entstand 2012 Ihr erstes Kochbuch «Paris in meiner Küche». Sie haben aber nicht nur den Bücherdeal an Land gezogen, sondern kurz darauf auch eine eigene TV-Show erhalten, in der Sie in Ihrer winzigen Küche in Paris charmant französische Klassiker wie Boeuf Bourgignon, Croque Madame oder Mousse au Chocolat zauberten.

Die Zuschauerinnen und Zuschauer einer Kochshow wollen Köchinnen und Köche als Vorbilder, die die Kunst des Kochens nachvollziehbar und machbar erscheinen lassen. Das schaffen Sie. Sie geben einem das Gefühl: Hey, wenn ich mit einem Poulet, ein paar Zitronen, Kräutern und guter Laune in der Küche stehe, dann kann daraus ein Zitronen-Lavendel-Huhn à la Khoo werden, das meine Gäste in Euphorie versetzen wird! Dazu kommt Ihr Vintage-Flair: die gepunkteten Tellerröcke, das Porzellangeschirr vom Flohmarkt, die Emailletöpfe, das alles ist romantisch und charmant – und très français.

Manche empfinden das vielleicht als süss und harmlos, aber mit diesem Klischee könnte man nicht falscher liegen. Denn Sie sind nicht nur eine talentierte Köchin und Entertainerin, sondern auch eine erfolgreiche Businessfrau. In Interviews sagten Sie, dass vor allem Männer aus der TV-Branche Sie oft nicht respektierten, weil Sie gern schöne Kleider tragen, weil Sie kein eigenes Restaurant haben – und weil Sie eine Frau sind. Ihr Körper sei bewertet, Ihre weiblichen Kurven kritisiert und Ihr Talent infrage gestellt worden. Aber davon haben Sie sich nicht unterkriegen lassen, im Gegenteil. Sie haben sich gewehrt, weil Sie wussten, was Sie können, und Sie hart dafür gearbeitet haben, dass Sie es bekommen.

Dafür erhalten Sie von mir sogar noch mehr Applaus als für Ihren Linseneintopf. 

Herzlich,
Kerstin Hasse

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