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Liebe Nonny de la Peña

Liebe Nonny de la Peña

Als ich vor ein paar Tagen zu einem Pressetermin ausserhalb von Paris unterwegs war, habe ich an Sie gedacht. Das Taxi fuhr im Norden von Paris auf die Périphérique (eine ringförmige Autobahn rund um Paris). Dort sieht man die improvisierten «Camps» der Obdachlosen, von der Gesellschaft ausgeschlossene Menschen, die mehrheitlich unsichtbar bleiben und unter unmenschlichen Bedingungen leben, umgeben von Autobahn und Abfall. Wenn ich davon erzähle, kann man sich vielleicht vage eine Szenerie vorstellen. Wäre dieses tragische Bild aber in Virtual Reality dokumentiert, hätte man einen tieferen Einblick in die Lebensumstände dieser Menschen, man könnte sie womöglich besser verständlich machen. So wie Sie es mit «Hunger in Los Angeles» eindrücklich gezeigt haben – dem ersten Virtual-Reality-Film, der im Januar 2012 am Sundance Festival präsentiert wurde. Statt auf einer Kinoleinwand zu präsentieren, setzten sie den Festival-Besuchern VR Headsets auf, die von ihrem damaligen Assistenten und späteren Oculus-Gründer Palmer Luckey mit entwickelt wurden.

Der Film zeigt eine sich real zugetragene Szene, virtuell nachgestellt mit digitalen Avataren und realen Tonaufnahmen, in einer endlos langen Warteschlange vor einer Nahrungsmittelbank in Los Angeles. Ein an Diabetes leidender Mann kollabiert und fällt ins Koma. Die Reaktionen des Publikums nach dieser interaktiven Erfahrung waren eindrücklich: viele Zuschauerinnen und Zuschauer weinten, kreisten um den Mann, redeten ihm zu, wollten helfen. Ihnen wurde dabei klar, dass immersives Storytelling im Journalismus Empathie schafft. Dass es offen macht für Schicksale anderer und für gesellschaftliche Probleme, die sonst kaum wahrgenommen werden. Und was kann Ihnen als Journalistin und Filmmacherin mehr am Herzen liegen, als die Menschen wachzurütteln und zu berühren? 

Ich bewundere Sie aber nicht nur für Ihre kreative Arbeit und für Ihre Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Problemen, liebe Nonny de la Peña, sondern auch für Ihren Unternehmerinnengeist. Als Sie 2007 Emblematic Group, eine Agentur für Virtual Reality Content gründeten und Ihre erfolgreiche Karriere als Journalistin für die New York Times und andere prestigeträchtige Magazine pausierte, wurden Sie belächelt, Fördergelder gabs schon gar nicht. Aber Sie liessen sich nicht entmutigen, auch nicht von den komplexen technischen Herausforderungen, die Virtual Reality mit sich brachte. Heute nennt man Sie Godmother of Virtual Reality. Für mich sind Sie eine Wegbereiterin – vor allem für viele Frauen. Sie behaupten sich in einer von Männern dominierten Branche. Dabei sind Sie ein Vorbild für jedes Geschlecht – durch Ihren Pioniergeist, Ihren Durchhaltewillen und Ihre Stärke. 

Herzlich, 

Tanja Ursoleo