Liebe Nike van Dinther
- Text: Annik Hosmann; Foto: ZVG
Seit Wochen, nein eigentlich Monaten denke ich es mir jedes Mal, wenn Ihr Name @nikejane auf Instagram aufploppt: Verdammt, wenn ich gross bin, möchte ich auch so unerschrocken sein! In einem Interview mit der «Süddeutschen Zeitung» sagten Sie einmal, dass Sie das perfekte Leben auf Instagram zum Kotzen finden. Sie haben recht. Deshalb mag ich Ihre ungekünstelte «Zero Fucks Given»-Art auf Instagram. Sie verfallen nicht dem Authentizitätswahn, Privates bleibt auch mal privat und wenn Sie keine Lust haben, zu posten, dann scheinen Sie es auch nicht zu tun. Danke schon einmal dafür!
Ich weiss nicht genau, wann ich begonnen habe, Ihren Blog This Is Jane Wayne zu lesen, den Sie 2010 mit Ihrer besten Freundin Sarah Gottschalk als einen der ersten seiner Art gegründet haben. Aber ich weiss, was ich bis heute daran mag: die Mischung aus Mode, Buchtipps, Meinungen und Geschichten zu aktuellen politischen Themen, Feminismus und den schönsten Vasen. Und vor allem mag ich Ihre persönlichen Texte, die sich manchmal wie ein heimliches Lesen eines Tagebuches anfühlen. Wenn Sie von Ihrer «Matschbirne» schreiben, dass Sie nach einer Trennung «stur wie ein Ochse in der gigantischen Wohnung sitzen geblieben» sind oder dass Ihnen auch mal «der Arsch auf Grundeis» geht. Das Motto von Jane Wayne sagt alles aus: Sie beschreiben sich «als Blogzine für alle, die lieber sich selbst als dem Rest der Welt gefallen.»
Sie, liebe Nike van Dinther, leben genau das Ihrer Community vor. Vor ein paar Monaten haben Sich Ihre Haare grün gefärbt – einfach weil Sie können. Sie probieren sich in der Mode aus und haben Spass daran. Und das ist in der grossen Uniformität auf Instagram äusserst erfrischend. Nicht nur optisch, auch – und vor allem – meinungsmässig nehmen Sie kein Blatt vor den Mund. Sie scheuen sich nicht davor, die Dinge beim Namen zu nennen und auch mal das Wort Arschloch in einen Kolumnentitel zu schreiben. Man könnte das als «bad ass» beschreiben, aber das würde Ihnen nicht gerecht werden.
Denn Ihr Wirken geht längst über This Is Jane Wayne hinaus. Als der deutsche CDU-Politiker Jens Spahn diesen Februar 5 Millionen Euro vom Kabinett des Bundestages zugesprochen bekam für eine Studie zur Häufigkeit und Ausprägung psychischer Folgen für Frauen nach einem Schwangerschaftsabbruch, haben Sie kurzerhand eine Petition gestartet. «#WasFürnSpahn» hiess sie, und Sie haben gefordert «die fünf Millionen Euro für Sinnvolles auszugeben. Fünf Millionen für Hilfe statt Hass.» Bis heute haben knapp 90 000 Menschen unterschrieben. Als damals eines Morgens mein Instagram-Feed mit Posts zu Ihrer Petition geflutet war, dachte ich mir: Endlich eine Bloggerin, die Instagram als Plattform für etwas Sinnvolles einsetzt – ohne dabei die Moralkeule zu schwingen. Denn Sie wussten, wovon Sie sprechen; Sie hatten selber abgetrieben und in einem Interview mit dem «Stern» offen über die Gründe dafür gesprochen.
Letztes Jahr haben Sie mit Ihrer anderen Jane Wayne-Hälfte Sarah gemeinsam einen Podcast gestartet. Sie haben über sich selbst, Ihre Freundschaft, Beziehungen und das Frausein gesprochen. Ihnen zuzuhören hat sich angefühlt, als wäre man ein Mäuschen unter dem Tisch, das Ihnen bei einem Kaffee-Date zuhört. Seit Längerem nun sind Sie verstummt – und ich gebe zu, ich vermisse Sie.
Bis Sie wieder (hoffentlich bald!) podcasten, stelle ich mir einfach vor, dass ich mit Ihnen, Nike van Dinther, auf einer Berliner Wiese liege, dass wir in all den feministischen Büchern, die Sie lesen (und als Tipps weitergeben), schmökern und im Anschluss darüber diskutieren – eine Art cooler Buchclub wär das dann. Bis es so weit ist: Bleiben Sie so unaufgeregt cool – und für einige wohl ziemlich nervig!
Herzlich,
Annik Hosmann