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Liebe Meryl Streep

Liebe Meryl Streep

  • Text: Kerstin Hasse; Foto: annabelle, Brigitte Lacombe 

Donald Trump, der alte Charmeur, war es, der Sie einmal als «most over-rated actress», also als eine der überbewertetsten Schauspielerinnen der Branche, bezeichnete. Das war in irgendeinem seiner famosen Tweets natürlich. Jeder Mensch weiss, dass das absoluter Blödsinn ist. Zu behaupten, Sie seien überbewertet, ist, als behaupte man, Pasta sei überbewertet. Was für ein Schwachsinn!

Vor einer Woche fanden die Oscars statt. Für einmal wurden Sie weder nominiert, noch ausgezeichnet. Das ist eine Ausnahmeerscheinung, immerhin wurden sie bis anhin schon 21-mal für einen Oscar und 30-mal für einen Golden Globe nominiert. Mehr Oscar-Nominierungen hat niemand! An zweiter Stelle stehen Katharine Hepburn und Jack Nicholson mit grad mal läppischen zwölf Oscar-Nominierungen. Pah! 

Ich kann Ihnen nicht genau sagen, mit welchem Film Sie mich am meisten verzaubert haben. Da sind so unglaublich viele Rollen, in denen ich Sie bewunderte: Als Joanna Kramer in «Kramer gegen Kramer», als Miranda Priestly in «Der Teufel trägt Prada», als Margaret Thatcher in «Die eiserne Lady» oder vor zwei Jahren als Katharine Graham in «Die Verlegerin».

Sie haben so viele Facetten. Ihre Mimik ist beeindruckend, Ihr Talent, mit Ihrem Blick, Ihrem Mund, Ihrer Körperhaltung zu spielen, faszinierend. Wenn Sie lachen, lache ich mit, wenn Sie weinen, weine auch ich. Sie können alles spielen, Meryl Streep, und Sie können Emotionen vermitteln wie keine andere. 

Es gibt aber noch eine andere Beziehung, die ich zu Ihnen habe. Eine, die nichts direkt mit einem Ihrer Filme zu tun hat. Sie wissen das sehr wahrscheinlich nicht, aber hier bei annabelle, vor dem Eingang unserer Redaktion, hängt ein Bild von Ihnen. Es ist ein riesiges, knapp zwei Meter grosses annabelle-Cover, auf dem Sie abgebildet sind. Ich weiss noch, wie ich mich damals bei annabelle vorstellte. Ich verliess den Lift und da sah ich Sie hängen. So schön, so stark. Es gab mir ein gutes Gefühl, dass mein potenzieller zukünftiger Arbeitgeber den Eingang ausgerechent mit Ihnen schmückt. Ich wertete das als gutes Zeichen – und das war es auch. 

Seither fühle ich mich verbunden mit Ihnen. Wenn ich Sie sehe, bevor ich das Büro am Morgen betrete, gibt mir das jedes Mal einen kleinen Kick. Einen Meryl-Kick, der mir Energie verleiht und mich daran erinnert, dass man das Leben mit Eleganz, Klasse und Leidenschaft angehen sollte. Eben so wie Sie.

Eigentlich kann ich jeder Leserin und jedem Leser nur raten, sich irgendwo ein Foto von Ihnen aufzuhängen. Neben dem Schminkspiegel vielleicht. Oder am Arbeitsplatz. Von mir aus auch auf dem Nachttisch. Ich bin überzeugt, so ein gerahmtes annabelle-Meryl-Cover würde sich auch im Weissen Haus gut machen. Denn so ein bisschen Meryl pro Tag kann uns allen nicht schaden. 

Hochachtungsvoll,
Kerstin Hasse