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Liebe Meghan Markle

Leben

Liebe Meghan Markle

  • Text: Jacqueline Krause-Blouin; Foto: Getty Images

Ich schreibe diese Zeilen aus London, Ihrer neuen Heimat. Es wird nicht lang dauern, dann wird Ihr Gesicht, auf Tassen gedruckt, im Souvenirshop zum Verkaufsschlager werden. Ich habs wirklich nicht sonderlich mit den Royals, finde die Inszenierung der Monarchie, die sowieso keine politische Macht mehr hat, amüsant bis lächerlich. Der Hype um angebliche königliche Babybäuche ist mir genauso suspekt wie die Tatsache, dass Kate Middleton, Ihre zukünftige Schwägerin, mit ihrem Biederlook eine Stilikone sein soll. Aber Ihre Tasse, doch, die würde ich kaufen.

Sie sollen ja die neue Grace Kelly sein. Warum, nun ja, weil Sie halt einen Prinzen heiraten und auch Schauspielerin sind. Schwupp, schon sind Sie drin in der Schublade. Man prophezeit Ihnen schon jetzt ein verzweifeltes Dasein im goldenen Käfig. Sollten Sie keinen Thronfolger gebären, dann gnade Ihnen Gott! Warum? Nun, das wissen Sie selbst, weil das Bild der wunderschönen, reichen, aber unglücklichen Prinzessin so herrlich bittersüss ist. Andere Stimmen bemühen auch das Klischee des eiskalten Golddiggers: Sie sollen Harry manipuliert haben, um an sein Geld zu kommen. Als hätten Sie als Selfmadefrau nicht seit Jahren Ihr eigenes gut gepolstertes Bankkonto und selbst wohl bedeutend mehr Verehrer als der rothaarige Prinz mit der Vorliebe für Fleecejacken.

Nein, bei Ihnen, das spüre ich, wird alles anders. Sie sind die erste nicht weisse britische Prinzessin, dann auch noch eine geschiedene Amerikanerin, die – Skandal! – älter ist als ihr Zukünftiger. Warum also sollten Sie nicht die erste Royal sein, die Netflix-Serien dreht und ihr Frühstücksei auf Instagram postet? Sie zeigen der Welt, oder zumindest denen, die es immer noch nicht begriffen haben, dass eine Badass-Feministin kein männerhassendes Monstrum ist, das Make-up verachtet und selbst beim Sport keinen BH trägt. Sie sind auch keine Schönwetter-Feministin, wie manche Popstars, Sie nutzen Ihre Stimme, um lautstark Kritik an einem misogynen US-Präsidenten zu äussern, und wehren sich öffentlich gegen Rollenklischees in Hollywoodproduktionen, wohl wissend, welchen Einfluss Popkultur auf die jüngeren Generationen hat. Sie setzen sich nicht nur für Charityprojekte ein, wenn Sie gut ausgeleuchtet von einem Kamerateam begleitet werden. Sie sind seit 2014 engagierte Botschafterin für United Nations Women.

Bei aller Ernsthaftigkeit, bitte behalten Sie Ihre Nonchalance bei, verdrehen Sie die Augen, wenn Sie wie eine Stepford-Wife Earl-Grey-Tee-Zeremonien abhalten müssen, und bleiben Sie halt stehen, wenn Sie mal keinen Bock auf den tausendsten Hofknicks haben. Wehren Sie sich weiter gegen offenen und versteckten Rassismus und Chauvinismus, bleiben Sie bei Ihrer Meinung über Donald Trump. Mein Gott, obwohl ich den Look wirklich bedenklich finde, bleiben Sie von mir aus sogar bei Ihren zerrissenen Jeans.

Ihnen, liebe Meghan Markle, hat niemand etwas vorzuschreiben. Sie sind das Vorbild, das die jungen Mädchen von heute brauchen. Sie sind keine hübsch winkende Grace Kelly. Sie werden protestieren, wenn Ihnen eine Sache als Unrecht erscheint, und Sie werden sie ändern. Sie werden bei der Queen eine Audienz verlangen und ihr mit einem rhetorischen Feuerwerk erklären, wie die Zukunft aussieht. Also, «your Royal Highness Duchess Henry of Wales», oder welcher anstrengende Titel Ihnen auch immer verliehen wird, stellen Sie sich weiterhin einfach als Meghan vor, so, wie Sie es bei Ihrem ersten offiziellen royalen Auftritt getan haben. Und bleiben Sie unbedingt so, wie Sie sind. Damit die ganze Welt sieht, dass Sie hier der Fang sind – und nicht der Prinz.

In grosser Bewunderung,
Ihre Jacqueline Krause-Blouin

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