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Liebe Diane Keaton

Liebe Diane Keaton

  • Text: Julia Heim; Foto: Getty Images

Ich bewundere Sie, seit ich Sie 2003 in «Something’s gotta give» gesehen habe. Damals habe ich mir den Film mit meiner Mutter im Kino angesehen, und wir haben beide laut gelacht – darüber, wie Sie über die Eigenheiten des alternden Womanizers Harry Sanborn alias Jack Nicholson stolpern und Gefühle händeln, die lang verborgen blieben. Es war vermutlich das letzte Mal, dass ich mit meiner Mutter im Kino war. Und es war vermutlich auch der letzte Film, bei dem ich im Kino laut gelacht habe.

Etwa 15 Jahre ist es her, dass Sie als Erica Barry eine erfolgreiche, unabhängige Theaterautorin und Mutter einer erwachsenen Tochter spielten, die sich – geschieden – zögerlich auf einen Mann einlässt, der normalerweise nur mit Frauen unter 30 ausgeht. Und dabei erlebt man Sie beim Zusehen so herrlich neurotisch, verklemmt und auf eine charmante Art spiessig, dass ich Sie gern in der Familie hätte. Als liebenswerte, aber leicht verrückte Tante, von der ich lernen könnte, wie man seinen eigenen Stil findet, und der ich im Gegenzug beibringen könnte, wie man datet und unüberlegt geniesst, was es zu geniessen gibt – mit aller Verletzlichkeit, die das mit sich bringt.

Vor wenigen Tagen habe ich mir den Film wieder angesehen. Auf dem Laptop, daheim. Diesmal allein. Die Lacher waren nicht mehr so laut, schliesslich kannte ich die Pointen. Das Gefühl aber blieb. Klar, Regisseurin Nancy Meyers schafft Wohlfühlfilme. Die funktionieren eigentlich immer. Die Geschichten: witzig, traurig und herzerwärmend zugleich. Aber ein Film steht und fällt eben vor allem mit seiner Besetzung. Und diese Rolle, liebe Diane Keaton, die wurde Ihnen auf den Leib geschrieben. Zu Recht gabs dafür einen Golden Globe Award in der Kategorie Beste Schauspielerin in einer Komödie, und für den Oscar waren Sie immerhin nominiert.

Natürlich brillierten Sie auch in anderen Rollen: In der «The Godfather»-Trilogie oder in Woody Allens «Annie Hall» – für diese Rolle erhielten Sie 1978 einen Oscar als Beste Hauptdarstellerin. Ich habe Sie unter anderem in «The First Wives Club», «Manhattan Murder Mystery», «Marvin’s Room» und «The Family Stone» gesehen. Und jedes Mal gedacht: Wir zwei hätten sicher einen lustigen Abend. Heute sind Sie 71 und nicht nur eine begnadete Schauspielerin und Mutter zweier Adoptivkinder, sondern auch Regisseurin und Produzentin. Die Liebe des Publikums ist geblieben, weil Ihr Charme ansteckt und weil Sie mit einer Mimik spielen, die ihre eigenen Geschichten erzählt. Zudem, das muss hier auch gesagt sein, sind Sie eine von den Frauen, die mit jedem Jahr schöner werden. Dank Ihnen trage ich gern Rollkragenpullover. Und dank Ihnen weiss ich, wie ich gern mit über 70 wäre.

Herzlich, Julia Heim 

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