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Liebe Beyoncé Knowles

Liebe Beyoncé Knowles

  • Text: Kerstin Hasse; Foto: GettyImages

Ach Gott, wo soll ich nur anfangen? Ich hatte mich eigentlich immer geweigert, Ihnen ein Kompliment zu schreiben, weil mir das als ein schlicht unmögliches Unterfangen erschien. Nicht, weil ich nicht ein Fan wäre, sondern eben genau darum. Wie soll man denn bitte Queen B ein Kompliment machen, ohne in Abertausende Zeilen auszuufern? Wie soll man denn all Ihren Swag in Worte fassen? Also mein Versprechen: Das hier wird kurz und knapp. Ich versuch mich auf das Wichtigste zu konzentrieren.

Der Grund, warum ich meine Meinung doch noch änderte und plötzlich ganz dringend etwas schreiben musste, liegt an der Tatsache, dass Sie am Mittwoch mal eben ein neues Live-Album veröffentlicht haben – der Soundtrack zur Netflix-Dokumentation, die ebenfalls diese Woche online ging. Die Doku dreht sich um Ihren Coachella-Auftritt, den Sie letztes Jahr am kalifornischen Hipster-Hippie-Festival hingelegt haben. Nach der Show waren sich alle einig: Dieser Auftritt wird wohl keine Künstlerin und kein Künstler je am Coachella toppen können. Wer nicht dabei war, kann sich nun mit der neuen Platte von Ihrem Können überzeugen lassen. 

Ich habe einen Chat mit zwei sehr lieben Freundinnen. Das Anzeigebild dieses Chats sind übrigens Sie. Zuerst poppte am Mittwoch der Screenshot des Albums «Homecoming: The Live Album» auf meinem Bildschirm auf, dann jagte eine euphorische Nachricht die andere. «Ok, also dann wars das heute mit der Arbeit», schrieb meine Freundin Larissa. «Meine Praktikantin muss sich das jetzt halt mit anhören», ergänzte Nathalie. «Kerstin, bei den ersten Formation-Klängen wirst du ans Letzigrund denken», schrieb die eine. «Ich musste grad losheulen», die andere. Sie merken es vielleicht.: Wenn es um Sie geht, liebe Beyoncé Knowles, fehlt uns eine gewisse Gelassenheit.

Im Letzigrund in Zürich haben wir Sie damals vor fast drei Jahren live gesehen. Das war Ihre fantastische «Formation»-Tour. Irgendwie hat uns dieses Konzerterlebnis als Freundinnen sehr zusammengeschweisst. Keuchend und mit ausgetrockneten Kehlen, aber selig lächelnd taumelten wir damals aus dem Fussballstadion. Letztes Jahr reisten wir dann extra nach Paris, um Sie und Ihren Mann Jay-Z live zu sehen. Irgendwie schaffte ich es, uns in den VIP-Bereich zu plaudern. Plötzlich standen Sie also vor uns – in fast greifbarer Nähe – in Ihrer ganzen verdammten Beyoncéness. Wir waren hingerissen. Wir lachten, wir tanzten, wir schrien, und wir weinten.

Ich habe versprochen, dieses Kompliment kurz zu halten. Deshalb werde ich jetzt nicht Ihre Rolle als eine der erfolgreichsten afroamerikanischen Künstlerinnen analysieren, ich werde darauf verzichten, Ihren beeindruckenden Werdegang zu beschreiben und auch nicht Ihr Empowerment für junge Frauen loben. Empowerment ist eh ein doofes Wort, finde ich. Nein, ich möchte einfach noch ganz kurz Danke sagen.

Danke für «Lemonade», eines der besten Alben meines Lebens. Jedes Mal, wenn ich «Freedom» höre, denke ich daran, wie Sie und Ihre Tänzerinnen im Letzigrund über die mit Wasser gefüllte (!) Bühne stapften. Ihr Pferdeschwanz peitschte durchs Wasser, während Sie tanzten. Für mich war das einer der besten Momente des Konzerts. Danke für den «Lemonade»-Musikfilm, der ein kleines Kunstwerk ist. Die Tatasche, dass der MTV Video Music Award für das beste Musikvideo nicht an Sie ging, ist ein Skandal. Danke für Ihre Konzerte, die mich jedes Mal absolut fix und fertig, aber überglücklich ins Bett sinken liessen. Danke für all die Beats und all die Worte, die durch meinen Kopfhörer jagen, wenn ich einen kleinen Push im Alltag brauche. Egal ob vor einem wichtigen Arbeitsgespräch oder im Fitnessstudio. Und danke, danke, dass Sie und Ihre Musik mich mit diesen zwei tollen Frauen vereint haben, die mir so tolle Freundinnen sind. Was wir drei füreinander tun und wie wir uns gegenseitig stützen, hat für mich sehr viel mehr mit Empowerment zu tun, als es dieser Begriff je vermuten lässt. Und das ist mit dem einen oder anderen leicht abgeänderten Beyoncé-Quote – «cause you slay» – bedeutend einfacher.

Hochachtungsvoll, 

Kerstin Hasse