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Learn from the Best: Was wir von Tina Turner lernen können
- Text: Jacqueline Krause-Blouin
- Bild: Arcpic/Dalle/Dukas
Sie hatte ein bewegtes Leben und berührte mit ihrer Musik und ihrer Persönlichkeit: Am Mittwoch ist Tina Turner im Alter von 83 Jahren in Küsnacht verstorben. Fünf Lebenslektionen, die wir von Tina «Simply The Best» Turner lernen können.
Grenzen lassen sich sprengen
Sie war die erste Frau und die erste Schwarze Künstlerin, die auf dem Cover des «Rolling Stone» erschien (der zweiten Ausgabe überhaupt). Ihre Erfolge ebneten den Weg für künftige Generationen von Schwarzen Künstlerinnen in der Musik. Turner hat insgesamt zwölf Grammys gewonnen, 2018 den für ihr Lebenswerk.
Missbrauch ist niemals ein akzeptabler Zustand
Es ist kein Geheimnis, dass Turner von ihrem damaligen Mann, dem 2007 verstorbenen Ike Turner, missbraucht wurde. Ike und Tina Turner waren 14 Jahre lang ein Paar, beruflich wie privat. Auch wenn es sehr viel Kraft und Mut kostete, Turner hat es geschafft, sich aus dieser toxischen Beziehung zu befreien und ihren rechtmässigen Platz auf der Bühne – vor allem aber im Leben – wieder einzunehmen.
Tina Turner«Ich war es einfach leid, zu singen und alle glücklich zu machen»
Erst Ike Turner hatte der Sängerin, die eigentlich Anna Mae Bullock hiess, gegen ihren Willen den Künstlernamen «Tina Turner» verpasst. Angeblich hatte Ike den Namen sogar schützen lassen, damit ein Ersatz unter dem Pseudonym auftreten könnte, falls Tina die Band verlassen sollte. Ja, jemand anderes hat ihr den ikonischen Namen gegeben, aber sie selbst hat ihn mit Leben und Musik gefüllt und ihn sich zu eigen gemacht. Die Geschichte von Tina Turner ist auch die einer Befreiung. Nicht zuletzt auch musikalischer Natur.
Sei kein «People Pleaser»
«Ich singe nicht. Ich tanze nicht. Ich mache mich nicht schick», sagte Turner vor einigen Jahren der «New York Times» über ihr Leben im Ruhestand. Mit knapp 70 gab sie ihr letztes Konzert und zog dann freudig den Schlussstrich, weil sie endlich mehr auf ihre eigenen Bedürfnisse hören wollte: «Ich war es einfach leid, zu singen und alle glücklich zu machen. Das war alles, was ich je in meinem Leben getan hatte.» Ihre letzte Zugabe auf der Abschiedstournee? «Be tender with me, Baby».
Vergebung ist eine Möglichkeit – und seine Familie kann man sich nicht aussuchen
Trotz ihrer toxischen Ehe sagte Turner in einem Interview mit Oprah Winfrey, dass sie Ike vergeben habe. Ihr buddhistischer Glaube habe ihr geholfen, Vergebung zu finden. «Lange Zeit habe ich Ike gehasst, das muss ich zugeben. Aber dann, nach seinem Tod, habe ich erkannt, dass er ein kranker Mensch war. Er hat mir den Karrierestart ermöglicht und war anfangs gut zu mir. Vielleicht war es gut, dass ich ihn getroffen habe, das weiss ich nicht. Es tut weh, sich an diese Zeiten erinnern zu müssen, aber ab einem gewissen Punkt übernimmt die Vergebung das Ruder, Vergebung bedeutet, nicht mehr daran festhalten zu müssen. Wenn man nicht verzeiht, leidet man selbst am meisten, weil man nicht loslassen kann.»
Ob die Sängerin ihrer Mutter Zelma vergeben hat, die Turner verliess, als sie elf Jahre alt war, ist nicht bekannt. Turner, die bei ihren Grosseltern aufwuchs, sagte später: «Meine Mutter war nicht nett. Als ich ein Star wurde, war sie kurzzeitig glücklich, weil ich ihr ein Haus gekauft habe. Ich habe alles Mögliche für sie getan, sie war meine Mutter. Aber sie mochte mich trotzdem nicht.»
Tina Turner«Die Stimmen in meinem Kopf sagten, dass Romantik niemals gut endet. Aber ich hörte auf mein Herz»
Auch die Beziehung zu ihren eigenen vier Söhnen (zwei davon adoptiert), war offenbar kompliziert: In ihrer Autobiografie «I, Tina: My Life Story» gab Turner an, sich von all ihren Söhnen mit Ausnahme ihres Erstgeborenen Craig, den sie mit 18 bekam, «ein bisschen entfremdet» zu haben. «Ich bin immer noch für die Jungs da, aber ich werde nicht zulassen, dass sie mich ausnutzen.» Zwei Kinder musste Turner bereits beerdigen, Craig Turner, der 2018 an Suizid starb, und Ronnie Turner, der 2022 Darmkrebs erlag.
What’s love got to do with it? Alles!
Die Liebesgeschichte zwischen Tina Turner und ihrem Ehemann Erwin Bach klingt wie aus einer romantischen Komödie mit Meg Ryan. 1985 holt Bach, der damals für Turners Plattenfirma arbeitet, die Künstlerin vom Flughafen ab und es war Liebe auf den ersten Blick.
Zumindest für Turner: «An dem Tag, an dem ich Erwin zum ersten Mal traf, war ich eigentlich zu müde von meinem Flug. Und zu sehr mit den Gedanken an meine Konzerttournee beschäftigt, um dem jungen Musikmanager, der von meiner Plattenfirma kam, um mich zu begrüssen, viel Aufmerksamkeit zu schenken. Aber ich habe ihn bemerkt, und ich fühlte sofort eine emotionale Verbindung», schreibt Turner in ihren Memoiren. «Ich hätte auf die Stimmen in meinem Kopf hören können, die mir sagten, dass Romantik niemals gut endet. Aber ich hörte auf mein Herz».
Erwin Bach war 30, als sich die beiden kennenlernten, Turner 47. Natürlich gab es Kritik und die Boulevardpresse prophezeite, dass die Beziehung nicht sehr lange halten würde. Das erste Treffen ist nun 38 Jahre her. 2013 heirateten Bach und Turner zu Hause in Küsnacht. In ihrem Buch «Happiness becomes you» gibt Turner einen wichtigen Tipp: Finger weg von Männern, die von erfolgreichen Frauen eingeschüchtert sind: «Erwin hat sich nie von meiner Karriere, meinen Talenten oder meinem Ruhm einschüchtern lassen.» Man solle nie sein eigenes Licht unter den Scheffel stellen, damit ein Mann leuchten kann.