Kunst und Design im eigenen Zuhause: At Home by Mia Kepenek
- Text: Rebekka Kiesewetter; Fotos: Rita Palanikumar
Mia Kepenek lebt in Zürich in einer offenen Wohnung. Diese dient Jungdesignern zur Präsentation ihrer Objekte, die Freunde des stilvollen Wohnens gern abzügeln dürfen.
Auch wenn die ganzen Theorien über den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Äusserem und Persönlichkeit äusserst zweifelhaft sind – aber eine wie Mia Kepenek mit glatten Haaren? Unvorstellbar. So jemand Unermüdliches wie sie kann gar nichts anderes auf dem Kopf haben als diese krause Mähne, so als ob sich ihre enorme Energie in ihrem ungezähmten Schopf entlädt. Dass die gebürtige Stuttgarterin Architektin und Interior-Designerin geworden ist, das hat sehr viel mit den Spielplätzen ihrer Kindheit zu tun. Ihre Eltern waren Bühnen- und Kostümbildner beim Theater, Mia und ihr Bruder haben zwischen Requisiten, im Orchestergraben, in Kulissen und Garderoben gespielt – eine Welt der Kreativität und Fantasie und dazwischen sie, die einzigen Kinder unter Erwachsenen.
Zuhause bei Mia Kepenek
Via ihre Studienorte Amsterdam und Berlin kam sie nach Zürich. Hier lebt sie seit zwölf Jahren und hat 2011 mit ihrem Freund Nicholas Frei ein multidisziplinäres Designbüro für Innenarchitektur, Ausstellungs- und Produktdesign eröffnet. In diesem Bereich selbstständig zu sein, ist anstrengend. Zumal, wenn der Beruf Passion und man selbst, wie die 38-Jährige, offen, interessiert und spontan ist. Trotzdem nimmt Mia Kepenek einen Überschuss an Energie mit in ihre Freizeit, den sie weder beim Joggen noch beim Tennis abbaut, wie das andere oft tun. Sie investiert in etwas, das sich von ihrer Arbeit gar nicht so sehr unterscheidet: Mia Kepenek versammelt Menschen um sich, bewirtet sie und bringt ihnen näher, was sie selber toll findet – Innenarchitektur und Produktdesign.
Seit letztem Winter organisiert sie die Ausstellungsreihe «At Home by Mia Kepenek» und gibt dafür nicht nur viel (Frei-)Zeit her, sondern auch einen Teil ihrer Privatsphäre preis: Sie lädt Freunde, Bekannte und Unbekannte in ihre Altbauwohnung ein, einen ehemaligen Coiffeursalon in Zürich-Hottingen, und präsentiert in authentischem, weil real bewohntem Kontext ausgewählte Verkaufsobjekte. Da sie sich in einem kreativen Umfeld bewegt und viele der lokalen Designer persönlich kennt, zeigte sie zum Auftakt der Reihe ausschliesslich Schweizer Design.
Design von Schweizern
Mia Kepenek hat ihre eigene Deckenleuchte über dem Couchtisch durch die des Zürcher Duos Aekae ersetzt; auf dem Eileen-Gray-Sideboard und dem Ledersofa sitzen die kleinen Outsiders von Atelier Volvox und warten knopfäugig, lieb dreinschauend auf ein neues Zuhause; in der Küche hängt die Siebleuchte von Ondo, dem Label des Gestalters Olivier Blaser, zwischen Schwingbesen und Suppenkellen. Und immer wieder fragen die Gäste: «Gehört das dir, oder darf ichs kaufen?» «Es ist sinnvoll, Produkte in einer Wohnumgebung zu präsentieren», findet Mia Kepenek. «So können sich die Interessierten viel besser als im Möbelgeschäft vorstellen, wie etwas bei ihnen daheim aussieht.»
Auch die Designer, deren Objekte zum Verkauf stehen, seien von der Idee gleich begeistert gewesen. Mia Kepenek spricht aus eigener Erfahrung, wenn sie sagt: «Für Autorendesigner, also Gestalter, die unter ihrem eigenen Namen arbeiten, ist es schwierig, Verkaufspartner zu finden. Und an Messen zahlen sie viel für einen Stand, der nicht mehr als eine langweilige Box ist, aus der sie das Beste rausholen müssen. Ich wollte die Objekte in einem zugänglicheren und ansprechenderen Umfeld zeigen.» Viele von Mia Kepeneks Gästen konnten sich vor ihrem ersten Besuch von «At Home» unter jungem Autorendesign wenig vorstellen. Und wenn, dann wohl am ehesten etwas Teures, etwas, das in Richtung Kunst geht und in keine «normale» Wohnung passt, oder etwas, das zwar hübsch und brauchbar ist, sich aber anderswo ähnlich und viel günstiger kaufen lässt.
Im eigenen Raum präsentiert
Was sie zu sehen bekamen, war Gebrauchstaugliches der besonderen Art, aussergewöhnlich, sorgfältig verarbeitet, in kleiner Auflage erscheinend und wertig. Wie etwa die Spiegel von Thilo Alex Brunner, die nicht aus Glas, sondern aus poliertem Stahlblech gemacht sind. Oder die Holzobjekte, Schneidebrettchen und kegelförmigen Porzellanschalen des Kollektivs Postfossil. Christian Kaegi und Fabrice Aeberhard (Aekae) haben alte Lampenschirmskelette zu poetischen Deckenleuchten umgearbeitet, Gabriela Chicherios romantische Porzellanzweige wurden von Mia Kepenek für die Präsentation in ein Glasgefäss gestellt und mit Efeuranken umwickelt. An den Täferwänden hängen neben einigen Drucken von Picasso-Tieren geometrische Fotoarbeiten von Sandra Kennel und die Garderobenknöpfe von Nikolas Kerl, die mit ihrer Kombination von Marmor und Holz aussehen wie kleine Kunstwerke.
Die Besucher freuen sich über die Stücke, die Ausstellenden freuen sich über die Verkäufe, und Mia Kepenek freut sich gleich dreifach und lädt «ihre» Designer an einem Samstagnachmittag zu Kaffee und Kuchen ein. Es kommen acht, und es ist ein Treffen von Gleichgesinnten, viele sind befreundet, die Stimmung ist entsprechend. Später stossen alle auf den Erfolg an. Nur eines stimmt Mia Kepenek wehmütig: dass sie die Objekte am Ende der Ausstellung hergeben muss. Aber sie freut sich auch auf Neues, die nächste Aktion ist in Planung. «Im Zentrum wird der kleine Garten stehen. Ich möchte die Besucher bewirten und arbeite mit einer Floristin zusammen. Und die Objekte, die verkauft werden sollen, haben alle mit dem Leben outdoor zu tun.»
Mehr zu den Stücken und deren Designern möchte Mia Kepenek noch nicht verraten. Wieso sollte sie auch. Es kann ja jeder in ihrem Gärtchen vorbeigehen und selber schauen.
— www.frei-kepenek.com; at-home-by-mia.blogspot.com
1.
Mia Kepenek arrangiert die Etagere mit Häppchen für ihre Designerkollegen
2.
Auf dem Sofa hinter Nikolas Kerl fühlt sich ein Hund von Atelier Volvox tierisch wohl
3.
Thilo Alex Brunner vor einer Arbeit von Sandra Kennel
4.
Unbeschwert-heit mit viel Stil: Die Siebleuchte von Ondo, Schneidebrettchen von Postfossil auf einem Hocker von Refurnished
5.
Show- und Wohnraum: Die Couch ist zum Sichhinfläzen, die Stahlblechspiegel an der Wand sind von Thilo Alex Brunner und zum Kaufen wie die Leuchten von Aekae, die Objekte von Postfossil und von Gabriela Chicherio auf den Tischchen
6.
Blick in Mia Kepeneks Schlafzimmer. Hier gibts nichts zu kaufen
7.
Gabriela Chicherio in den Spiegeln von Thilo Alex Brunner. Die Flaschenleuchten haben die Gastgeber gestaltet, und die Garderobenknöpfe an der Wand gegenüber sind von Nikolas Kerl