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Kulturtipps der dunklen Seite

Leben

Kulturtipps der dunklen Seite

  • Redaktion: Frank Heer, Claudia Senn; Text: Matthias Heybrock (Film), Dietrich Roeschmann (Ausstellungen, Bildband), Verena Lugert (Romane), Frank Heer (Musik), Foto: pexels

Zwischen Rausch und Ruhe, Trauer und Träumen: Die Nacht in Büchern, Filmen, Kunst und Musik.

Für die annabelle-Spezialausgabe zum Thema Nacht hat unsere Kulturredaktion diejenigen Alben, Bücher und Ausstellungen herausgesucht, die besonders gespenstisch, verträumt oder düster daherkommen.

Neben dem Filmklassiker «Nosferatu» gehören unter anderem auch der Roman «Schlaf» von Kultautor Haruki Murakami oder ein Bildband über das Feiern in Ugandas Hauptstadt auf die Liste. Klicken Sie sich durch die Bildstrecke und lassen Sie sich auf die dunkle Seite ziehen!

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1.

Sinatra nahm dieses Jazzalbum zu später Stunde vor kleinem Publikum auf. Er beschwört die Einsamkeit der Nacht – und ein letztes Glas Bourbon.

 

Frank Sinatra: In the Wee Small Hours (1955)

 

2.

Beth Gibbons’ Stimme ist die vielleicht tröstlichste Begleiterin durch eine einsame Nacht: gespenstisch und traumwandlerisch schön.

Portishead: Dummy (1994)

3.

4.18 Uhr. Sieben Bewohner einer namenlosen Strasse in London können nicht schlafen. Kate Tempest, Rapperin und Lyrikerin aus ebendieser Stadt, besucht die Protagonisten in ihren Wohnungen.

 

Kate Tempest: Let Them Eat Chaos (2016)

 

4.

Jeder Mensch ist ein Mond mit einer dunklen Seite, die er niemandem zeigt, sagte Mark Twain. Der Satz inspirierte Pink Floyd zu ihrem berühmtesten Werk, der Mond Sophie Hunger zu ihrem jüngsten Album.

 

Sophie Hunger: Supermoon (2015)

 

5.

Andy Warhol machte in seiner Factory die Nacht zum Tag. Den Soundtrack lieferte der dunkel schwelende Experimentalrock von Lou Reed und seiner Band The Velvet Underground.

The Velvet Underground & Nico (1967)

6.

Die Berner Künstlerin Chantal Michel hat ein leer stehendes Bürohaus in ein bizarres Museum ihrer Fantasie verwandelt. Surreale Skulpturen oder Porträts von schlafenden Mädchen in Kühltruhen treffen auf perfekt durchgestaltete Vintage-Designwelten. Der Clou: Man darf in diesem Wunderland übernachten.

Chantal Michel: Der Brückenkopf. Ausstellung inkl. Dinner jeden Samstag 18.30 Uhr; Anmeldung: Tel. 031 311 21 90; Übernachtung auf Anfrage: chantalmichel.ch

7.

Warum wir an den Mond glauben und was das über unsere Sehnsüchte verrät, erkundet eine inspirierende Ausstellung. Ausgangspunkt ist das weltweit exakteste 3D-Modell des Mondes, um das internationale Kunstschaffende wie Susan Hiller, Ai Weiwei oder Zilla Leutenegger mit wunderbaren Arbeiten ihre Bahnen ziehen.

Nun scheint in vollem Glanze. Der Mond in der Kunst. Museum Villa Rot, Burgrieden (D), bis 26. 2., villa-rot.de

8.

Eine spanische Touristin und vier Jungs vom Kiez sind die aufgekratzten Party People dieses Berlin-Films, die an eine rauschende Clubnacht noch einen kleinen Banküberfall dranhängen.

«Victoria» (2015). Von Sebastian Schipper, der seinen Film in einer einzigen Einstellung drehte und seine Schauspieler viel improvisieren liess. Mit Laia Costa, Frederick Lau und Franz Rogowski (Foto, v. l.)

9.

Im Lauf einer Nacht erkennt ein Paar, dass es sich verloren hat. «La notte» ist ein grosses existenzialistisches Drama über die Leere in der Fülle.

«La notte» (1961). Von Michelangelo Antonioni. Mit Jeanne Moreau und Marcello Mastroianni

10.

Der Vampir als Schrecken der Nacht: «Nosferatu» ist dämonischer Expressionismus, der noch heute erschauern lässt und zahlreiche Regisseure beeinflusst hat.

«Nosferatu» (1922). Stummfilm von F. W. Murnau. Mit Max Schreck

11.

Wenn das Leben versandet, kommt die Rettung im Traum. «Der Sandmann» ist eine geniale Schweizer Komödie.

«Der Sandmann» (2011). Von Peter Luisi. Mit Fabian Krüger und Frölein Da Capo. Über die Architektur von (Alp-)Träumen weiss natürlich auch Hollywood etwas – am Beispiel des fantastischen Thrillers «Inception»

12.

Zwei Jahre lang begleitete der italienische Fotograf Michele Sibiloni Studentinnen, Prostituierte, Gangster und Clubber beim Feiern durch Ugandas Hauptstadt Kampala. Das Ergebnis ist eine grelle, irre, böse und seltsam fröhliche Reportage.

Michele Sibiloni: Fuck It! Edition Patrick Frey, Zürich 2016, 128 Seiten, 48 Franken

13.

Die Nachtseiten der Gegenwart sind unheimlich, wie die Geschichten in diesem Buch zeigen: Ein Taxi nähert sich nachts einem Flughafen, doch alles ist stockdunkel. An einem Kongress verschwindet eine Frau, doch war sie je da? Die Technik übernimmt das Ruder. Und Anonymität und Abstraktion werden zu den Gespenstern der Moderne.

Kathrin Röggla: Nachtsendung. Unheimliche Geschichten. S.-Fischer-Verlag, 2016, 288 Seiten, ca. 32 Franken

14.

Zwei Millionen Kinder sind vor dem Krieg in Syrien auf der Flucht. Einige von ihnen zeigten dem schwedischen Fotografen Magnus Wennman, wo sie heute schlafen. In einem Park in Athen, auf einer Decke im Flüchtlingscamp oder – wie die 5-jährige Lamar – in einem verdreckten Waldstück. Ein sehr berührendes Bildessay.

Magnus Wennman: Where the Children Sleep. Kehrer-Verlag, 2016, 29.90 Fr.

15.

«Es ist der siebzehnte Tag ohne Schlaf.» Das ist nicht schlimm, denn die Frau, die dieser Schlaflosigkeit anheimgefallen ist, leidet überhaupt nicht unter ihr. Sie weiss, was quälende Schlaflosigkeit ist, als Studentin hatte sie einmal einen Monat lang kaum ein Auge zugetan. Jetzt ist die Schlaflosigkeit wieder da – doch jetzt ist alles anders. Die Frau geniesst dieses magische zweite Leben, das ihr nun in den Nächten zuteilwird. Denn diese Nächte habens in sich, mit Cognac und rauschhaftem Lesen. Wunder- schöner, bibliophil gestalteter Band mit Illustrationen von Kat Menschik.

Haruki Murakami, Kat Menschik: Schlaf. Dumont-Verlag, Köln 2009, 80 Seiten, ca. 15 Franken